Fundorte Flint

Begonnen von dappeler, 11. April 2006, 20:49:43

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dappeler

Ein schönes Thema, die Herstellung von flintwerkzeugen.
Aber wo finde ich den Flint??
Hier in Hesse wohl kaum, oder?
Ich komme in nächster Zeit an die Deutsche Nordsee, Nähe Norden, weiss jemand, ob es dort Fundstellen gibt??

Gruß vom dappeler
Eins bist du dem Leben schuldig, kämpfe oder trags mit Ruh -
Bist du Amboss, sei geduldig, bist du  Hammer schlage zu!

Loenne

Eigentlich auf jedem Acker (in der Regel).

Gruß
Loenne
Mundus vult decipi, ergo decipiatur
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Der Wikinger

Hallo dappeler !!!

Ich kenne die gegend bei Norden nicht.

Ich kann aber sagen, dass wenn du wirklich guten Flint zum Selbstherstellen haben willst, dann lohnt es sich zu den Steilküsten der Ostsee zu gehen.

Hier gibt es auf den Steinstränden meist superreinen Flint, mit dem man gute Werkzeuge machen kann.

Die Sachen in meinem Thread sind alle mit Ostsee-Flint gemacht:

http://www.sucherforum.de/index.php?topic=13676.0

dappeler

Ja agersoe,
deine schönen Bilder!
Gerne möchte ich jetzt auch einmal versuchen, solche Sachen selber herzustellen.
Übrigens war ich mal vor vielen Jahren in Aerosköbing, an Webers Hus kann ich mich erinnern. Da ist wohl jeder Tourist vom HAfen kommend schon mal entlanggegangen :)

Gruß
dappeler
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dappeler

@ loenne:

ich schau mal nach, danke für den Hinweis...
:super:
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Buddelbär

Liebe Kollegen,

das Thema ist zwar schon uralt, aber ich schreibe dennoch etwas dazu:

Wenn ihr Flint klopfen wollt, dann sucht Euch bergfrischen Flint an den Steilküsten ets. in Schleswig-Holstein oder  Mac-Pomm, der Strandflint ist im Regelfall durch Frosteinwirkung nur sehr bedingt für die Werkzeugherstellung geeignet. Oder aber eine Exkursion in die ursprünglichen Abbaugebiete des Westeuropäischen Flintes, wo teilweise heute noch Flint gewonnen wird, z.B. Eben-Emael in Belgien.

Grüße, Buddelbär

rolfpeter

Moin,

Norden/Norddeich ist nix mit Flint. Schlick, Wattenmeer und Binnen Moor. Fahre an die Ostseesteilküste, bedingt noch Lüneburger Heide in den Möränenschottern.

Gruß
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Der Wikinger

#7
Zitat von: Buddelbär in 12. Dezember 2006, 13:45:36

Wenn ihr Flint klopfen wollt, dann sucht Euch bergfrischen Flint an den Steilküsten ets. in Schleswig-Holstein oder  Mac-Pomm, der Strandflint ist im Regelfall durch Frosteinwirkung nur sehr bedingt für die Werkzeugherstellung geeignet.


Hmm, ist eigentlich nicht meine Erfahrung, es kommt aber sehr auf den Flinttyp an !!
Unbrauchbar sind z.B. Flinttypen mit sehr vielen Fossilien, da sie unerwünschte Brüche erzeugen.
Die Stücke müssen natürlich auch noch gross genug sein, damit man innen einen Kern hat, der noch ohne Quetschungen vom herunterfallen / herumrollen ist !!
  :winke:

Loenne

Zu dem "bergfrisch" habe ich (und noch ein paar andere hier) gerade einen kleinen Vortrag gehört. Aussage war, dass es hier (in Sch.-H.) gar keinen "bergfrischen" Flint gibt. Bedingt durch die Eiszeiten, die hier alles komplett umgeschichtet haben, hat jeder Stein schon Frost gesehen (platt ausgedrückt).  :engel:

Gruß
Loenne
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Der Wikinger

Zitat von: Loenne in 12. Dezember 2006, 19:49:24

Bedingt durch die Eiszeiten, die hier alles komplett umgeschichtet haben, hat jeder Stein schon Frost gesehen (platt ausgedrückt).  :engel:


Richtig Loenne, und was auch zeigt, dass Frost und Eis für guten Flint kein Feind ist !!  :super: :winke:

Khamsin

Salaam!

