winziger Beschlag

Begonnen von spline, 20. Juni 2010, 12:24:10

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spline

Hallo liebe Leute.
Suche nach Dingen der Römerzeit.
Hier mal ein winziges Beschlagteilchen.
Kann jemand was dazu sagen?

Viele Grüße
Peter

chabbs

Ja. Es ist ein Beschlag. Möglicherweise (je nach Fotodeutung...) mal feuervergoldet gewesen.

Schwer zu bestimmen.


Die Form taucht zumindest auch im Hochmittelalter auf. Ein Dreiecksschild, vielleicht Sonderform Normannischer Schild. Aber da kann das Foto täuschen.


Larry Flint

#2
... ich habe ähnliche schildförmige Beschläge schon mal an Zaumzeug (und Gürteln?) des 13./14. Jahrhunderts gesehen - der Typologie des Schildes nach zu urteilen, tendiert das eher in Richtung späteres 14tes...

... ob das hier aber einer ist, mag ich nicht beschwören, kann aber gut sein...

:winke:

Larry

PS: Die typisch "normannische" Schildform, der sog. Kite-Shield, ist - zumindest in seiner frühen Form - oben rund und nach unten ziemlich langgezogen, also mandel- bzw. umgekehrt tropfenförmig - die Teile datieren jedoch ins 11. Jahrhundert. Man kann die Dinger z.B. auf dem Wandteppich von Bayeux bestaunen...
PPS: Bin wohl damit gerade zum "Grafen" befördert worden - also denn... Graf Larry I. :-D

spline

 :zwinker:
Danke euch beiden für die Antworten.
Ich glaube das ding ist aus Messing. Die Schramme stammt wohl von meiner Schaufel :peinlich:
Gibt es zu solchen Teilen irgendwelche Beschreibungen?

stratocaster

Ich kann Larry Flint nur zustimmen.
Das ist zwar ein Beschlag und kein Anhänger, aber sieh trotzdem mal hier
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,29342.0.html
und hier
http://www.theinterestingshop.com/pages/heraldicpendants.html

Gruß  :winke:
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

spline

 :huepf3: :huepf3:

Wenn Ihr Recht habt, dann ist das mein bislang ältestes Teilchen!!

Danke stratocaster für die Links. Beim ersten sehe ich leider kein Zusammenhang...?   :kopfkratz:

Viele Grüße
Peter

p.s. Ach Larry, Danke nochmal für die Infos. Meine Tochter (8) wollte gestern eine Erklärung für dein Profilfoto... gibt es eine? :zwinker:

chabbs

Wow, Graf Larry!
:winke:


Na, ob man die Beschläge- wie ich ja oben schon schrieb- direkt zeitlich einordnen kann, ist m.E. fraglich.

Die Form des norman. Schildes ist alt, ja. Aber eben auch gebräuchlich bis deutlich ins HMA oder die FNZ. Als Beschlag ohne Zusammenhang und ohne Ornamentik würde ich vorsichtig Hoch- Spätmittelalter datieren.

Larry Flint

#7
Zitat von: spline in 21. Juni 2010, 07:26:19
[...] Meine Tochter (8) wollte gestern eine Erklärung für dein Profilfoto... gibt es eine? :zwinker:

... klar: Der Onkel zeigt gerade auf, weil er gerne etwas sagen möchte...
... vielleicht will er der Mamma aber auch nur zeigen, dass er einen Krampf im Finger hat... :-D

@Chabbs:

... nu' folgt ja auch die mittelalterliche Rüstung - ganz ähnlich wie die zivile Kleidung dieser Epoche - einer, wenn man die Quellen genauer betrachtet, doch recht schnelllebigen Mode und passt sich stets den Erfordernissen ihrer jeweiligen Zeit an.

Dies betrifft denn u.a. auch die Schildformen.

