Eine Flintknolle zerlegen

Begonnen von Marienbad, 10. April 2010, 20:05:57

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Marienbad

Hallo Leute,

diese flache Knolle habe ich vom Ostsee Strand und will sie möglichst zu einer Flintsichel werden lassen. :-)
Die Bearbeitungstechnik ist auf den Fotos zu sehen, man achte auf die Grösse und die Rinde. Die Retuschen verkleinern
die Knolle enorm und lassen das Werkstück immer dünner werden.
Ich hoffe das es gelingt und kein Bruch gibt :smoke:
Es werden weitere Fotos von dieser Bearbeitung folgen.

Tschüss  

         Manfred

Horschtl

Hallo Manfred,

freut mich, dass Du Moderator geworden bist. Die von Dir bearbeitete Knolle bzw. das Ergebnis erinnern mich stark an entsprechende Versuche, die ich bisher unternommen habe. Zu Beginn hat man eine vielversprechende, schon recht flache Knolle vor sich liegen und am Ende ist dann - sofern das Teil heil geblieben ist - ein Ding draus geworden, das eher wie eine Banane aussieht ... Diesem gewölbten Rücken werde ich einfach nie Herr, trotz aller "Thinning bifaces"-Videos, die ich mir auf Youtube schon angesehen habe.  Geschlagen habe ich bisher immer direkt mit selbstgebauten Copper-Boppers. Bei der Präparation der Plattformen wird die Knolle immer schmaler, und die Abschläge gehen meist nicht über die gesamte Breite der Knolle, sondern verhungern irgendwo auf der Hälfte, so dass diese vermaledeiten Bananen entstehen. Hast Du, oder hat irgendjemand anderes hier einen Tipp für mich, wie ich die erwähnten Schwierigkeiten meistern könnte?

Grüße vom Horschtl

Mark77

Hallo Horschtl,

ich hab mich zwar bislang noch nicht in diese Gefilde gewagt beim Schlagen aber wenn ein Schlag irgendwo stecken bleibt hat das meist mit zwei Faktoren zu tun: 1. Schlagwinkel, 2. Schlagenergie. Wenn der Winkel mit dem du schlägst zu steil ist, dann bleiben die Abschläge gerne stecken und wenn die Energie nicht ausreichend ist ebenfalls. Es ist eine mühsamme und langwierige Übungssache, das bei jedem Schlag ordentlich hinzubekommen. Das kann ich dir sagen. Aber die Übung macht den Meister. :zwinker:
Wünsch dir viel Erfolg bei!

Schöen Grüße,
Markus

P.S.: Sieht scho echt klasse aus Manfred!! :super: Jaa, hoffentlich bricht sie nicht. Legst du das Stück in Leder ein, wenn du es behaust? So könntest du es etwas besser stabilisieren!

Marienbad

Hallo Horschtl,

ja, aller Anfang ist schwer :zwinker:.  Die Steckenbleiber sind sicher nicht nur bei uns ein Problem :-)
An vielen Beispielen kann man dieses Ärgerniss auch an Fundstücken sehen. Üben-üben-üben, dann
klappt es irgendwann.

@ Markus

Bisher habe ich in den meisten Fällen kein Leder genommen, daher ist das gezeigte Beispiel ja wohl
auch zerbrochen. Aber ich gebe nicht auf, der "Wille" ist da und es wird noch was.

LG  Manfred  :winke:

Mark77

Hallo Manfred,

oops, jetzt sehe ich erst, dass dein Beitrag ja schon etwas länger her ist.
Irgendwie kam mir das Stück auch bekannt vor. :narr:
Ja, Leder hilft wirklich gut, ich benutze immer 1-2 Lappen um das Stück darin zu fixieren.

Schöne Grüße,
Markus

Horschtl

Hallo Manfred,

kriegst Du denn flache Klingen hin? Ich meine dabei nicht flache, relativ große Abschläge, die man dann an den Rändern retuschiert, sondern Flintstücke, die beim Bearbeiten durch Abschlagen einigermaßen breit bleiben und dabei recht dünn werden, also sagen wir mal 5 cm breit bei einer Dicke von unter 1 cm.

LG Horschtl

Marienbad

Zitat von: Horschtl in 10. Juli 2010, 21:30:09
Hallo Manfred,

kriegst Du denn flache Klingen hin? Ich meine dabei nicht flache, relativ große Abschläge, die man dann an den Rändern retuschiert, sondern Flintstücke, die beim Bearbeiten durch Abschlagen einigermaßen breit bleiben und dabei recht dünn werden, also sagen wir mal 5 cm breit bei einer Dicke von unter 1 cm.

LG Horschtl

.....wenn ich die richtige Knolle habe ja....... nur verstehe ich deine Frage wohl nicht richtig.

.....meintest du nun eine Klinge (Lamelle) oder einen Abschlag ?????

