Ein Siegburger Trichterhalskrug ....... tief im Dreck ......

Begonnen von thovalo, 25. April 2011, 21:16:31

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thovalo

 :-)

Notbergungen sind nicht einzuschätzen und eigentlich ging es Heute um schlichte Irdenware aus einer bekannten und immer wieder angerissenen Stelle.

Nach einigen Stunden Steine wälzen, Knochenlese (Speisereste) und dem Bergen sehr schlichter Irdenwaregefäßfragmente tauchte im umgelagerten Erdreich überraschend ein helles eiförmiges "Etwas" mit einem auffälligem Muster auf. ich habe dann mit sandverklebten Fingern einige Aufnahmen gemacht.

Der Korpus eines Siegburger Trichterhalskruges mit einem reich gegliederten Dekorfeld.
Das das Stück fast vollständig im Boden steckte, konnte in diesem Moment Niemand ahnen.

Die Höhe des Gefäßes beträgt 22 cm !

Der Trichterhals weist einen größeren Ausbruch auf und der Korpus ist beim Aufschlagen auf einen Stein auf einer Seite tief eingerissen. Dennoch handelt es sich um einen absoluten Ausnahmefund. Insbesondere solche Großformate von Trichterhalsgefäßen finden sich nur selten.

Das Gefäß ist weit von Siegburg weg verhandelt worden, datiert in die Zeit um 1550 und gehört zu einer Reihe von meist deutlich kleineren Trichterhalskrügen mit vergleichbaren floralen Rundauflagen, die als besonderes Merkmal einen Steg am Halsumlauf aufweisen.

lG  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

sludsen

Ein echt schöner Fund, danke für's zeigen!!!!  :super:
Ich bin immer wieder erstaunt, was du hier so präsentierst, toll!
Und auch die Dokumentation ist immer 1a, da lerne ich echt viel von. Das musste ich an dieser Stelle mal sagen. Weiter so! :-)

Wo war denn die Fundstelle, in einer Orstlage? So etwas zerstört der Pflug doch in Handumdrehen.

Der Krug kam so aus dem Boden? Auf den Bildern ist so ein tiefer Riss zu sehen.

insurgent

Sehr schönes Stück  :super:

Von so etwas träume ich auch immer im Bodenaushubsuchen.  :engel:
Meine Bodenfunde werden gemeldet

Storkianer


Grafschaft Mark

Tolles Stück!

Ich fand bisher immer nur die rillenverzierten Scherben des trichters!

thovalo

#5
Zitat von: sludsen in 25. April 2011, 21:21:22

Wo war denn die Fundstelle, in einer Orstlage? So etwas zerstört der Pflug doch in Handumdrehen.

Der Krug kam so aus dem Boden? Auf den Bildern ist so ein tiefer Riss zu sehen.


So geborgen und unter fliessenden Wasser gereinigt, mehr muss auch nicht sein!

Hier sind die meisten Städte immer wieder in Kriegen in Schutt und Asche gelegt worden und gerade diesen Ort hat es immer wieder mit voller Breitseite erwischt. Was an Zerstörungsschutt aus den bombardierten und zusammengefallenen Häusern zusammen gekommen ist wurde dann zusammen verworfen. Alles aus der jeweiligen Zeitebene wurde dann gezielt zusammen geklatscht. Weil hier wie doof gebaut wird geht dann immer wieder Vieles verloren und nur sehr sehr selten gelingt dann auch mal so ein Glücksfund.

Der Riss ist beim Aufschlagen und Ausschlagen des Randstücks entstanden.

lG  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

haasa2003

Lieber thovalo,

danke für die großartigen Fotos und herzliche Glückwünsche zu diesem
unglaublichen Fund.
Ich kann kaum ermessen, welche Glücksgefühle Dich beim Bergen dieses
großen Trichterhalskruges mit seinen wundervoll fein gearbeiteten floralen
Auflagen ergriffen haben müssen.

Winfried


Je länger man lebt,
desto deutlicher sieht man,
daß die einfachen Dinge
die wahrhaft größten sind.

