Rheinisches Landesmuseum in Trier mit neuer Dauerausstellung

Begonnen von Gratian, 10. November 2009, 23:18:27

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Gratian

Moin Moin,

ich war am Wochenende mal kurz in Trier und habe mir etwa 3 1/2 Stunden lang die neue Dauerausstellung des RLM angesehen, da ich zwar für den 27.11 eine Einladung zur offiziellen Führung habe aber nicht runter kommen kann.

Mein Eindruck:

Der Rundgang führt von den Anfängen der Menschheit, über die Steinzeit (Tolle Beile und Prunkbeilklingen aus Jade), die Bronze Zeit  hin zur "Welt der Kelten". Schöne auch alt bekannte, seit Jahren nicht mehr gezeigte Funde gibt es zu bestaunen (warum aber das Modell der La-Tène Höhensiedlung Altenburg bei Bundenbach hochkant steht und somit total an Wirkung verliert weis ich auch nicht...Platzmangel??).

Dann folgt sehr schön und folgerichtig die Eroberung des Trevererlandes und die Stadtgründung. Dann erfolgt ein Bruch mit der Chronologie der aber den Platzverhältnissen geschuldet ist weg von der Chronologie hin zu bestimmten Themenkreisen. Im Nächsten Raum finden sich die Monumentalen Grabdenkmäler aus Neumagen und anderen Fundorten gefolgt vom Großen Mosaiksaal.

Dann wirds m.E. etwas unübersichtlich man kann am Themenkreis römische Architektur vorbei über die Treppe ins erste Stockwerk gehen oder um die Ecke vorbei am Thema römische Religion (leider nicht so umfangreich und informativ wie es das Thema hergäbe) und dem Renaissance Rheineck-Grabmal (ein klarer Stilbruch im zeitlichen Ablauf  aber auch dem Platzbedarf geschuldet).

Der Rundgang schlägt den zweiten Weg vor, sodaß man auf den Bereich Augusta Treverorum Gründung und Aufstieg der Stadt stößt. Hier gibt es sehr schöne Fibeln und etliche Gebrauchsgegenstände zu sehen. Ein Modell der Römerbrücke gibt einen Eindruck wie die Baumaßnahmen erfolgten. Beindruckend:die gigantischen Eichenpfähle auf den Eisenpfahlschuhen.

Wenn man von dort die Treppe nimmt, stößt man auf die Vitrinen mit den eindrucksvollen Moselfunden und den m.E. viel zu kleinen Bereich der römischen Numismatik. In Anbetracht der überragenden Bedeutung des Trierer Münzkabinetts hätte ich mir dafür einen größeren und wesentlich informativeren Bereich gewünscht. Ich denke da an die Ausstellung des römischen Goldschatzes kurz nach dem Fund in einem besonders dafür eingerichteten runden Raum. Das wäre ein Highlight...so eher ein Provisiorium da man einfach nur die "Notausstellung" die vor der Neugestaltung präsentiert wurde unverändert übernommen hat. Wenn man nicht aufmerksam ist kann man sogar die Präsentation des Goldschatzes übersehen da er nicht auf dieser Route des Rundweges liegt sondern etwas versteckt abseits davon (!). Nur wenn man nach dem Thema Architektur direkt die Treppe nimmt stößt man auf die Vitrine mit m.E. viel zu wenig der fabelhaften Münzen die gefunden wurden.

Das zum Provisorium gesagte gilt auch für die vor erwähnten Moselfunde darunter der phantastische Attis aus Bronze sowie die im nächsten Obergeschoß zu findenden Glas und Keramik/Sigilatafunde sowie das Modell der Stadt Trier im römischer Zeit. Hier habe ich die Hoffnung das man sich nach der Neugestaltung der Dauerausstellung nun auch dieser Provisorien annimmt und neu gestaltet. Ich bin überzeugt das Archiv des Museums hat noch viel mehr Funde zu bieten als die die hier gezeigt werden und Platz ist im 2. OG auch noch!

