Kerngerät mit Fragezeichen

Begonnen von neolithi, 02. November 2020, 19:45:23

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neolithi

Hallo Forum,

ich zeige ein Stück aus SH/ Ostseeküste, das mir ein bisschen Rätsel aufgibt. Auf der Fundstelle bisher Meso bis Bronze gefunden.
Im ersten Moment dachte ich "Oh, ein schönes Kernbeil". Denke ich irgendwie immer noch, aber zwei Aspekte irritieren mich:

1. Die geradezu schäbige Rückseite! Von dem dreieckigen Querschnitt ist nur die Oberseite bearbeitet (außer bei der Spitze).
  Wie soll das geschäftet worden sein?

2. Die von drei Seiten zugearbeitete Spitze. Ist es als Bohrer oder anderweitig Spitzgerät nachgearbeitet worden?

Bin gespannt auf eure Meinungen.
HG
neolithi

Steinkopf

#1
Moin neolothi,

Du hast ein sorgfältig hergestelltes und wohl noch unbenutztes Kernbeil gefunden.
Je länger, desto öfter hat es noch Potential für eine neue Schneide.
Die Maße wären noch interessant.

Die Bearbeitungsweise, bei der von einer wenig bearbeiteten (fast planen) Fläche die
Seiten geschlagen wurden, ergibt einen 'symmetrischen' Querschnitt - Nr. 144 PVP.
Übersetzung aus PVP S.98/ Nr:  144
"Schlanke, gut geschlagene Exemplare sind besonders zahlreich in der älteren Maglemosezeit.

Es gibt kaum Funde mit intakter Schäftung. Bei PVP FLINT ist auf S. 100 (Fig. 46)
Eine Schäftung in Hirschgeweih (1:3) abgebildet. Andere Funde von geschäfteten Stücken kenne ich nicht.
Die Geweihstangen der Hirsche  waren im Meso wesentlich dichter und dickerals heute, wie Funde belegen.
Trotzdem die sorgfältig gearbeitete Spitze ist schon  bemerkenswert.

Meinen Glückwunsch zu diesem Stück Vorgeschichte!!!

LG

Jan

Danske

Zitat von: Steinkopf in 02. November 2020, 21:20:03
Moin neolothi,

Du hast ein sorgfältig hergestelltes und wohl noch unbenutztes Kernbeil gefunden.
Je länger, desto öfter hat es noch Potential für eine neue Schneide.
Die Maße wären noch interessant.

Die Bearbeitungsweise, bei der von einer wenig bearbeiteten (fast planen) Fläche die
Seiten geschlagen wurden, ergibt einen 'symmetrischen' Querschnitt - Nr. 144 PVP.
Übersetzung aus PVP S.98/ Nr:  144
"Schlanke, gut geschlagene Exemplare sind besonders zahlreich in der älteren Maglemosezeit.

Es gibt kaum Funde mit intakter Schäftung. Bei PVP FLINT ist auf S. 100 (Fig. 46)
Eine Schäftung in Hirschgeweih (1:3) abgebildet. Andere Funde von geschäfteten Stücken kenne ich nicht.
Die Geweihstangen der Hirsche  waren im Meso wesentlich dichter und dickerals heute, wie Funde belegen.
Trotzdem die sorgfältig gearbeitete Spitze ist schon  bemerkenswert.

Meinen Glückwunsch zu diesem Stück Vorgeschichte!!!

LG

Jan

Moin Jan,

da du auf die sorgfältig gearbeitete Spitze hinweist:

Lässt sich das schöne Stück eindeutig von einer slankt spidsvåben oder einer spidsøkse abgrenzen und wenn ja, woran machst du es fest?

LG Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Steinkopf

#3
Hallo Holger,

das Nackende könnte in die genannten Kategorien passen, wäre nicht die perfekte Schneide des Kernbeils mehr überzeugend.