Romano Guardini, 1885 - 1968

thovalo

Zitat von: haasa2003 in 25. April 2011, 22:31:35
Lieber thovalo,

danke für die großartigen Fotos und herzliche Glückwünsche zu diesem
unglaublichen Fund.
Ich kann kaum ermessen, welche Glücksgefühle Dich beim Bergen dieses
großen Trichterhalskruges mit seinen wundervoll fein gearbeiteten floralen
Auflagen ergriffen haben müssen.

Winfried



Gar keine! Wirklich  :-)

Einfach "gesehen", "mitgeteilt" und mechanisch weiter gemacht.... sonst wäre ich einmal schreiend quer über den Platz und zurück gelaufen ..... bei dem knallvollem Getriebe der Menschenmenge drum herum wäre das zumindest peinlich gewesen.

Wirklich freue ich mich jetzt erst langsam, denn es war auch nicht klar ob das Gefäße bei dem Sprung noch den Transport voll mit Kieseln und Schlamm gefüllt übersteht. Aber es ist doch kompakt und ganz hier angekommen!

Diese fein ausgearbeiteten floralen Auflagen kommen immer wieder an Gefäßen mit Halsrille vor. Kannst Du das Motiv identifizieren? Ich meine es ist eine "Distel" nach der Literatur. Und zwar nach einer Vorlage von Aldegrever ... da muss ich mich noch durch wühlen. Vielleicht kennst Du diese Stücke oder findest du noch etwas dazu. Ich meine mich auch zu erinnern das in der Werkstatt der Familie Knüttgen Modeln mit solchen Auflagen gefunden worden sind.....

Auch die Höhe scheint mir für einen Trichterhalskrug vergleichsweise selten belegt zu sein!  :kopfkratz:

Dir glG  :winke:
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haasa2003

Hi thovalo,

es ist zwar schon sehr spät, aber dennoch möchte ich Dir hier auf die Schnelle eine Antwort auf Deine Frage
schicken.

Deine florale Auflage ist bekannt und im Bestandskatalog 2 des Landesmuseums Kommern als Fragment von
Elsa Hähnel gelistet. Hier wird diese Auflage unter der Nummer 1466 als Maureske, Motiv 4a beschrieben.
Motiv 4a wird kurz und bündig als "Beschlagwerkrahmen" definiert. (was auch immer das heißen mag)
Schön zu sehen ist bei deinem Krug der in dieser Auflage wiederkehrende geperlte Taustab.
Welche Pflanze hier zur zur Darstellung kommt, kann ich momentan nicht sagen, die Pflanzenornamente
sind mit ihren Blättern, Blüten und Ranken hier, wie bei den weiteren abgebildeten Mauresken, ganz stark stilisiert.

Zur Größe des Trichterhalskruges kann ich nur sagen, dass ich in den letzten 15 Jahren nur 3 Stück der Größe von 22 cm
im Handel persönlich gesehen habe. Zwei davon waren richtig teuer. Der preiswertere war dafür ganz stark verschlust.
Im gleichen Zeitraum habe ich von den üblichen 10 - 13 cm großen Trichterhalsbechern/krügen Hunderte gesehen.

Liebe Grüße Winfried




Je länger man lebt,
desto deutlicher sieht man,
daß die einfachen Dinge
die wahrhaft größten sind.

Romano Guardini, 1885 - 1968

thovalo

#9
Ich konnte mir damals nur einen der beiden Bände leisten und das war der ERSTE!
Daher Dir ganz herzlichen Dank für die Durchsicht!  :winke:


Bei Gisela Reinking von Bock, Katalog des Kunstgewerbemuseums in Köln findet sich eine kleinere gleichartige Auflage, nur schwer erkennbar auf dem Mittelfeld, auf einem 15 cm hohen Trichterhalskrug mit der Beschreibung:

"in der Mitte eine Distelrosette"
Nr. 175, S.192

Der Beleg im Kunstgewerbemuseum stammt, wie die meisten Funde, aus der Sammlung Lückger, Nr. 1368

Was die Größe betrifft, gibt es in der Kölner Sammlung nur die beiden berühmten Hochzeitsbecher mit vergoldeter Silbermontierung, die als Keramikgefäße (ohne die aufwendige Montierung) als Sonderanfertigungen für die Gräfin Anna von Delmenhorst-Oldenburg identifiziert werden können und das war es dann auch schon! Das lässt den Abnehmerkreis für diese großen Sonderformen erkennen.

