kleines gepicktes

Begonnen von Marienbad, 12. Januar 2010, 22:52:27

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Marienbad

Hallo Leute,

diesen flachen, ovalen und 6 x 5 x 2,8 cm großen Stein hatte ich im Nov. 08 auf einem
neolithischen Siedlungsplatz gefunden. In der Mitte zeigen sich Pickmale, sie sind fast
kreisrund. Die so geschaffene Mulde misst im Dm. 11 mm
Gestern habe ich das gute Stück wiederbekommen, es war in Schleswig zum Zeichnen usw.
Die Fachleute wissen nichts was die Nutzung angeht, nur das es eine eingepickte Mulde
aufweist. :kopfkratz:    (so schlau war ich auch schon)
Ich denke es hätte ein Bohrer-Lager werden können !!  Was meint ihr ?

Gruß und Danke 
                      Manfred




   



Der Wikinger

Hallo Manfred !  :-)

Bohrerlager wäre natürlich eine Möglichkeit !
Es könnte aber auch ein nur grade angefanger Keulenkopf sein, so wie hier:

http://www.flickr.com/photos/liliancvu/264786120/

:winke:

Larry Flint

Zitat von: Der Wikinger in 12. Januar 2010, 23:51:37
Es könnte aber auch ein nur grade angefanger Keulenkopf sein, so wie hier:


... wirkt für mich als die Vorarbeit zu einer Scheibenkeule ein bisschen zu klein bzw. zu leicht, soweit ich das vom Foto rückschließen kann. Ich kann mich da aber irren, da ich nur eine handvoll besagter Artefakte kenne. Die, die ich gesehen (und angefasst) habe, waren jedoch allesamt etwas gewichtiger und somit wuchtiger... - aber nicht viel.

Ich glaube aber nicht, dass wir dieses Rätsel wirklich lösen können.

:winke:

Larry

rolfpeter

Servus,

ja für einen Keulenkopf ist der Stein wohl zu klein.

Solche Geräte tauchen aber auch hier im Rheinland auf den Fundstellen ab der späten Bandkeramik regelmäßig auf - man hat der Geräteklasse den Namen "Stücke mit Pickgruben" gegeben.
Sie treten zwar nicht häufig auf, aber allein in der ausgegrabenen Rössener Siedlung Inden 1 hat man 14 Exemplare gefunden.
Hier bestehen die Dinger entweder aus Sandstein, meist aus Resten von Mahlsteinen, dann sind die breiten Flächen auch geschliffen, oder sie bestehen aus Geröllen mit natürlich glatter Oberfläche. Meist liegen auf den entgegengesetzten Breitflächen 2 Mulden gegenüber, von denen eine kleiner ist als die andere. Es gibt von dort weder Scheiben- noch Geröllkeulen!
Bei der Verwendung der Geräte scheint auf den Bereich der Pickmulde eine große Kraft eingewirkt zu haben, denn viele sind genau an der Pickstelle gebrochen.

Die Funktion ist unklar.
Fiedler 1979, Gaffrey 1994: passiver Schlagstein, "Amboß".
Bruyn 1958/59: Griffmulde.
Spennemann 1985: Nußknacker.
Günther 1976: Schäftungshilfe.
Tackenberg 1960: Geröllkeule.
J. & D. Franzen: Nußknacker- reiber. Im ersten Arbeitsgang wird eine Haselnuß geknackt, im 2. wird der Kern in der Mulde fixiert und auf einem Mahlstein zerrieben - deshalb Schliff auf den Breitseiten.

Auf eine Funktion als Widerlager beim Bohren ist hier wohl noch niemand gekommen.
Mir persönlich gefällt diese Einordnung gut - wurde doch zu Rössener Zeit gerne mal das eine oder andere Löchlein gebohrt.

HG
RP

Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Larry Flint

#4
Zitat von: rolfpeter in 13. Januar 2010, 08:36:18
Bruyn 1958/59: Griffmulde.
Spennemann 1985: Nußknacker.
Günther 1976: Schäftungshilfe.
Tackenberg 1960: Geröllkeule.
J. & D. Franzen: Nußknacker- reiber. Im ersten Arbeitsgang wird eine Haselnuß geknackt, im 2. wird der Kern in der Mulde fixiert und auf einem Mahlstein zerrieben - deshalb Schliff auf den Breitseiten.


... also die Nussknackertheorien find' ich persönlich ja mit Abstand am aburdesten ...

... "Griffmulde" ist aber auch sehr - ähm - "phantasievoll"...