Wieder zurück im Erdgeschoss (Aufzug oder Treppe) taucht man ins frühe Mittelalter, ein fantastische Ansammlung von Grabfunden (vom silbertauschiertem Zaumzeug bis zu Almandinfibeln in höchster Qualität), ein mittelalterlicher Münzschatz, interessante Alltagsgegenstände von einer Burggrabung u.v.a. Damit ist die frühere Fixierung des RLM Trier auf die Römerzeit gebrochen und das ist auch gut so.

Es folgt Trier im späten Mittelalter mit Tuchplomben, Papstbullen, schönen Zeugnissen der gotischen Kunst, dem Bildfenster des Doms von 1530, einem Bildteppich sowie einem kleinen Bereich über die jüdische Kultur in Trier im Mittelalter mit Grabdenkmälern und anderen interessanten Funden.

Der nächste Raum "Vor und Hinter den Fassaden" widmet sich den Latrinenfunden . In einer "nachgebildeten" Latrine in Form einer Säule mit Gucklöchern kann man Originalfunde aus einer Latrine von Knochen über Lederschuhe, bis Keramik anschauen. Dazu sehr informative Tafeln und weitere Zeugnisse wie Kinderspielzeug, Tonfiguren usw.

Der vorletzte Raum "Vom Mittelalter zur Neuzeit" umfasst Funde und Zeugnisse insbesondere Skulpturen der Neuzeit, auch die Koblenzer Salutkanone von 1749. Im letzten Raum mit dem Motto "Kunst für Fürsten und Prälaten" gibt es nochmals Schätze zu bewundern wie den Goldpokal mit Deckel und Teller vom Trierer Domdechant Karl Kaspar Emmerich von 1732 in den etliche römische Goldmünzern eingearbeitet sind,Sedisvakanzmünzen, Gemälde usw. der Ausgang führt zur Kasse und zum Shop zurück in dem man sich mit vielerlei Literatur für Zuhause versorgen kann.

Besonders gefallen haben mir die interaktiven Videoclips z.B. zum Stilvergleich von unscheinbaren Marmorfunden, der statistischen Aufarbeitung von Tierknochenfunden aus der Latrine vom Nonnenkloster St. Irminen oder zu den Papstbullen. Davon würde ich mir noch mehr wünschen auch im Bereich Numismatik, Stadtmodell usw. Sehr gut auch der im Eintrittspreis enthaltene Audio-Guide mit sehr informativen Beiträgen.

Fazit: Trier ist wieder um eine Attraktion reicher geworden. Die Dauerausstellung hat nun wirklich den Namen verdient (nicht nur weil es dauert bis man alles gesehen hat). Römisches dominiert natürlich und könnte sogar noch etwas ausgeweitet werden (Platz ist vorhanden). Der numismatische Bereich hätte einen eigenen Raum, ein wahres Münzkabinett verdient. Das Mittelalter hat eine höheren Stellenwert als früher und ist stark aufgewertet ebenso die frühe Neuzeit.

Man sollte sich wirklich die Zeit nehmen - es lohnt sich.
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

rolfpeter

Danke für den schönen Bericht!  :winke:
Werde garantiert hinfahren und staunen.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Gratian

Heute kam die Einladung zur Eröffnungsfeier für den 2. Abschnitt der neuen Daueraustellung im Rheinischen Landesmuseum. Dieser Teil der Ausstellung ist vor allem der römischen Vergangenheit der Stadt Trier und seiner Umgebung gewidmet. Er ist ab 17.02.2011 zu besichtigen.

Höhepunkt der Ausstellung ist der größte je entdeckte  römische Goldschatz (den Sondengänger 1993 fanden und vor der endgütligen Vernichtung in einem Betongrab retteten). Der 18.5 kg schwere Schatz besteht aus 2518 Aurei und wird nun erstmals vollständig präsentiert.
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.