Diese Großformate waren vielleicht aufgrund technologischer Anforderungen und insbesondere der empfindlichen Statik solcher voluminösen Gefäße keine Alltagsstücke. Je größer und dünnwandiger die Gefäße waren umso größer der Schwund von Feuchtigkeit und insbesondere auch die Gefahr von Rissen in den Auflagen, von Sprüngen im Gefäßkorpus und des starken unerwünschten "Verschlusen"!
Die Siegburger Keramik ist in der Stärke der Wandung und in den Formen (z.B. die "Schnellen") meist sehr robust und kompakt gestaltet.


Es handelt sich kunsthistorisch tatsächlich um eine aus der Zierform der Arabeske abgeleitete MAURESKE

"Eine Arabeske besteht aus ineinander verschlungenen Linien streng stilisierter Pflanzenranken. Der Name leitet sich aus der ursprünglich häufigen Verbindung mit arabischen Schriftzeichen ab. Die Arabeske entwickelte sich aus dem assyrischen Rankenornament.
Im 16. Jahrhundert kam sie mit der maurischen Kunst über Spanien nach Europa und wurde dort zu der klaren und einfacheren Form der Maureske umgebildet. Besonders eindrucksvolle Arabesken befinden sich in vielen Sälen der Alhambra in Granada
."

Zur Zeit der Herstellung des Gefäßes war die verzierende Darstellung schlichtweg "moderne Kunst" und offenbar hoch aktuell am Puls der Zeit!

Ich vermute mal VIRGIL SOLIS als den Künstler der diese Vorlage geschaffen hat:

"Unter seinen Ornamentstichen nehmen die Entwürfe für die Goldschmiede die erste Stelle ein. Eignen sich seine Laubwerkornamente, welche er 1553 in einem Werkchen: "Etlicher gutter Conterfektischer Laubwerck etc. etc." vereinigte für Treib- und Punzenarbeit, so lieferte er in seinen Mauresken, die mit wechselndem Titel als "Moriskher und Türckischer Einfacher und duppelter art Züglein" und später als "Außgetailt spiezen" in Buchform erschienen..."

..... auch Peter Flötner könnte noch in Frage kommen, denn dessen Vorlagen sind auch verwendet worden.

http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.meublepeint.com/images/mpeter-flotner-livre.gif&imgrefurl=http://www.meublepeint.com/mauresques.htm&usg=__PWwEwAT-71atTSTGIwA8n-Dz32M=&h=344&w=127&sz=23&hl=de&start=77&zoom=1&um=1&itbs=1&tbnid=w7_9Q8oeAHf1lM:&tbnh=120&tbnw=44&prev=/search%3Fq%3Dmauresken*virgil%2Bsolis%26start%3D60%26um%3D1%26hl%3Dde%26sa%3DN%26ndsp%3D20%26biw%3D996%26bih%3D641%26tbm%3Disch&ei=Jmy2TYzvCsSb8QPmrJUx



Vielen Dank für Deine Mühe, Hinweise und Anregung

glG  :winke:
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haasa2003

hi thovalo,

da Du, wie du sagst, den Band 2 nicht hast, will ich Dir gerne noch ein paar zusätzliche Infos
zu den Siegburger Mauresken geben, die in diesem Band zu finden sind:

"Diese Rundauflagen mit symmetrischen und spiegelgleichen stilisiert-pflanzlichen Ornamenten sind die jüngste Gruppe von Schmuckmotiven unter den Siegburger Rundauflagen. An Pullen und Trichterhalsbechern/krügen mit drei Rundauflagen sind sie nur sehr selten mit szenischen Darstellungen kombiniert, meist entweder mit plakettenartigen Rundauflagen, Arabesken und Rosetten, außerdem mit einer Wappenauflage auf dem Trichterhalsbecher Ohm/Bauer Nr.32.

Auf Pullen mit ungerahmten Auflagen, Wappenhaltertieren und Kobaltfärbungen sind Mauresken bisher nicht bekannt. Dagegen kommen sie auch noch als einzige mittlere Auflage bei jungen Trichterhalsbechern vor.

