Heiligenfigur?

Begonnen von chabbs, 04. Juli 2008, 10:54:54

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chabbs

Hallo,

ich bin neu hier, bin über "Mary" hier ins Forum geweht worden. Und stelle mich auch bald noch vor!


Könntet ihr mir vielleicht bei der Identifizierung des Bleiteils mit Gesicht weiterhelfen? Irgendwie kommt mir die Darstellung bekannt vor. Übrigens: die Funde sind bereits gemeldet und abgegeben, die Suchstelle war auch sehr unverdächtig.... trotzdem eine seltsame Häufung, da werde ich wohl bald nicht mehr hindürfen:-)



Liebe Grüße und danke schon mal:

Chabbs


Ach ja, der Rest: 1 Pfennig 1942, Hufnagel und Ziernagel/Beschlag der Salier sind schon identifiziert.... geht nur um das Gesicht mit Krone, vermutlich aus Blei.

Daniel

Das Bild kam mir doch gleich etwas bekannt vor. :narr:
Björn,herzlich willkommen im Sucherforum. :winke:

Gruß Daniel
Spalttabletten, meine Dame, sind bekömmlich und gesund.
Doch verwirrend ist der Name, sie gehören in den Mund.

chabbs

Na guck... wie klein doch die Welt ist :frech: :prost: :prost: :prost:

chabbs

Hey....keiner eine Idee? Mir kommt das Gesicht so bekannt vor, mir liegt es auf der Zunge...und hier kennt es keiner?


LG

insurgent

Das Bleigesicht sieht mir sehr nach dem Rest eines Pilgerzeichens aus. Kööönnntte "Petrus" sein, dann Rom. Obwohl mit Krone  :kopfkratz:

Auf jeden Fall sehr alt. Mußt Dich mal durch die Pilgerzeichendatenbank wühlen.

http://www2.hu-berlin.de/sachkultur/pz/pzindex.php

Schöne Grüße vom Insurgenten
Meine Bodenfunde werden gemeldet

fafnir

Ich vermute, dass "Mary" gar nicht so verkehrt ist.  :smoke:

chabbs

Zitat von: fafnir in 04. Juli 2008, 17:47:09
Ich vermute, dass "Mary" gar nicht so verkehrt ist.  :smoke:

Ne, zu dem Onkel hatte sie leider noch nichts gesagt... Aber sie hat mir mit dem Ziernagel unglaublich weitergeholfen. Ach, und schon mal danke für die Datenbank... vllt komme ich damit weiter! :winke:

fafnir

Der Onkel hat ziemlich weibliche Gesichtszüge...  :zwinker:

chabbs

Zitat von: insurgent in 04. Juli 2008, 16:49:04
Das Bleigesicht sieht mir sehr nach dem Rest eines Pilgerzeichens aus. Kööönnntte "Petrus" sein, dann Rom. Obwohl mit Krone  :kopfkratz:

Auf jeden Fall sehr alt. Mußt Dich mal durch die Pilgerzeichendatenbank wühlen.

http://www2.hu-berlin.de/sachkultur/pz/pzindex.php

Schöne Grüße vom Insurgenten


Tja, oder ist die Krone eine Tiara? Eigentlich ne unmögliche Form für eine Tiara, auch für eine Mitra seltsam. Vor allem die durchgehende "Steinkette" am Stirnband ist selten, außer eben bei den Rangkronen...die wiederum gehen meist in der Form nicht so nach oeben auf. Ach, ich bin am Ende mit meinem Latein. Wird wohl kaum konkret bestimmbar sein oder?


Na, obschon ich ja bei Auffinden des Dings sofort an eine mir bekannte Illustration denken musste. Aber ich weiß nicht mehr wo ich die gesehen habe... blödes Gedächtnis.

Gratian

#9
Wie wäre es mit Volto santo?

Ich denke auch das es in Richtung Pilgerabzeichen geht. Leider liegt die Bruchstelle seht weit oben sodaß man nicht erkennen kann ob nicht noch ein Bart zu sehen ist...dann würde es sich um eine Darstellung handeln die man allgemein unter dem Volto santo kennt, was übersetzt soviel wie "Heiliges Antlitz" bedeutet. dargestellt ist das in der mittelalterlichen Stadt Lucca verehrte Kruzifix, das den gekreuzigten nicht als Leidenden sondern als Himmelskönig (Pankrator) im langen Zeremonialgewand und mit goldenen Schuhen vor dem Kreuz schwebend zeigt. Der Kult ging in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts von den Niederlanden aus. Ein Zentrum der Verehrung in Deutschland war Neufahrn bei Freising.Das ist eine Gemeinde im oberbayerischen Landkreis Freising.