     :winke:  Manfred

Horschtl

Ich meinte, ob Du eine Klinge hinkriegst, die auf Vorder- und Rückseite komplett bearbeitet ist, also durch die Bearbeitung flach geworden ist (Grundlage dafür könnte eine Knolle sein oder auch ein großer, dicker Abschlag). Ich meinte nicht einen flachen Abschlag, den man nur noch an den Kanten retuschiert, weil er schon flach genug ist. Vielleicht hättest Du ja mal ein Foto von einem Deiner Klingen-Werkstücke.

:winke: Horschtl

Marienbad

Mehr habe ich momentan nicht vorliegen, die re. Klinge auf Foto 1. ist ein Sammelfund.
Welches Modell meinst du nun ?

         :winke:

1.)




2.)


Mark77

Ich glaube Horschtl vermischt da 2 Sachen. Vielleicht meint er ein flächenretuschiertes Artefakt ala Fischschwanzdolch oder Blattspitze. :kopfkratz: :winke:

Horschtl

Manfred, danke für die Fotos! Das, was ich beschreiben wollte, ist nicht dabei. Markus, Du hast Recht, ich meine eine flächenretuschierte Klinge. Die herzustellen, ist meiner Erfahrung nach wirklich schwierig.

Mark77

@Horschtl: Den Artefakttyp den du meinst, der wurde nicht aus einer Klinge hergestellt sondern aus einer flachen langen Knolle. Man spricht dann von einem Kerngerät. :winke:

Marienbad

Zitat von: Horschtl in 11. Juli 2010, 11:43:01
Ich meinte, ob Du eine Klinge hinkriegst, die auf Vorder- und Rückseite komplett bearbeitet ist, also durch die Bearbeitung flach geworden ist (Grundlage dafür könnte eine Knolle sein oder auch ein großer, dicker Abschlag). Ich meinte nicht einen flachen Abschlag, den man nur noch an den Kanten retuschiert, weil er schon flach genug ist. Vielleicht hättest Du ja mal ein Foto von einem Deiner Klingen-Werkstücke.

:winke: Horschtl


Meintest du so..............das sind dann aber Kerngeräte.  :zwinker:





Horschtl

Manfred, genau sowas meinte ich. Hast DU diese Kunstwerke geschaffen?? Hab mir gerade Deine Homepages angeschaut. Toll gemacht!

Markus, wenn man von einer Knolle einen fetten Abschlag abschlägt und daraus dann durch beidseitige Bearbeitung z. B. einen Dolch fertigt, ist der Dolch dann ein Kerngerät?


thovalo

Zitat von: Horschtl in 11. Juli 2010, 22:58:48

Markus, wenn man von einer Knolle einen fetten Abschlag abschlägt und daraus dann durch beidseitige Bearbeitung z. B. einen Dolch fertigt, ist der Dolch dann ein Kerngerät?




Das ist dann ein bifaziell bearbeitetes Gerät aus einem Abschlag !


An einem Kerngerät wird von einem Rohgesteinstück soviel Material abgetragen dass der Kern als Gerät übrig bleibt (z.B. Faustkeile, Beilklingen ...)!

Heisse zwar nicht Markus....... war aber gerade in Schwung!!!!!    :winke:


thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Mark77

Zitat von: thovalo in 11. Juli 2010, 23:03:11

Das ist dann ein bifaziell bearbeitetes Gerät aus einem Abschlag !


An einem Kerngerät wird von einem Rohgesteinstück soviel Material abgetragen dass der Kern als Gerät übrig bleibt (z.B. Faustkeile, Beilklingen ...)!

Heisse zwar nicht Markus....... war aber gerade in Schwung!!!!!    :winke:


thomas

und wie Homer J. Simpson einst sagt: Dem ist nichts hinzu zufügen!

:winke:, Markus

Horschtl

Hier Fotos zweier meiner ersten Versuche in Sachen bifazielle Bearbeitung. Die Knollen waren ursprünglich viel größer. Ziemlich mickrig, was letztlich von ihnen übrig geblieben ist ... Mit der Präparation der Kanten zur Herstellung der Plattformen zum Draufschlagen ist immer mehr an Breite verloren gegangen, und trotzdem sind die Teile nicht so dünn geworden, wie ich sie gerne gehabt hätte. Ich habe übrigens nur direkt geschlagen mit einem Holzstab mit Kupferkopf.

@Manfred: Du schreibst, dass Du die (auf dem grünen Blatt liegenden) Spitzen zunächst hart zugeschlagen und damit in die grobe Form gebracht hast und dann gedrückt. In Deinem Beitrag vom 10.4. (,,Eine Flintknolle zerlegen") ist als Image 006 so ein sichelförmiges Roh-Stück zu sehen. Mich würde sehr interessieren, wie Du dort dem sichtbaren mittigen Buckel (mit Steinhaut) zu Leibe gerückt bist oder rücken wolltest. Drücken hätte da doch wohl nicht ausgereicht, oder? Und zum Schlagen brauchst Du vorbereitete Plattformen. Und das nimmt dem Gerät immer wieder etwas von seiner Breite ...
Also wenn Du hier mal eine Anleitung zur Herstellung solcher Spitzen posten könntest, wäre ich Dir ewig dankbar. Du müsstest natürlich nicht die gesamte Arbeit von der unbearbeiteten Knolle bis zur fertigen Spitze beschreiben. Äußerst hilfreich wäre für mich schon eine beispielhafte Darstellung von Problemen (z. B. ,,Mittelbuckel") und wie man sie meistern kann.