Tatsache ist, dass die spitz zulaufenden Geräte in vielen Größen und Formen auftauchen - geschäftete Stücke sind nicht überliefert.
Diese Geräte bleiben rätselhaft.
PVP  grenzt es auch nicht klar voneinander ab. Er schreibt bei 145 Spidsökse (frei von mir übersetzt):
"Der Gebrauch ist unbekannt. Kann mit Kernbohrer und schlanker Spitzwaffe verwechselt werden."

Uns rezenten Suchern und Findern erschließen sich hier wohl nicht alle Werkzeuge der Mesolithiker.
Möglicherweise gibt es zukünftige Funde mit erhaltenen Schäftungen von der Unterwasserarchäologie.

Open end?

LG
Jan


neolithi

Vielen Dank euch beiden für die Antworten. Ich mache morgen noch mal ein Foto von dem breiteren Ende. Auf den bisherigen Fotos sieht es eventuell wie eine Schneide aus, aber das Ende ist wie abgebrochen oder noch nicht zugearbeitet. Einen Schneidenschlag kann ich nicht sehen.
Die Länge des Kerngerätes beträgt 16 cm.

Gute Nacht
neolithi

steinwanderer

Moin Neolithi,
Ich hab schon mehrere dieser Stücke finden können. Deins ist ein Prachtexemplar.
Ich gehe auch bei Deinem Stück davon aus, das die Spitze das Funktionsende ist.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

neolithi

Hallo Klaus, danke für deine Einschätzung.
Glaubst du denn, dass es geschäftet wurde?

Ich hadere immer noch mit den zwei lieblos fast unbearbeiteten Flächen. Sowohl für eine Schäftung als auch für ein Handwerkzeug hätte ich mir die unbequeme Kante weggenommen.

Hier noch die angekündigten Bilder.

HG
neolithi

Danske

Hallo neolthi,

egal, ob es sich bei deinem Stück nun um ein Kernbeil mit symmetrischem Querschnitt, ein Spitzbeil oder eine sog. schlanke Spitzwaffe handelt: Die Stücke waren alle geschäftet. In dem derzeitigen Zustand ist die Verwendung als Spitzbeil naheliegend. Allerdings kann aus dem Stück durch Schneidenschlag auch ein Kernbeil mit gewöhnlicher Schneide entstehen.

Auf jeden Fall ein außerordentliches Exemplar, Glückwunsch. :super: :Danke2:

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

neolithi

Danke! Ich halte es auch täglich mehrfach in den Händen, weil ich die bearbeitete Seite echt schön finde.

HG
neolithi  :winke:

neolithi

#9
http://deerbe.com/unt/54982-10___000j___a_raritt_spitzbeil_steinzeit_mesolithikum_feuerstein_maglemose_kultur.html

Habe ich beim Googeln gefunden. Sieht meinem von der Grundform her sehr ähnlich, finde ich.
HG

Fischkopp

Hallo neolithi,

ein wirklich schöner Fund. Habe ich so auch noch nicht gesehen und hätte auch nicht gedacht ein
Fabrikneues Beil zu sehen.
Danke fürs zeigen.

LG Fischkopp

Steinkopf

Hi neolithi,

Bei Deinem ersten Beitrag sind die Bilder 20201018_102747.jpg und 20201018_102750.jpg angehängt.
Bei beiden Fotos sehe ich eine perfekte Schneide.

Bei den später eingestellten Fotos sieht das Ende anders aus.  "Man müßte es in Händen halten" ?

LG
Jan

neolithi

Hallo Jan,
ja das sieht auf diesen beiden Fotos auch verwirrend und täuschend aus. Dass man auf diesen Bildern eine vermeintliche Schneide sehen kann, liegt an der Perspektive, welche auschließlich die bearbeitete Fläche zeigt.
Deshalb hatte ich auch in der zweiten Bilderrunde die Perspektive so gewählt, dass die beiden unbearbeiteten Flächen und der Dreiecksquerschnitt zu sehen sind. Dort sieht man auch, dass es keinen Schneidenschlag gibt. Zum Gebrauch bearbeitet ist nur das andere Ende, die Spitze.
HG
neolithi