"Bewirtschaftung" einer neuen Fundstelle

Begonnen von Schuhnagel 2, 17. Juli 2024, 14:44:38

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Schuhnagel 2

In den letzten Jahren war ich immer wieder an möglichen mesolithischen Fundstellen auf Augensuche.
Die Auswahlkriterien:

-Nacheiszeitlicher See, Feuchtgebiet, Moor
-Vorhandensein von Rohmaterial für Steinwerkzeug
-Fliessendes Gewässer in der Nähe
-Leicht erhöhte Lage
-Höhen zwischen 1400 und 1600m ü.M.
-Passübergang

Dabei ist die Möglichkeit, Funde zu machen, längst nicht immer gegeben: Waldboden ist meist geschlossen, und auf den Weiden bin ich auf die Vorarbeit von Maulwurf und Wühlmaus angewiesen.

Nach Dutzenden von ergebnislosen Suchgängen bin ich letzte Woche fündig geworden und möchte natürlich von Anfang an keine Fehler machen.
Erste Fundstellen von Objekten habe ich markiert, anschliessend mit zwei Referenzpunkten eine Linie definiert, was mir ermöglicht, auch bei weiteren Suchgängen die Fundpunkte einzumessen. Mit zwei Massbändern sollte das ohne grossen Aufwand möglich sein, wenn ich mir eine Fehlermarge von etwa 20cm erlaube.

Andere Aufgaben, wie die genaue Lokalisierung der Messpunkte auf der Karte und Terrainaufnahmen verschiebe ich auf die Zukunft. Vielleicht passiert ein Wunder und der Dienst macht mit bei der Dokumentation, was aber nicht zuletzt von der Qualität meiner Funde abhängt. Bisher habe ich zwar Belege, aber keine Artefakte im engeren Sinn vorzulegen.

Warum der Aufwand? Vielleicht kommt in ferner Zukunft jemand auf die Idee, dort zu sondieren. Dann wäre ein brauchbares Streubild natürlich  wichtig.

Viele Grüsse

Ulrich

Furchenhäschen

Hallo Ulrich,
das sieht für die Zukunft sehr vielversprechend aus.

Grüße Peter

Schuhnagel 2

Zitat von: Furchenhäschen in 17. Juli 2024, 16:38:44Hallo Ulrich,
das sieht für die Zukunft sehr vielversprechend aus.

Grüße Peter

Ja, was mich hier vor allem zuversichtlich stimmt, ist die recht breite Palette an unterschiedlichen Mineralien. Nebst Radiolarit und Quarzit kommt hier in den ersten Funden auch heller Silex und Obsidian (oder Pechstein?) vor.
Ich denke, ich werde hier persönlich profitieren, indem ich so einiges an fehlendem Wissen aufarbeiten kann, nicht zuletzt durch Hilfe aus diesem Forum. Ob`s auch die Wissenschaft weiter bringt, hängt hingegen von Interesse und Engagement der Fachleute ab. Dort liegt der Fokus z.Z. eher auf Gletscherarchäologie und Seeufersiedlungen. Und auf EU-finanzierten Projekten im Ausland.

Viele Grüsse

Ulrich

thovalo


Moin!

Jede Prosektion und Auseinandersetzung mit Fundplatz, MAterialien und Formen bringt einen Wissenszuwachs und erweitert den eigenen Erfahrungshorizont und das ist schön und hört nie auf!

Auf "die Wissenschaft" und deren Interesse kann man nicht alleine bauen. Je mehr man selber Wissen hat und das dann auch vorträgt und Du ein Netzwerk in die Facharchäologie hinein schaffst, umso eher hat ein Platz die Chance auch wahrgenommen und näher betrachtet zu werden.


Und NIEMALS aufgeben!

Das ist jetzt nicht die allergrößte Freude, aber ein sehr langer Atem gehört mit dazu!


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Schuhnagel 2

Thomas, mein Netzwerk ist inzwischen recht gut und zeigt erfreulicherweise sogar Tendenzen, von selber zu wachsen. Durch Empfehlungen und Weitervermittlung :winke:

Gruss

Ulrich

Schuhnagel 2

Die Einzeleinmessung trägt bereits Früchte bzw. wirft Fragen auf: In einer Geländekammer von etwa achtzig auf achtzig Metern erkenne ich nämlich nichts, was gerade diese Stelle privilegieren würde. Und doch sind die Funde auf eine enge Fläche begrenzt. Und ich glaube nicht, dass sich das noch gross ändern wird.