Vielleicht – sicher – gibt es ja auch noch andere hier, die sowas können. Möglicherweise gibt's sogar schon Anleitungen und ich habe sie nur nicht gefunden.

Grüße vom Horschtl

Marienbad

Na das sind doch schon schöne Stücke. :super: :super:
Du bist wohl doch schon etwas länger dabei oder?

Wenn du die Knolle seitlich bearbeitest solltest du auch von den Polenden arbeiten.
Von oben nach unten der Länge nach und dann umgedreht. Dieses sollte dann aber
schon zu Beginn der Arbeit geschehen. Dadurch verliert der Flint seine dicke Form.
Da ist dann aber wieder das Problem mit den "Steckenbleibern".
Übung, Übung und nochmal Übung ist da angesagt.
Ich schlage am Anfang mit Schlagsteinen, es sollten dabei immer verschiedene Grössen
gebraucht werden, bei mir liegen immer Unmengen zur richtigen Auswahl bereit.
Teilweise kommen auch Rothirschgeweih - Schlägel zum Einsatz.

     :winke:   Manfred

Horschtl

Hallo Manfred,

danke für das Kompliment und die Tipps. Ich möchte aber nochmal nachfragen: Wie wolltest Du bei dem Stein auf dem von Dir oben geposteten Bild Img_006 den Buckel in der Mitte wegkriegen, um aus dem Stück eine Sichel werden zu lassen?? Sicheln sind doch flach. Hätte es da bei den steilen Kanten überhaupt noch ne Möglichkeit gegeben? ("von den Polenden arbeiten" geht bei ner Sichel ja nur bedingt, jedenfalls in dem Stadium, in dem sich die "Sichel" bei Dir schon befand)

:winke: Horschtl

Marienbad

Bei dem Sichelbeispiel habe ich jemanden dabeigehabt, er wollte sehen wie ich "anfange".
Dabe habe ich beim Gefasel und Erklären zuviel von den Seiten abgetrennt, ich hätte vorzeitig
von den Polenden abtragen müssen.

      :winke:  Manfred

Rambo

Ich bin ein stiller Bewunderer eurer "Erzeugnisse"  :oesterreich:
Aus diesem Grund  möchte  mich  bei euch  bedanken, dass ihr uns zeigt wie "Artefakte" hergestellt worden sein können. Ich bin begeistert von euren "Ergebnissen"
:danke:
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Horschtl

Rambo, versuchs doch auch einfach mal. Man erzielt schon sehr bald respektable Ergebnisse. Hilfreich wäre es natürlich, wenn Du leichten Zugang zu Flintmaterial hättest. Küstenbewohner sind da klar im Vorteil, aber es soll das Zeug ja auch anderenorts geben. :winke:

Siebenpapagei

Hallo,

also erst einmal Respekt und Anerkennung für die Geduld und Mühe, um unseren vorzeitlichen Steinschlägern auf die Spur zu kommen. Ich finde die geschlagenen Stücke die hier gezeigt werden echt schön, die haben alle eine Seele, individuell und einzigartig. Besonders die Speerspitzen von Marienbad, das sind wirklich Meisterstücke. Bei mir brechen die flachen Sachen am Schluss meistens leider weg. Weiterhin üben, üben, üben.
Zur Schlagmethode wollte ich noch beisteuern, dass ich um flache bifacielle Stücke zu schlagen mir meistens eine recht große Flintknolle vornehme, schon flach, Plattenflint. Die schlage ich dann grob beidseitig mit harter direkter Schlagtechnik ( Geröllstein ) zurecht, bis rundum eine scharfe Kante entstanden ist. Dann gehe ich über zur weichen Schlagtechnik ( Geweihhammer ). Der Schlagwinkel und die aufgebrachte Schlagenergie sind sicherlich wichtig. Es ist aber, so habe ich es bis jetzt erfahren, sehr von Bedeutung die Kanten zu schleifen um den Flint stumpf zu machen. Dadurch wird das Material dort stärker. Die aufgebrachte Schlagenergie wird dann besser auf die Fläche übertragen und der Schlagbuckel ist nicht so stark ausgeprägt. Ich schleife lieber etwas mehr als zu wenig. Was da physikalisch genau abgeht, weiß ich nicht, aber es wirkt ! Um es kurz zu machen, die nach meiner Erfahrung wichtigsten Kriterien um flache Artefakte herzustellen: Weiche Schlagmethode, Schleifen der Kanten, gut spaltbarer Flint und viel Übung und Geduld.
Weiterhin allen ein gutes Gelingen bei ihren Experimenten.

Viele Grüße  :winke: