Mal eine Frage.

Begonnen von Daniel, 25. März 2006, 20:27:06

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Daniel

Kann man anhand des Stils eine ungefähre Altersangabe des Drucks vornehmen?
Das Druck hängt in meinem Gartenhäuschen rum und es ist keine Jahreszahl darauf vorhanden.
Das Häuschen selbst steht seit den 50er Jahren aber das Bild dürfte etwas älter sein.
Auch wenn das Bild selbst etwas kitschig ist,zum wegschmeißen ist´s mir doch zu schade. :engel:

Gruß Daniel
Spalttabletten, meine Dame, sind bekömmlich und gesund.
Doch verwirrend ist der Name, sie gehören in den Mund.

Rambo

Nach der Kleidung, mein Tip Anfang - Mitte 19 Jhd.
Lieb ist der kleine Hund im Vordergrund  :irre: könnte sich um einen Spitz handeln.
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

Daniel

Danke für die Info.
Was mich stutzig macht,ist die Schreibweise von "gieb" mit "ie". :irre:
Wenn ich den Spruch so in Google eingebe findet man Teller um 1900,wo allerdings Brot mit "d" geschrieben wird. :platt:
Das ganze Bild ist etwa 40 X 30 cm groß.

Gruß Daniel
Spalttabletten, meine Dame, sind bekömmlich und gesund.
Doch verwirrend ist der Name, sie gehören in den Mund.

Luci Fernatas

Das Bild an sich ist wirklich kitschig!
Wenn man sich aber mal die Details anschaut, wird es sogar fast interessant...
Z.B.:
- am Tisch stehen vier verschiedene Stühle unterschiedlicher Bauart
- es sind nicht genug Stühle für die gesamte Familie vorhanden
- um die Situation lebendiger zu gestalten, steht vorne rechts im Bild die Tür eines Schränkchens auf - aber die Perspektive ist irgendwie etwas ver-rückt, oder?
- Wer ist der Mann, der gerade zur Tür reinkommt (links)? Er sieht aus wie ein Hirte o.ä. --> symbolisch für Jesus (= Hirte + Gebetsthema)?
- Genau in der Mitte hängt eine Wanduhr, auf der es 15h (?) ist --> hier wird ein Zeitmotiv angedeutet; und war es damals üblich, erst am Nachmittag zu essen? Oder handelt es sich um ein kleines Zwischenmahl?

wogixeco

@Daniel
an der Schreibweise würde ich das Alter nicht festmachen. Damals war man da noch etwas "offener". Ich denk auch so 1900 rum von der Zeitstellung her.

@Luci Fernatas
interessante Fragen  :-) das hat mich erst drauf gebracht mir das Bild genauer an zu sehen. Interessanz auch rechts von dem Tisch die Vögel die da rumpicken. Erinnert mich an den Spruch aus der Bibel "Sie säen nicht, sie ernten nicht und der Herr ernährt sie doch"

Daniel

#5
Danke mal für die bisherigen Antworten.
Hab das Ding jetzt daheim.
Die Maße sind 46 X 35 cm.
Kann jemand spontan was zu den Schriebs darunter was sagen?
Habe zwischenzeitlich herausgefunden,daß es den Verlag über 185 Jahre alt ist und heute noch gibt,allerdings ist auf der HP von denen keine Mailadresse zu finden,damit ich direkt anfragen könnte. :platt:

Gruß Daniel

PS.: Bilder von Handgeschriebenem von der Rückseite des Bilds sind da.
http://www.sucherforum.de/index.php?topic=16895.0
Spalttabletten, meine Dame, sind bekömmlich und gesund.
Doch verwirrend ist der Name, sie gehören in den Mund.

Gratian

#6
Zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert war es üblich, am unteren Rand des Bildes einige kurze Angaben zur Autorenschaft des Werkes zu machen. Hierbei bediente man sich Abkürzungen meist lateinischer Herkunft):

    * pinx. = pinxit = gemalt von...
    * del. = delineavit = gezeichnet von...
    * in., inv. = invenit = erfunden von...
    * Sc., sculp. = sculpsit = gestochen von...
    * inc. = incidit = geschnitten von...
    * Lith. = lithographiert von...
    * f., fe., fec. = fecit = gemacht von...
    * imp. = impressit, impresse = gedruckt von...
    * e., ex., exc. = excidit = erschienen bei...
      = excudit = verfertigt von...

Später wurden oft die landessprachliche Abkürzungen verwendet:
"painted, drawn, invented by..." bzw. "peint, dessiné, inventé par..." oder auch "engraved, aquatinted by" bzw. "gravé par...".


Hier also "Prof. Schönherr inv." heißt wohl das der Gute das Original - denn das ist ein Druck - erfunden bzw. gemalt hat.