Nur wenige Maureskenmotive sind durch den sonst in Siegburg üblichen Blütenkranz gerahmt, vorherrschend ist die Rahmung durch glatte Rippen oder den geperlten Taustab, dieser ist nicht vor den 70iger Jahren in Siegburg nachweisbar.

Obwohl Kupferstichvorlagen mit Mauresken seit ca. 1540 bekannt sind, hauptsächlich von Hirschvogel, Solis und Flötner, lassen sich diese Motive in den Rundauflagen doch erst für die achziger und neunziger Jahre nachweisen."

Was Hähnel hier schreibt, lässt schließen, dass Dein herrlicher Krug wohl in den 70iger-80iger Jahren des 16. Jahrh. in Siegburg getöpfert wurde.

(Forschungsstand: 1992, Neuere Literatur zu diesem Thema besitze ich leider auch nicht.)

Hier möchte ich zur Unterscheidung der Maureke von der Rosette mit Kleinmeister-Vorlagen eine Auflage auf einer kleinen Siegburger Pulle aus meiner Sammlung vorstellen. Hier handelt es sich um eine doppelte Rosette mit konzentrischem Aufbau mit Mittelblüte und symmetrischen Ranken im Außenkreis.
Dargestellt ist in einem Kranz die Distelblüte in verschlungenem symmetrischen Aufbau, wie er bei dem Kleinmeister-Laubwerk zu finden ist.

Solche Darstellungen lösten in den 80iger Jahren des 16. Jahrhunderts die szenischen Darstellungen ab und galten zu dieser Zeit als hochmodern.
Sucht man nach Vorlagen solcher Kleinmeisterornamente, wird man meist bei Heinrich Aldegrever fündig, jedoch kommt auch Cornelis Bos in Frage.

Liebe Grüße Winfried





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Romano Guardini, 1885 - 1968

thovalo

#11
Lieber Winfried,
bin immer wieder von Deiner Sammlung tief beeindruckt, die schöne, seltene und stets bemerkenswert anschauliche Stücke enthält!

Herzlichen Dank insbesondere auch für Deine Mühe und das Zitieren der Ausführungen von Hähnel.

Heute Morgen hatte ich nicht allzu viel Zeit mich mit dem Fundbeleg von Gestern weiter auseinander zu setzen.
Doch kam ich schon auf die Spur, das es sich bei Gefäßen mit "Maureskendekor" um in ihrer Zeit tatsächlich hoch "moderne" Schaustücke gehandelt hat.

Zuerst war ich sehr erstaunt und etwas "enttäuscht", dass eine solche Großform keinen "Figurenzyklus" aufweist.
Doch jetzt bin ich fasziniert, weil der Krug zusätzlich zur ungewöhnlichen Größe auch eine besondere kunsthistorische Eigenheit und Entwicklung repräsentiert, denn die Mauresken gelten als die früheste Vorstufe zur Ausprägung und Entwicklung des sehr viel späteren "Jugendstils".

Ich habe einige weitere Bilder geschossen. Zunächst von einem Trichterhalskrug der die Blüte auf Deiner Pulle wiederholt und dann von einem Trichterhalskrugfragment mit Arabesken, von denen eine das Distelblütendekor aufweist.

Gestern fand sich auch das kleine Fragment mit Schriftzug einer Schnelle ......

Und zuletzt habe ich den Neufund neben zwei der Trichterhalskrüge in regulären Format gestellt.
Der Größenunterschied wird dabei deutlich.

lG  thomas    :winke:
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thovalo

Ich fand grad diesen link mit einer guten kurzen Übersicht zur Produktion Siegburger Steinzeugs des 16. Jhs.

http://www.blattwelt.de/siegburger_blaetter/nr_12_toepfer.pdf

lG  :winke:
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haasa2003

lieber thovalo,

mir geht's genau so mit den Bildern Deiner Scherben und Gefäße. Aus Deinen Ausführungen konnte ich bisher
manches lernen. So erinnert mich die Rose auf Deinem ersten Bild des kleinen Trichterhalskruges an unseren Diskurs
in die Emblematik (Lippische Rose). Mit dem damals Dazugelernten betrachte ich heute die Modeln auch unter dem
Gesichtspunkt eventuell versteckter Emblematik.

