Mohrenkopf

Begonnen von Silex, 21. Juli 2006, 21:25:52

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Silex

Servus Leute,
heute hab ich von einem Bauern - über einen Mittelsmann- dieses Trumm bekommen. Mit der Bitte um Einschätzung.
"Es" soll seit Menschengedenken auf dem Bauernhof gewesen sein-- es wurde nie einem Zwecke zugeordnet- noch weiss man wozu es diente. Es scheint ein Mohrenkopf zu sein- Das Material zerbröselt unter der Hand- Teilweise schwarz dann wieder leicht rötlich- innen weiss- beige -gelblich.
Kann man da zur Zeit was mutmaßen und eventuell zur Benutzung.
Oben wirkt es fast so als ob man eine Kerze hineinstellen könnte- allerdings wäre dann wohl eher ein Dorn zu vermuten.
Ausserdem sind dort keinerlei zu erwartende Abnutzungsspuren festzustellen.
Danke für jede Hilfe
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Sondenmichel

Hey Edi

Zu Mohrenkopf und Bayern fällt mir ganz
spontan Freising ein. Evlt. stammt das Teil von da.

http://de.wikipedia.org/wiki/Landkreis_Freising

Aber was das darstellen soll, kein Plan.


Sondenmichel

Ruebezahl

#2
Hallo Eddi,
ich vermute ein Kohlebecken für das Rauchen von Tabak in Tonpfeifen.
Diese wurden mit einem Stück glühender Kohle (Zange) angezündet.
(Streichhölzer gibt es erst seit Ende 19. Jh.)
Exotische Darstellungen (Türken, Mohren usw.) waren auch bei Pfeifenköpfen beliebt.

Auf dem Bild im hinteren Bereich ein Kohlebecken:
Grüße aus Ostfalen
Ruebezahl

"Große Erfolge sind weniger spürbar als persönliche Vorteile"
Napoleon Buonaparte

Silex

Guten Abend Leute,
aber .......wie schon angedeutet sind im oberen "Aufnahmebereich" keinerlei Verkohlungsspuren oder Brandeinwirkungen zu erkennen.
Jetzt fällt "es" mir wieder ein- es scheint  und ist wohl abstrus- der Bauer hat dem Mittelsmann mitgeteilt dass er von seinen Altvorderen gehört habe dass im Inneren des dünnwandigen Gefäßes sich Leichenbrand befände- trotz wiederholten Schüttelns konnte ich jedoch keinerlei Inhalt feststellen.
Kann man nicht aufgrund der Verzierungstechnik ( Blätter im Halsbereich) auf formenkundliche Datierungseinschätzungen  schließen?
Danke vielmals
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

craceland

Zitat von: Sondenmichel in 21. Juli 2006, 21:33:37
Hey Edi

Zu Mohrenkopf und Bayern fällt mir ganz
spontan Freising ein. Evlt. stammt das Teil von da.

http://de.wikipedia.org/wiki/Landkreis_Freising

Aber was das darstellen soll, kein Plan.


Sondenmichel


Im Coburger Stadtwappen ist auch ein Mohr !!!

Gruß craceland

IVVECVO

............museales Teil  :belehr: ich dachte allerdings , dass das hier ein Sucherforum ist und da kennt keiner den Jamnitzer - Pokal in Form eines Mohrenkopfes aus dem Wettiner Schatzfund ? Dieser könnte stilistisch zumindest teilweise durchaus herangezogen werden . Hier werden Überlegungen angestellt ob er zB. für die Nürnberger Patrizierfamilie Tucher angefertigt wurde oder für die Florentiner Strozzi bzw. Pucci. Ich denke aber das Forums - Stück stand ursprünglich in einer Apotheke ( Mohrenapotheke ) als Schau - oder Deckelgefäss . Zeit 16. / 17. Jh. Die Büste könnte auch als Allegorie für den Erdteil Afrika zu sehen sein .

Silex

danke Leute,
übermorgen muß ich das Teil wieder zurückgeben.... vielleicht fällt noch jemandem was ein... im Netz hab ich nichts ähnliches gefunden... ich brauch Eure Hypothesen und Eure Phantasie. Wozu , wann und warum?
Nochmals Danke
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

fynnluca

Zitat von: IVVECVO in 24. Juli 2006, 07:38:59
............museales Teil  :belehr: ich dachte allerdings , dass das hier ein Sucherforum ist und da kennt keiner den Jamnitzer - Pokal in Form eines Mohrenkopfes aus dem Wettiner Schatzfund ? Dieser könnte stilistisch zumindest teilweise durchaus herangezogen werden...