Schon vor einiger Zeit habe ich mich in anderem Zusammenhang zur sog. "Bergfrische" von Flint geäussert.  Dazu gab und gibt es noch immer - vor allem in der Sekundärliteratur, aber nach wie vor auch bei einigen Archäologen - nachgerade abenteuerliche Vorstellungen und Erklärungen.

Unter geologischen Gesichtspunkten: "Bergfrischer" Flint/Hornstein u.ä. findet sich ausschliesslich in primärer Lagerung, d.h. in entsprechenden geologischen Formationen z.B. der Kreidezeit und des Jura.

Aus (falscher und überkommener) archäologischer Sicht: Nur "bergfrischer" Flint soll gut bearbeitbar sein, sekundär gelagerter dagegen nicht, da er vielfältigen Aufarbeitungsmechanismen, insbesondere thermischen Einflüssen (Hitze und Frost) unterworfen sei.

Und so wurde und wird z.T. noch immer die Notwendigkeit der Beschaffung von bergfrischem Flint als Grund für die Entstehung des neolithischen Feuersteinbergbaus ins Feld geführt.

Unter steintechnologischen Erwägungen ist dies schlicht Unsinn! Das hat unser Steen mit den Worten "...was auch zeigt, dass Frost und Eis für guten Flint kein Feind ist (sein muss, KIS)!!" treffend festgestellt.

Denn es ist nicht nur eine Tatsache, dass es urgeschichtlichen Bergbau auf sekundär gelagerten Flint gibt (etwa Rullen und der berühmte Grand-Pressigny-Flint). Ergänzend haben nämlich ungezählte praktische Versuche der Steingeräteherstellung unter Verwendung von sog. eluvialem, nicht mehr in seinen ursprünglichen geologischen Formationen lagerndem, sondern in Schotterkörpern oder Moränen vorkommendem Flint gezeigt, dass er sich ebenfalls und völlig gleichwertig zu sog. bergfrischem Flint verarbeiten lässt.

Dabei ist es selbstverständlich unbestritten, dass Moränenflint, der heftigster Druckbeanspruchung ausgesetzt ist genauso dazu neigt, Mikrorisse zu entwickeln, wie aquatisch aufbereiteter Schotterflint.
Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass alle Flintstücke in Moränen gleichermassen mechanisch beansprucht worden sind und deshalb nicht verarbeitungswürdig sind, was ebenfalls für Schotterflint zutrifft.
Tatsächlich sind in allererster Linie exponiert liegende Flintknollen/-gerölle an der Oberfläche von Moränen oder Schotterkörpern der Sommerhitze bzw. dem Frost ausgesetzt. Im Laufe der Jahrtausende verstärken sich die randlich vorhandenen Mikrorisse durch eindringendes gefrierendes Wasser, so dass die Knollen/Gerölle schliesslich in prismatische Stücke zerfallen können. Aber selbst dann lassen sich die grösseren Fragmente davon noch gut verarbeiten.
Im übrigen heisst das ja nicht, dass solche unbrauchbaren Flintknollen von den steinzeitlichen Menschen verarbeitet wurden. Sie brauchten nur ein wenig zu graben bzw. am Fuss eines Moränenkliffs den frisch erodierten Flint aufzusammeln, um gutes, ja sogar hervorragendes Rohmaterial in Mengen zu finden.

So skurril es sich auch anhören mag:

Unter Gesichtspunkten der Verbeitung spricht alles dafür, auch nicht exponiertem Moränen- bzw. Schotterflint eine "bergfrische" Qualität zuzusprechen!