So ist denn auch - zumindest was die Nutzung als Schutzbewaffnung für Reiter angeht - mit dem sog. "Normannenschild", wie man ihn z.B. auf dem Wandteppich von Bayeux sieht, gegen Ende des 12. Jahrhunderts Feierabend (... zumindest nördlich der Alpen - in Italien taucht er wohl auch noch vereinzelt im 13. Jahrhundert auf...). Dies hängt wohl v.a. mit der Umstellung der schweren Reiterei auf die sog. Stoßlanzentechnik zusammen, die genau in diesem Zeitraum erfolgt. Denn bei dieser neuen Kampftechnik erweist sich diese alte Schildform als ziemlich hinderlich . Diese Anpassung an die neuartige Taktik betrifft darüber hinaus die ganze Ausrüstung eines schweren Reiters bzw. "Ritters" jener Zeit und ist - den Quellen nach zu urteilen - um 1300 abgeschlossen (... was die vollständige Panzerung von Körper und Gesicht angeht - später geht's dann mit der Entwicklung der Plattenpanzerungen bis etwa 1500 lustig weiter...).

Kurz: Die Waffenkundler sind sich ziemlich einig, was die Datierbarkeit von Schildformen angeht.

Tropfenförmige Schilde des Spätmittelalters oder gar der Frühen Neuzeit sind mir - zumindest was deren tatsächliche Anwendung bzw. Verbreitung in Zentraleuropa angeht - unbekannt.

Entfernt ähnliche Schildformen kenne ich allenfalls aus antikisierenden Darstellungen der Spätgotik (... soweit hier überhaupt historisierende Darstellungen anzutreffen sind...) und der Renaissance.

Falls dir aber Belege für derart späte Schilde des normannischen Typs bekannt sein sollten - immer her damit, da wär' ich unbedingt dran interessiert!

:winke:

Graf Larry I.




Harkonen

Zitat von: Larry Flint in 21. Juni 2010, 17:46:16
... klar: Der Onkel zeigt gerade auf, weil er gerne etwas sagen möchte...
... vielleicht will er der Mamma aber auch nur zeigen, dass er einen Krampf im Finger hat... :-D

Hallo Harry,
dann lag ich ja mit meiner Interpretation des Avatars völlig daneben,

ich war doch wirklich guten Glaubens, dass Larry bei der Rollstuhlsuchfahrt auf dem Acker den Fingern zwischen die Speichen brachte. :winke:

Gruß
Harkonen

chabbs

Lieber Larry :winke:,

Waffentechnik und -kunst sind nicht mein Hauptgebiet. In der Sphragistik könnte ich Dir einige Beispiele für die Langlebigkeit geben. Aber das mag eine Sonderform sein, da es dort ja um Tradition, Glaubwürdigkeit, Altehrwürdigkeit ging.

Dort würde ich die Verbreitung der Dreieckschilde, Typ norm. Schild schon in die Zeit bis zum 15. Jhdt. sehen.

Soll ich Morgen ein paar Beispiele posten?

Larry Flint

... ja, mach' ma'!

Aber: Dreieckschild und Normannenschild sind in typologischer Hinsicht zwei völlig verschiedene Schluppen, das ist dir hoffentlich klar, oder?

Abgesehen davon ist im 15ten der Dreieckschild auch schon völlig out...

:winke:

Larry

stratocaster

Zitat von: Larry Flint in 21. Juni 2010, 22:46:16

Abgesehen davon ist im 15ten der Dreieckschild auch schon völlig out...


Nö, erst im 16 JH;
im 15. JH haben wir die Wandlung von der spitzen zur mehr runden Form

Gruß  :winke:
Das Sucherforum dankt all denen,
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und dennoch geschwiegen haben !

Larry Flint

Zitat von: stratocaster in 22. Juni 2010, 11:52:19
[...] im 15. JH haben wir die Wandlung von der spitzen zur mehr runden Form [...]

... und eben darum ist er dann auch nicht mehr "dreieckig".

... aber immer her mit den Belegen für Normannen- und Dreieckschilde des 15. Jahrhunderts!

Ich bin - wie gesagt - sehr daran interessiert!

