Keramikscherben, Ackerlesefunde aus Niedersachsen.

Begonnen von sludsen, 27. Juli 2010, 18:54:25

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sludsen

Hiho!

Wie hier versprochen ein kleines ,,Best of" meiner gefundenen Stücke.

Nachdem ich nun aber gesehen habe was Ihr anderen hier so postet muss ich das ein wenig relativieren mit dem ,,Best of".
Im Vergleich zu anderen hier geposteten Keramiken, bzw. Scherben stinkt mein Kram echt ab.
Keine Verzierung, Scherben bestenfalls 4x4cm, kaum Farbmuster oder dergleichen.... ganz zu schweigen von Schriftzügen, Wappen oder gar Bartmännern, alles nicht vorhanden.

Dennoch bin ich stolz drauf, sind die Scherben doch mein Link in die örtliche Vergangenheit. Außerdem hat der (freiberuflich tätige) Stadtarchäologe bereits Interesse bekundet und möchte die Scherben gerne archivieren. Da aber die hiesige Stadtgemeinde beschlossen hat den Haushaltsposten ,,Archäologie" auf € 0,- zu setzen und besagter Archäologe nicht umsonst arbeitet weiß ich nicht, wann er meine Scherben anschauen wird.

Ich hätte gerne (quasi vorab) schon mal Eure werte Meinung gehört.
Ich glaube größtenteils graue Irdenware zu erkennen, also hoch-, spätmittelalterlich, dazu noch die glasierten Stücke die ich in die frühe Neuzeit datieren würde, so 16. – 18. Jahrhundert.

Unten findet Ihr die Bilder,
hier die einzelnen Beschreibungen:
Bild_1:
Schnappschuss gesammelte Werke, alles eine Fundstelle von ca. 1-2 Morgen.
Bild_2:
Tülle einer Kanne. Auf dem Foto schlecht zu erkennen, an einer Stelle haftet noch ein klein bisschen Glasur an.
Bild_3:
Henkelreste, es handelt sich um Bruchstücke mehrerer Henkel.
Bild_4:
Glasiertes Teil eines Henkelstücks von der Gefäß(innen)seite.
Bild_5:
Zwei Grapenfüße.
Bild_6:
Die gleichen Grapenfüße, nur ist hier beim linken Fuß die Glasur der Grapeninnenseite zu erkennen.

sludsen

...und Teil 2  :-D :

Bild_7:
Graue Irdenware. (.....oder?). Oben Randstücke.
Bild_8:
Profil eines Randstückes.
Bild_9:
Mehrere Randstücke
Bild_10:
Glasierte Keramikscherben.
Bild_11:
Glasierte Keramikscherbe mit Blumenmotiv?
Bild_ 12:
Zwei Glasscherben, die linke scheint deutlich älter als die rechte zu sein...
Bild_13:
...und zu guter letzt meine besonderen Schmuckstücke, zwei Dachziegel vom Typ ,,Mönch-Nonne", gefunden im Bereich einer Landwehr (Wartturm) bei uns im Wald.

thovalo

#2
Das ist eine bunte Mischung vom hohen Mittelalter bis in das 17./18. Jh., ein SCHERBENSCHLEIER der, auch wenn er von mehreren Fundstellen stammen sollte, für Deinen Ort wohl das Spektrum der Siedlungstätigkeiten abdeckt!

LG  thomas


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Levante

Hallo,

also deine Tülle dürften wir wohl als Keramik pingsdorfer Art deklarieren und ins 12. oder 13. Jahrhundert einordnen.

Diese Ware ist auch bei uns in Nordhessen recht typisch. Anfangs noch Importe aus dem Rheinland ,die aber recht bald in eigenen, ländlichen Töpfereien hergestellt wurde.

Die Blaugraue Ware würde ich auch ins 12.- 13. Jahrhundert stecken.

Die Scherbe mit den 3 Linien könnte nach näherer Betrachtung als Werrakeramik durchgehen, und ist somit von ca.von 1590 bis 1637 zu datieren.

Auf die weiteren Scherben möchte ich hier nicht eingehen.
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

sludsen

"Scherbenschleier" trifft es irgendwie sehr genau, den Zeitraum 12.-18. Jhdt habe ich auch vermutet und passt somit auch in die (legendäre) Ortsgründungszeit.
An dem Fundort ist keine Wüstung bekannt, was zwar nichts heißen mag, aber ich vermute, dass die Funde mit dem Hofmist auf's Feld gekommen sind.
Oder als Bodenaushub: in der Nähe wurde in den 60ern nach einer Flurbereinung ein Graben zugeschüttet der dort über Jahrhunderte verlief.
Hmm, vll kann ich herausfinden woher die Erde genommen wurde mit der der Graben verfüllt wurde...
Oder kann der Graben einen Teil der Scherbenfunde angeschwemmt haben???