doch kenn ich :-)





Quelle:http://www.obnova.sk/modules.php?name=clanky&file=clanok&sid=2020&mode=thread&order=0&thold=0

Silex

 Servus Mitstreiter,
Inzwischen vermute ich als Grundmaterial Gips-denn bei der Witterung  derzeit bröckelt es zusehends. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie es die Jahre überstanden hat.
Die überaus "feine Durchgestaltung" des Gesichtsschädels welche an Gußabformung denken lässt kann ich mit den Drehriefen unten und oben auch nicht in Einklang bringen. Die Haare und der Blumenabschluss wiederum sehen aus als ob sie nachträglich hineingekratzt worden wären.
Und ich bräuchte noch eine Idee zur Verwendung eines solch aufwändig-exotischen Objekts. Die Idee mit der Mohrenapotheke scheint mir schon schlüssig- da es etliche  diesbezügliche "Geschäfte" dieses Namens bei uns gibt.
Aber die Überlieferung auf einem Bauernhof über so lange Zeit scheint dagegenzusprechen, da dessen Gedächtnis  in der Regel über Jahrhunderte zurückreicht.  Und die soziale Durchlässigkeit war damals wohl eher gering.
Vielleicht hilft der Hinweis auf die vielen ehemaligen Eisenhämmer und deren Hammerschlösschen im direkten Umkreis weiter. Denn solche Leute hätten wohl  eher Bedarf an derlei Spielereien gehabt.....
Aber dies ist wohl reine Hypothese und das kleine Geheimnis wird bleiben.....
Danke
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

Der läge mir immer noch am Herzen.....
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

IVVECVO

Zitat von: Silex in 31. Mai 2010, 22:15:29
Der läge mir immer noch am Herzen.....


......nach 4 Jahren .....und was sagt da Deine Frau dazu  :zwinker:

       Gruss  Juv

Tomcat

#11
Bauernhöfe sind oft wahre Schatzkammern - woher aber dieser Mohr kommt kann ich nicht eindeutig beantworten. Es gibt aber so einige Möglichkeiten:
Eine kenne ich aus dem süditalienischen Raum, (eine etwas blutrünstigere Version dessen, was ich darüber gehärt habe findet sich hier:
http://www.palermoweb.com/panormus/deutsch/kuriosit%C3%A4ten.htm

Allgemein waren Arab, Turck, Mohr und Neuweltler ja etwas stupendes und somit abbildungs- und sammelwürdiges. Unser Morisken-München und Caspar in jeder Krippe sind beredtes Beispiel hierfür.
Aber vielleicht wurden auch orientalische Spezereien dereinst vom Mohrensockel verkostet, verkauft und derselbige später, nach getaner Präsentationsarbeit und über Umwege zum Bauern gelangt, zur Bewunderung behalten?

In meiner Gegend wurden ausserdem viele Dinge aus Kirchen und Klöstern in Bauersstuben verwahrt, versteckt und für nachsäkuläre Zeiten aufgehoben. Hat da vielleicht ein Teil einer Großkrippe ... aber nein, die Gestaltung spräche dagegen.

Aber ich sprach vorher vom Neuweltler - deren erste Darstellungen zeigen oft solche Blätterkragen. Vielleicht übertrug manch unwissender Chronist diese Blätterkragen auf alles, was nicht weiß war?
Ein paar Bilder mehr wären schön, auch wenn ich weiß, dass das sehr aufwändig wär!


mfg
Tct
Life burns!

Silex

Merci Alle und Tomcat, für diese erschröckliche Geschichte. Diese korrespondierte auch trefflich mit der hier innewohnenden Mohrenaschemakabrität (hohl wär`s).
Übrigens wurde nur 4 Kilometer Luftlinie vom Auffindungsort der Erasmus Grasser ( seine Moriskentänzer , sind heute in München zu sehen) geboren und aufgewachsen....aber dies nur am Rande.

Das Ding werd ich wohl nicht mehr in die Hände bekommen , aber vielleicht könnte noch Jemand versuchen eine zeitliche Ansprache in den Vermutungsraum zu werfen.
Es scheint nicht gegossen zu sein...da am Kopfteller , bzw im Inneren der Halskrause Drehspuren zu erkennen sind. Aber auch eine Kompositfertigung käme wegen der deutlichen Dreigliederung in Frage.
Seltsam auch, dass die einzig (außen) erkennbare "Nutzfläche"  (oben) keinerlei Abnutzungsspuren aufweist während sonst der Mohr sich allmählich  pigmentös meikldschäkksonnt.

Wer noch was vermutet....Danke!
Bis bald

Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.