:winke:

Larry

stratocaster

Nach Wolfhard Vahl (Hessisches Staatsarchiv Marburg):
"Mit regionalen zeitlichen Verschiebungen vollzog sich im Siegelbild die Entwicklung vom Dreiecksschild zum Halbrundschild in der 1. Hälfte des 15. Jh., vom Halbrundschild zur Tartsche in der 2. Hälfte des 15. Jh."

Gruß  :winke:
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Storkianer

Graf Larry!
Herzlichen Glückwunsch :smoke: :prost: :winke:

Larry Flint

#15
Zitat von: stratocaster in 22. Juni 2010, 13:19:09
Nach Wolfhard Vahl (Hessisches Staatsarchiv Marburg):
"Mit regionalen zeitlichen Verschiebungen vollzog sich im Siegelbild die Entwicklung vom Dreiecksschild zum Halbrundschild in der 1. Hälfte des 15. Jh., vom Halbrundschild zur Tartsche in der 2. Hälfte des 15. Jh."

Gruß  :winke:

Um's mal mit Achill alias Brad Pitt in der schrulligen Troja-Verfilmung zu fragen:

Ist das wirklich alles?

... abgesehen davon, dass das ein Beleg aus der Sphragistik (... aber das kann man ja getrost gelten lassen, obwohl das kaum etwas über die tatsächliche Verwendung dieser Schildform aussagen muss - und darum ging es mir ja eigentlich...) ist und der Mann offensichtlich auf abenteuerliche Weise die Tartsche vom "Halbrundschild" herleitet, sehe ich da eigentlich keinen Widerspruch zu meiner oben gemachten Behauptung, dass der Dreiecksschild im 15ten "out" ist. :kopfkratz:

... denn, falls du's überlesen haben solltest: Der Archiv-Onkel spricht ja von "regionalen, zeitlichen Verschiebungen", was im Klartext ja wohl nix anderes heißt, das irgendwo in Hintertupfingen noch vereinzelte Adelsvertreter zu Beginn des 15ten einen Dreieckschild in ihrem Siegel führten.

Und jetzt frag' dich ma': Warum ändern die letzten heraldischen Hinterwäldler wohl zu Beginn des 15ten die Schildform auf ihren Siegeln?

Nebenbei: Ganz vereinzelt lief man ja wohl auch noch im späten 15ten mit einer Hundsgugel rum (... ich hätte da noch irgendwo einen Beleg aus der Verlustliste einer Belagerung...) - trotzdem war diese Helmform zu dieser Zeit völlig "out".

Etwa dasselbe dürfte z.B. auch für vereinzelte Volksempfänger gelten, die womöglich heute noch in den Kemenaten hinterpommerscher Bauernhöfe vor sich hin plärren - und ein "Chaplin-Bärtchen" (... um's mal unpolitisch zu bezeichnen) ist wohl hinsichtlich der Bartmode auch nicht mehr gerade der letzte Schrei (... obwohl ich justament heute noch einen mit so einem Teil in der Fresse in der Bahn bestaunen durfte...), um mal andere Beispiele anzuführen.

Falls dir noch was konkretes einfällt, bitte ich höflichst um Aufklärung.

:winke:

Larry (... der's jetz' aba ma' genau wissen will...)

PS: Könnte es sein, dass dir der "Klumpen" irgendwie immer noch schwer auf die Psyche drückt? Aber lassen wir das - schließlich wollen wir sachlich bleiben...
PPS: ... und für unsere Leseschwachen: Nein, ich werfe hier niemandem eine nationalsozialistische Gesinnung vor - allenfalls ich müsste mir im Rahmen dieser Diskussion eingestehen, so etwas wie - um es mal "salopp" zu formulieren - ein "Quellennazi" zu sein...
... aber damit kann ich leben. :-D

chabbs

Wie gesagt, Waffenkunde und dergleichen sind nicht meins... mit ein paar Belegen aus der Sphragistik könnte ich dienen.