Gruss

Ulrich

Feldhase

Wow, macht Spaß hier mitzulesen.
Aber ich Frage mich wirklich wie man Stücke auf der Wiese findet...ist das alles aus Maulwurfshügeln? Auf dem Foto sieht die Wiese jetzt nicht so "Licht" aus, dass man da beim drüber laufen gut was sehen könnte?

Grüße
feldhase

RockandRole

Servus Ulrich,

eine neue Fundstelle zu entdecken ist immer etwas ganz besonderes. Vor allem,
wenn man so lange nach ihr gesucht hat.
Herzlichen Glückwunsch dazu und viele weitere Funde von dort.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Schuhnagel 2

@ Feldhase
Ja, ich bin da völlig von der Wühlarbeit der Mäuse abhängig. Das schränkt die Fläche stark ein, die zur Verfügung steht. Aber dafür gibt`s keine Pflugschäden!

@ Daniel
Danke! Bekannte Stellen abzusuchen ist zwar spannend. Aber eine neue Fundstelle zu entdecken, im Auge zu behalten und zu dokumentieren ist schon etwas besonderes!

Viele Grüsse

Ulrich

Feldhase


hargo

#10
Hallo,

korrigiert mich, wenn ich bei dem Versuch einer vorläufigen Ansprache falsch liege:

1) Kern
2) Klingenfragment medial
3) Klifra / ggf. mit Gebrauchsspuren
4) Klifra / vermutlich Distalende / vielleicht rezent beschädigt (?)
5) Klifra basal (??)
6) * tolles Material (2x) / das kommt natürlich so nicht in die Fundmeldung ; )
7) Abschlag ? (fehlt Sicht ventral auf den Bulbus)
8) Lamelle (??) 
9) würde ich keiner Bedeutung beimessen
10) ggf. auch Klifra medial
11) event. Klifra basal
12) Abschlag / sehe hier einen Bulbus auf ventral. Schlagflächenrest mit Kortex?

mfg

Nachtrag:
Die Ausrichtung (der Fotos) auf die vermeintliche "Spitze" ist nicht grundsätzlich eine Option.

Schuhnagel 2

Hallo hargo

Ich staune, was du alles aus dieser platten Aufnahme heraus lesen kannst! Für mich eigentlich eine Bestätigung, dass es sich wirklich um einen steinzeitlichen Lagerplatz handelt und ich keiner Täuschung aufgesessen bin.

Keinen Zweifel gibt es bei 1) und 2).
3) besteht fast vollständig aus Rinde
5) scheint Schlagabfall zu sein
7) hat ventral Bulbus und auch eine Schlagnarbe. "Abschlag" ist sicher richtig.
4) schliesslich werde ich anders herum (Spitze nach unten) betrachten und gelegentlich einen Thread starten. Mir ist
   bei der vermeintlichen Spitze und der Beschädigung so einiges unklar, allem voran der verrundete und poliert
   wirkende Mittelgrat (auf dieser Aufnahme nicht gut zu erkennen).
8) ich übernehme auch hier deine Einschätzung (Lamelle).

Herzlichen Dank!

Viele Grüsse

Ulrich

hargo

#12
Zitat von: Schuhnagel 2 in 13. August 2024, 20:25:22...
4) schliesslich werde ich anders herum (Spitze nach unten) betrachten und gelegentlich einen Thread starten. Mir ist
   bei der vermeintlichen Spitze und der Beschädigung so einiges unklar, allem voran der verrundete und poliert
   wirkende Mittelgrat (auf dieser Aufnahme nicht gut zu erkennen).
...

zu 4)
Kommt darauf an, wie die Wallnerlinien ventral verlaufen. Ich denke, das spitze Ende nach oben ist in diesem Fall ok. Es handelt sich vermutlich um das distale (vom Schlagpunkt abgewandte) Fragment einer Grundform (Klinge). Was es nicht zum Werkzeug (weil scheinbar unbearbeitet) und somit nicht zur "Spitze" macht.

mfg

Schuhnagel 2

Um zum Thema zurückzukommen...
Inzwischen habe ich in Excel mit einem x-y-Diagramm gearbeitet, bin aber beim Millimeterpapier zurück. Die paar Funde, die ich pro Suchgang mache, sind da schnell eingezeichnet und ich brauche mich nicht mit einem störrischen Programm abzumühen. Wesentliche Funde erhalten eine Laufnummer, so dass deren Fundstelle jederzeit im Gelände lokalisiert werden kann.
Eine weitere Idee: Die Fundpunkte bei Abschluss des Projektes mit weissen Zetteln markieren und eine Drohnenaufnahme machen. Am besten wohl im Frühjahr nach der Schneeschmelze.
Viele Grüsse
Ulrich