Zur Wirkungsgeschichte und weiteren Detailinformationen siehe hier bei Wikipedia.  http://de.wikipedia.org/wiki/Volto_Santo_von_Lucca

Diese in der byzantinischen Tradition stehende und somit vor der Gotik entstandene Darstellung gelangte über die Alpen bis nach den Niederlanden. Die hier nicht mehr zun deutende Darstellung von Christus führte zur Entstehung der Legende um eine portugiesische Königstochter.Diese sei heimlich ca. 130 n. Chr. zum christlichen Glauben übergetreten, sollte aber auf Wunsch ihres Vaters einen heidnischen Prinzen heiraten. In ihrer Not bat sie Christus, sie ihm so ähnlich zu machen das ihr Bräutigam sie nicht mehr heiraten möchte.Da wurde ihr weibliches Gesicht durch einen Bart entstellt, was den Vater so erzürnte das er sie ans Kreuz schlagen lies, damit sie dem gekreuzigten Jesus auch hierin ähnlich sei.

Sie also rein mytologische Volksheilige namens Sankt Kümmernis ist in Legende und Kult zwischen der Nordsee und den Alpen reichlich bezeugt und genoss große Verehrung. Der Name der Heiligen ist regional verschieden, manchmal wird sie auch Kummernus, Kumerana, Wilgefortis (Virgo fortis), Hilgefortis, Heilige Hilfe, St. Hülferin und St. Hulpe genannt. Dargestellt wird sie als bärtige. mit einem langen Kleid bekleidete und gekrönte Jungfrau am Kreuz.

Kümmernis bot Anlass für viele Erzählungen. Am bekanntesten ist wohl die Legende von einem bettelarmen Geiger, dem eine Figur der Heiligen einen ihrer silbernen Schuhe zuwarf. Der daraufhin wegen Diebstahls zum Tode verurteilte Musikant durfte vor der Hinrichtung noch einmal vor der Heiligenfigur spielen. Zum Beweis seiner Unschuld löste sich nun auch der zweite silberne Schuh vom Fuß der Heiligenfigur und kollerte bis zu den Füßen des Geigers.

Die Verehrung der in früheren Zeiten am 20. Juli besonders gefeierten Kümmernis wurde schon im 18. Jahrhundert eingestellt und ist heute erloschen. An sie wandte sich der Gläubige mit allen Kümmernissen, was auch erklärt woher ihr Name letztendlich stammt.

Literatur:
Sigrid Glockzin-Bever; Martin Kraatz (Hgg.): Am Kreuz - eine Frau: Anfänge - Abhängigkeiten - Aktualisierungen. Münster: Lit 2003
Konrad Kunze: Wilgefortis. In: Verfasserlexikon Bd. 10 (1999), Sp. 1081-1083
Regine Schweizer-Vüllers: Die Heilige am Kreuz: Studien zum weiblichen Gottesbild im späten Mittelalter und in der Barockzeit. Bern u.a.: Lang 1997
Peter Spranger: Kümmernis. In: Enzyklopädie des Märchens Bd. 8 (1996), Sp. 604-607
Peter Spranger: Der Geiger von Gmünd: Justinus Kerner und die Geschichte einer Legende. Schwäbisch Gmünd 1991

Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

chabbs

Ein super Tipp!

Ich denke auch, dass eine Marienabbildung sehr wahrscheinlich ist, und bis zum Schlusswort des Arschis( :engel:) werde ich es als solches betrachten.

Selbst wenn es schwer sein wird, eine Datierung zu finden, gehe ich also jetzt von Maria aus. Dafür sprechen mehrere Gründe:

- zu Recht hat fafnir auf die weiblichen Gesichtszüge hingewiesen: man erkennt deutlich den Kronenschleier, die langen Haare darüber und die völlige Bartfreiheit (vgl. Petrus und Paulus wurden fast immer mit Bart dargestellt! Jesus übrigens erst seit ca. 800).

- Mutter Jesu ,,Königin des Himmels und der Erde", wird fast immer mit Krone dargestellt (es fehlt allerdings der typische "Heiligenschein"/  Nimbus)...die Krone wird übrigen auch immer wieder als Attribut für Jungfräulichkeit beschrieben. Die Marienvehrung begann recht früh, so ca. ab der Konstantinischen Wende.

- Der fehlende Nimbus ist widerum ein starker Hinweis auf ein beträchtliches Alter, da er zwar recht früh Jesus und Gott (ca. 4 Jhdt.) aber erst recht spät ( ca. ab 1000 n.Ch.) der Maria zugedacht worden ist.


Ich würde mal darauf wetten, dass das Ding in die gleiche Zeit fällt wie "mein" Ziernagel der Salier. Ich denke an 900- spätestens 1300 n. Ch.

Es sprechen auch einige Hinweise gegen diese Deutung, aber eigentlich scheint sie mir recht plausibel. Kann denn jemand was zum verwendeten Material sagen? Blei?



Es wird sich zeigen.


Liebe Grüße und danke schon mal für die Mithilfe!!!

Chabbs

chabbs

Eine sehr interessante Idee, Gratian. Werde da mal hinterhergehen.


Liebe Grüße

Gratian

Hier einmal aus meiner Sammlung eine Mariendarstellung mit wesentlich weicheren Zügen...und deutlich ausgeprägtem Nimbus...

Zeig uns doch mal ein Bild von der Rückseite....
Gut Fund!   :engel:
Gratian

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