Dabei ist, wie Du ja auch schon festgestellt hast, das Modeempfinden wahrscheinlich eher zu vernachlässigen. Dafür geht es um altehrwürdige Wappendarstellungen. Da konnteste nicht ma´eben den neuesten Trend der Schild-...ähhh.. Couture mitmachen!  :belehr:


Bei den Typaren ist es auch so, dass sich die Darstellung verlagert, zumindest bei den hinterwäldlerischen Westfalen. Waren zunächst die Typare selbst in der normannischen Schildform, wird später das Typar selbst rund, und nimmt das Schild mit auf die Siegeldarstellung.

Hier für die Familie eines westf. Drosten.
s.u.

chabbs

Übrigens auch wichtig zu erwähnen, dass es in der Sphragistik keine einheitliche oder stringente Entwicklung gegeben hat. Man muss von vielen Anachronismen und Gleichzeitigkeiten ausgehen!

Unten noch mal ein sehr später Beleg. Um 1470.


Im Übrigen wäre ich sehr interessiert an Beiträgen zur Allgemeinen Schildkunde. Würde mir für die Typare weiterhelfen.

Larry Flint

#18
@Chabbs:

Danke für die Bilder.

Nun zeigen die Typare hier ja allesamt sog. Dreieckschilde (keine Normannenschilde) und stammen - bis auf zwei Ausnahmen aus dem 14ten Jahrhundert.

Was die Ausnahmen betrifft:

Was das Droste-Teil von 1410 betrifft, so zeigt dieses eine um diese Zeit in der Praxis völlig veraltete Ausrüstung. Insofern passt der abgebildete Kübelhelm durchaus zur Schildform, ist jedoch in der Realität schon um 1350 vollständig durch die Beckenhaube verdrängt worden.

Nun zeigt das Typar von 1470 tatsächlich auch noch eine dreieckige Schildform (... was für ein pöhser, pöhser Ausreißer :-D) - allerdings findet sich die  Form eines dreieckigen Schildes z.B. auch noch in der Gestalt von sog. "livery-badges", also wappenähnlichen Zeichen, die ihren Träger z.B. als Angehörigen eines bestimmten Adelshaushaltes ausweisen. Mir ist da z.B. ein englisches Exemplar aus Zinn mit dem Georgskreuz aus dieser Zeit bekannt (an dessen Rand auch noch ein Kübelhelm pappt), welches wohl als Aufnäher getragen wurde. Von daher zeigt das eigentlich nur, dass sich eine zu dieser Zeit längst nicht mehr gebräuchliche Schildform quasi als Symbol verselbständigt hat.

Als Schutzbewaffnung war die aber - längst - out.

Was Literatur zur Schildentwicklung angeht, sieht es eher mau aus:

Der gute alte Wendelin Boeheim (Handbuch der Waffenkunde. Leipzig 1890), auf den sich tartschenmäßig der o.g. Herr Vahl wohl bezieht, ist mit seinen nunmehr 120 Jahren auf dem Buckel nicht mehr wirklich auf dem Stand der Gegenwart - ähnliches gilt für den mit 150 Jahren noch betagteren John Hewitt (Ancient Armour and Weapons in Europe. Oxford und London 1860. 3 Bde.), der aber zumindest eine Fülle von Nachzeichnungen diverser zeitgenössischer Grabplatten und Illustrationen bietet.

Auch nicht erschöpfend, aber immerhin eine gute Zusammenfassung bis 1350 bietet Jan Kohlmorgen (Der mittelalterliche Reiterschild. Waldmichelbach 2002), ansonsten schneidet Ulrich Lehnart die Kiste in seiner Reihe "Kleidung & Waffen" (4 Bde. - angefangen von der Früh- bis zur Spätgotik, Waldmichelbach 2001- 2008) immer wieder mal an (... dabei möchte ich unbedingt anmerken, dass die letztgenannten Publikationen - im Gegensatz zu manchen anderen dieses Verlages - durchaus seriös sind).

Kurz gesagt: Die Geschichte des Schildes ist ebensowenig geschrieben wie die des Harnischs - eins ist aber jetzt schon ziemlich klar:

Der Dreieckschild ist im 15ten Jahrhundert völlig out.

... es sei denn als Symbol, aber als das ist er ja bis heute noch quicklebendig.

:winke:

Larry