Zu den beiden Scherben mit den Arabeskenauflagen: die erste Scherbe zeigt das (von Köln stammende) häufig anzutreffende
Eichenlaub mit Eicheln, die zweite Scherbe zeigt meines Erachtens ein Hopfenranken/blüten Dekor.

Hochinteressant ist die kleine Scherbe einer Siebgurger Schnelle.
Sie zeigt einen Teil eines Frauenkopfes. Zu lesen ist: ?RTTICHEIT.

Wahrscheinlich ist diese Scherbe von einer Schnelle, die das Laster der Hoffart zeigte.
Die kaum (Sex sells) oder wenn, dann antikisch gekleidete Dame wurde dabei mit Flügeln dargestellt, und einen kleinen Teil eines Flügels
kann ich sehen.
Eine Allegorie auf das Laster der Hoffart.
Die mir, bei kurzer Durchsicht der Literatur, verfügbaren Schreibweisen der Hoffart lauten auf Siegburger Steinzeug:

HOFFERT
HOFFARTICHEIT  (Deine Scherbe hat noch ein zusätzliches "T")
HOFVERTICHIT
HOFFER TICKEIT
HOFERDIGH

und das sind bestimmt noch nicht alle Schreibweisen.

Deine Querverbindung Maureske zum Jugendstil ist faszinierend. Das ist mir bisher noch nicht in den Sinn gekommen und es lohnt
sich, darüber weiter zu forschen. Toll!

Vielen Dank für den Link nach Siegburg und viele Grüße

Winfried



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Romano Guardini, 1885 - 1968

thovalo

Die HOFFART ist die einzige Allegorie die mir bislang eingefallen ist.
Besonders kreativ historisch sprachschöpfend finde ich die GÜLICHKEIT
oder die positive Eigenschaft DE LIEFDE (eine Frauendarstelllung die zwei Kinder behütend in den Armen hält).

Leider sind inzwischen ungezählte der hier gefundenen Reliefkeramikfragmente beim LVR inventarisiert und daher nicht mehr erreichbar um sie Euch noch zeigen zu können.

Wenn neues Material zusammen kommt werde ich erst knipsen und dann einreichen!

Den Hinweis der kunsthistorischen direkten Beziehung der frühen Mauresken der Renaissance zum Jugendstil habe ich einem Kunstportal im Internet entnommen.



lG thomas  :winke:
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thovalo

#15
 :-)

Ich hab mich inzwischen kundig gemacht ob sich das ornamental fein umgesetzte florale Motiv des schönen Kruges auch botanisch auflösen lässt! Es scheint, das es sogar sehr gut möglich ist!

Es handelt sich sehr wahrscheinlich um eine Variante der Gattung CLEMATIS (Hahnenfussgewächse).

Clematispflanzen wurden bereits im 14. und 15. Jh. in Herbarien erwähnt.
Im 16. Jh. gelangten verschiedene exotische Varianten nach Europa und wurden in Gärten kultiviert.

Im arabischen Kulturkreis hatte sich zu dieser Zeit bereits eine regelrechte BLUMENSPRACHE herausgebildet in der die CLEMATIS die "Schönheit des Geistes" repräsentiert hat. (Weitere Bedeutungsinhalte waren: Schutz; Halt; tätiges Miteinander).

Die "Schönheit des Geistes" ist ein zentrales Thema der Gebildeten und Humanisten in der Zeit des 16. Jhs.


Somit stimmt hier wohl insbesondere der Satz:
"durch die Blume gesprochen"!  


glG thomas   :winke:


PS: die nach Aussen strebenden Fortsätze sind schlicht und einfach noch nicht geöffnete Knospen!

PPS: die in der älteren Keramikliteratur erfolgte Aufschlüsselung des Motivs als "Distel" basiert auf profunden NICHTWISSEN der bearbeitenden Historikerin. Hätte dem Berufsstolz ja nicht geschadet auch einen Botaniker mit zu Rate zu ziehen!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.