@ Levante
Pingsdorfer Keramik?
Wau!
Das ist ja mal ein Begriff mit der gemeine Archäologe etwas anfangen kann  :-)
Woran genau machst Du die Einordnung fest, was ist das bestimmte Merkmal?
Kannst Du mir vll einen Link zum Thema empfehlen?
Die Scherbe mit den drei Linie ist nicht die einzige dieser Art die ich gefunden habe, da sind noch 3-4 weitere mit sehr ähnlichem Muster und fast gleicher Farbgebung. Schade, dass es keine Buchstaben sind, das liese sicher eine bessere Einordnung zu.
Naja, aber was nicht ist kann ja noch werden  :-D

Levante

Moin,

nein nicht Pingsdorfer Keramik, sondern nach pingsdorfer Art.

Hier mal ein sehr ähnlicher Scherben direkt aus Pingsdorf.

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,37815.0.html
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

sludsen

Die Ähnlichkeit ist in der Tat sehr groß. Allerdings befindet sich wie gesagt ein klitzekleiner Rest einer gelb-grünlichen Glasur an  der Tülle, was ja nun nicht mit pingsdorfer Keramik zu vereinbaren ist...
ich versuche mal ein Foto der Stelle zu machen und zu posten, vll irre ich mich ja auch.
mfg

sludsen

Hier nun das versprochenen Foto; hat leider nicht gut geklappt, Ihr könnt ja mal schauen, ob Ihr (im Kreis) was erkennen könnt.
Auch wenn auf dem Foto die markierte Stelle gelb-bräunlich wirkt ist es mit bloßem Auge mehr als eine gelb-grünliche Glasur zu erkennen.

Meine abschließende Frage wäre dann, ob trotz der anscheinend vorhanden gewesenen Glasur man die Tülle weiterhin als Pingsdorfer Art ansprechen kann oder ist das jetzt ausgeschlossen?
Und kann eine Keramik unter der Glasur genau so aussehen wie Pingsdorfer Keramik, bzw Keramik Pingsdorfer Art?
Danke nochmal für Antworten.
:-)

thovalo

#8
NEIN, man kann dann absolut nicht von "Pingsorfer Art" sprechen, denn die war im Dekor mit Tonschlicker ("Engobe") farblich dekoriert.

Ein Fragment, dass Heute abgeplatzt glasiert ist, wäre als ein neuzeitliches Gefäßfragment anzusehen! Die neuzeitliche Keramik ist auch oft hell oxydierend gebrannt, sodass zumindest auf Bildern eine gewisse optische Nähe zur Warenart der Keramik "Pingsdorfer Art" möglich erscheinen kann!

GlG  thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Levante

Hallo,

da muss ich mich wohl demütigst verbeugen und dem Thomas zustimmen.  :schaem: :schaem: :schaem:
Nicht nur ein Scherben (Keramische Fragmente) Sucher sondern auch ein Scherben (Keramische Fragmente) Finder. :-)

sludsen

Oke, das räumt letzte Zweifel (und eine kleine Hoffnung....) aus.
Danke Euch!
:danke:

Kunckel

Hallo,
zu den beiden Glasscherben einige Anmerkungen. Zunächst bitte ich dich, von der augenscheinlichen Waldglasscherbe die Rückseite zu photographieren, um zu erkennen, um was für ein Gefäß es sich gehandelt haben könnte. Links die >Scherbe ist Waldglas, rechts entfärbt, also Braunstein wurde eingesetzt um die grüne Farbe zu entziehen und das Glas "Farblos" erscheinen zu lassen. Waldglas wurde schon im 12.Jahrhundert gefertigt, bis ca. 1745, entfärbetes Glas war teuer, weil man dem Waldglas zum Entfärben Braunstein zugesetzt hat, gab es aber auch schon ab dem 13./14.Jahrhundert, die Blütezeit war von 1550-1750. Sonst schwer einzuordnen.
Lieben Gruß aus Schleswig-Holstein. Bitte noch mal um die Photos der "anderen" Seite der Aufnahme
Peter alias Kunckel
Carpe Diem und wie passen Glas und Gewichte zusammen ?

sludsen

hier die Foto's, ich hoffe sie reichen...
schöne Abend noch,
Gruß
Sludsen

sludsen

/push  :dumdidum:

Kann wer was zu den mutmaßlichen Waldglasscherben sagen?
Kann man das Alter ein wenig eingrenzen?

Auf dem Foto im ersten Beitrag sieht man an der grünlichen Scherben den Rest einer Art Henkelanbringung,
zu welcher Art Gefäßen kann die Scherbe einst gehört haben?