Nur am Rande sei noch erwähnt, dass die Vertreter der "unabdingbaren Bergfrische" auch dafür votieren, länger gelagerten Flint vor der Verarbeitung eine zeitlang in Wasser zu lagern, da er ja ausgetrocknet sei!
Zwar ist unbestritten und messbar, dass seiner Lagerstelle entnommener Flint im Laufe der Zeit Feuchtigkeit verliert.

Dass sich dies aber grundsätzlich negativ auf die Bearbeitungseigenschaften auswirken soll, ist eine blosse Behauptung und wird nach meiner Kenntnis von keinem erfahrenen modernen Steinbearbeiter bestätigt!

So hat z.B. der "dean of us-american flintknapping", Don Crabtree, einen auf dem Dachboden seines Hauses gelagerten französischen Flint Jahrzehnte nach Erhalt der Knolle (Geschenk von Jacques Tixier)diese absolut problemlos verarbeiten können. Das Haus befindet sich in Pocatello/Idaho, und der Flint war unter dem nicht isolierten Dach im Winter tiefsten, im Sommer dagegen höchsten Temperaturen ausgesetzt!

Fazit

"Bergfrische" von Flint ist ein überkommenes und durch nichts gestütztes Konzept, vergleichbar zur sog. Feuerhärtung von Speer- und Lanzenspitzen oder sonstiger spitzer Holzartefakte in der Steinzeit!
Da diese Mähr, wie jene, jedoch "eingängig" ist und überdies seit Jahrzehnten regelmässig in der Literatur auftaucht, darf es nicht wundern, wenn sie auch heute noch wiedergekaut wird.

Herzliche Grüsse KIS















"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Loenne

Moin Khamsin,

am vergangenen Wochenende hatte ich das Glück mich recht lange und intensiv mit Harm Paulsen (dem Godfather der Steine in S.-H.) zu unterhalten und mir seine tollen Lanzen- und Pfeilspitzen, Dolchklingen und sonstiges anzuschauen. Wir sprachen natürlich auch über die Tricks und Kniffe solche Stücke herzustellen. Wobei schnell deutlich wurde, "learning by doing" ist der einzige Weg dies zu erlernen. Auch Harm Paulsen nimmt "gewöhnlichen" Flint von der Steilküste, der auch schon Frost abbekommen hat. Und es gibt eben Stücke, die "zerbröseln" bedingt durch Mikrorisse und eingedrungenes Wasser und andere nicht. Und dabei können die Stücke jahrelange nebeneinander gelegen haben und trotzdem verhalten sie sich völlig unterschiedlich. Und wenn Herr Paulsen abends am Strand sitzt, um sich mal auf die Schnelle 5-6 Lantzenspitzen zu "basteln", dann wässert er die Steine natürlich auch nicht.

Stimmt also mit Deinen Aussagen 100%ig überein.

Gruß auf die Insel
Michael 
Mundus vult decipi, ergo decipiatur
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Khamsin

Moin Michael!

Ja, der gute alte Harm. Im Hinblick auf seine Erfahrung ist er nicht nur in S.-H. der "dean of contemporary flintknapping", keine Frage!

Frelich stimme ich der Feststellung: "learning by doing" ist der einzige Weg dies zu erlernen" nur partiell zu.

Zwar hat Emmanuel Kant gesagt: "Theorie ohne Praxis ist leer", dann aber im selben Atemzug nachgeschoben "Praxis ohne Theorie ist blind"!

Das weiss Harm natürlich auch. Leider wissen dies viele andere aus der grossen flintknapping-Szene nicht.

Generell allerdings gilt für die Herstellung von Steingeräten, dass es das älteste Handwerk der Welt ist! Und für jedes Handwerk gilt natürlich die alte Weisheit, dass nur Übung, d.h.praktisches Arbeiten, den Meister macht. Und Harm ist ein Meister.

Herzliche Grüsse zurück KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"