Evtl. Handelt es sich um den Dresdner Maler Carl Gottlob Schönherr, 1824-1906, Professor an der Kunstakademie Dresden.
Gut Fund!   :engel:
Gratian

ANTE ROMAM TREVERIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS
PERSTET ET AETERNA PACE FRUATUR. AMEN.

Daniel

Spalttabletten, meine Dame, sind bekömmlich und gesund.
Doch verwirrend ist der Name, sie gehören in den Mund.

Gratian

#8
Vielleicht noch zum Stil....m.E. handelt es sich um eine späte Arbeit des o.g. Malers im späten Nazarener Stil.

Während der Impressionismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung gewann, hatte sich das Kunstideal der Nazarener zu diesem zeitpunkt inhaltlich verbraucht und war zur Schablone herabgekommen. Die Zeit der hochqualitativen Kunstwerke im Nazarener Stil (von etwa 1810 bis 1860) war vorbei. Die gesamte Kunstrichtung wurde von Kunstkennern zunehmend geringgeschätzt und geriet in Vergessenheit.

"Nazarenisch bezeichnet im Sprachgebrauch der Nichtfachleute eine blutleere und sentimentale religiöse Imagerie, die bis zum Zweiten Weltkrieg lebendig war und in ihren letzten Ausläufern noch heute faßbar ist. Es wird in etwa als deutsches Äquivalent jenes kirchlichen Kunstgewerbes verstanden, das in Paris um die Kirche Saint-Sulpice angesiedelt war und dessen standardisierte Serienproduktion als Inbegriff schlechten Geschmacks gelten.", (Gallwitz, S. 365 ff)  fasste Sigrid Metken die Auswirkung der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Popularisierung zusammen. Dieses Urteil schloss meist auch ihre frühen Protagonisten ein, die wie Franz Pforr, Friedrich Overbeck, Ludwig Vogel und Josef Hottinger (oder Ludwig Schnorr von Carolsfeld, Philipp Veit, Peter von Cornelius, Franz Ludwig Catel, Joseph Anton Koch, Wilhelm von Schadow und Carl Philipp Fohr) hervorragende Maler und zu ihrer Zeit mutige Neuerer waren.

Zu diesem Urteil trug wesentlich die Fülle an süßlichen, qualitativ schwachen und frömmelnden Bildern bei, die in billigen Drucken ihren Abklatsch fanden und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert Pfarrhäuser und Wohnungen füllten. Diese Trivialkunst wurde industriell hergestellt und auf Jahrmärkten vertrieben. Auch bei den Reproduktionen von Werken der Hauptvertreter der Nazarener wie beispielsweise Overbeck und Steinle kam es im Prozess der Herstellung der Druckgraphiken zu einer sentimentalen Vereinfachung der Originale. Dies verstärkte sich noch, als der Farbdruck aufkam. Sigrid Metken hat in ihrer Untersuchung gezeigt, wie Bildmotive von Schnorr, Overbeck und Steinle für die Herstellung von Heiligen- und Andachtsbildchen aufgegriffen und zunehmend verkitscht wurden, um einem breiten Publikumsgeschmack entgegenzukommen.

Diese zunehmende Trivialisierung hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Kunst der Nazarener lange Zeit als eine nur religiös motivierte eingeordnet wurde, die künstlerisch ohne Kraft war. Hier ganz deutlich in den von Euch ja zahlreich entdeckten einfachen Symbolen und bildlich wiedergegebenen Bibelversen deutlich zu erkennen.

Weitere Stilmerkmale des Nazarenerstils außerhalb der Bildinhalte:

Die klare, konturierte Form hat Vorrang vor der Farbe, das Zeichnerische hat Vorrang vor dem Malerischen. Vorherrschendes Kompositionselement ist die menschliche Figur. Die Farben haben vor allem die Funktion, die Szene zu verinnerlichen und zu vergeistigen. In warmem, pastelligem Schmelz werden Figuren und Landschaft miteinander verbunden. Besonderen Wert wird auf die Lichtführung gelegt, die zu den zentralen Figuren hinleitet. In vielen nazarenischen Bildern ist sie das einzige dramatische Element in einer Bildkomposition, die im übrigen von tiefer Ruhe, Innerlichkeit und Ernst bestimmt ist. Diese Feierlichkeit entrückt Szenen, die thematisch sehr alltäglich scheinen, ins Überirdische.Der Gesichtsausdruck der dargestellten Figuren ist ernst und verinnerlicht; man sieht kein einziges heiteres oder gar lachendes Gesicht. Auffällig sind die weichen, glatt rasierten Gesichtszüge der Männer. Auch in dieser Hinsicht ist die nazarenische Kunst mittelalterlichen Vorbildern ähnlich. Die Erotik wird als Thema in der nazarenischen Malerei fast völlig ausgeklammert. Die Menschen auf nazarenischen Bildern sind meist völlig bekleidet, auffällig oft in wallende Gewänder mit starkem Faltenwurf und klassizistischer Anmutung.
Gut Fund!   :engel:
Gratian

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