Der Umstand, dass viele von den Dingern im Muldenbereich gebrochen sind, deutet dann - zumindest für mich - wohl eher in Richtung Ambossfunktion...

Die anwesenden Steinpicker dürften allerdings mit Recht einwerfen, dass derartige Gerölle auch beim pickenden Bearbeiten schon mal zerbrechen.


:winke:

Larry

PS: ... und jetzt krieg' ich das Bild nicht mehr aus dem Kopf, auf dem grunzende Steinzeitler in sabbernder Vorfreude mittels beserkerhafter Gewalt und eigens dafür zugerichteter Gerölle auf Berge von Haselnüssen einprügeln...  Uggah, uggah! :besorgt:

rolfpeter

... "Griffmulde" ist aber auch sehr - ähm - "phantasievoll"...

Das wird sich auf Steine beziehen, die auch an den Schmalseiten Klopfspuren haben. Solche Steine findet man bei uns zuweilen an jungneolithischen Stellen, wo auch diese irgendwie würfelförmigen Reibsteine auftauchen.


... also die Nussknackertheorien find' ich persönlich ja mit Abstand am aburdesten ...
Ich auch! :irre:

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

chmoellmann

Nussknacker ist durchaus plausibel. In der entsprechenden Steinzeit (regional wohl auch unterschiedlich hier etwa frühe Jungsteinzeit) war die Fauna derart nussartig, dass Nüsse - die sich übrigens auch hervorragend bevorraten lassen - durchaus eine Art pflanzliches Grundnahrungsmittel waren. Und wer schon mal versucht hat, ohne eine Mulde eine Nuss zu knacken, der wird ein gemachtes Werkstück auf jeden Fall vorziehen.
Ich schreibe das, weil ich momentan meine eigene Ernte des letzten Jahres knacke - etwa 16 Kilo. Ohne entsprechendes Werkzeug wäre ich da auch erfinderisch.

Larry Flint

Zitat von: chmoellmann in 13. Januar 2010, 15:56:40
Nussknacker ist durchaus plausibel. In der entsprechenden Steinzeit (regional wohl auch unterschiedlich hier etwa frühe Jungsteinzeit) war die Fauna derart nussartig, dass Nüsse - die sich übrigens auch hervorragend bevorraten lassen - durchaus eine Art pflanzliches Grundnahrungsmittel waren. Und wer schon mal versucht hat, ohne eine Mulde eine Nuss zu knacken, der wird ein gemachtes Werkstück auf jeden Fall vorziehen.

... jooo, dass z.B. die mesolithische Hausfrau ihre beachtlichen Haselnussvorräte nicht mit ihren Schenkeln geknackt hat, dürfte nachvollziehbar sein.

Aber braucht es dazu wirklich kleine, bemuldete Kiesel? Also wenn ich fürchterlichen Schmacht auf Haselnüsse hätte, wäre mir diese Methode viel zu umständlich.

Kennst du vielleicht Parallelen aus der Völkerkunde?

:winke:

Larry

Freya

Hallo,

....das zweit letzte Bild zeigt ein "Nussknacker" aus dem Mesolithikum

http://www.grote-archaeologie.de/meso.html

Gruß Maria

chmoellmann

Ja, genau. Sowas schwirrte mir auch im Hinterkopf rum (Aua).

Larry Flint

#10
@ Freya: ... du hast hoffentlich die Anführungszeichen im Text deines Links bemerkt. "Nußknacker" ist nur eine Hypothese. Es könnte ebensogut eine Gussform für Badeperlen sein...

Und weil's so schön relevant ist, gleich nochmal:

Ich hätte gern gewusst, ob hier irgendjemand von der Nussknackerfraktion einen Beleg aus der Völkerkunde dafür hat, dass man derartige Steinchen nicht nur in gemutmaßter Form genutzt (ich mach' ja auch schomma 'ne Bierpulle mit 'nem Feuerzeug auf, ...), sondern diese Dinger zu besagtem Behufe auch so zugerichtet hat (...besorge mir Feuerzeuge aber eigentlich zu einem anderen Zweck...).

Ich glaub' jedenfalls nicht dran, dass Winnetou, Freitag oder Kunta-Kinte ihre Hanuta mittels eines Muldenkiesels zubereitet haben.

:winke:

Larry

Freya

Anführungszeichen
weil ich Zweifel habe an der Nussknackertheorie

Ich als Frau würde streiken .... es würde kein Hanuta geben wenn ich so jede einzelne Nuß knacken müßte.

Hätte eventuell etwas kleines wertvolles in der Mulde zerrieben .... vielleicht giftige Samen ..hex ..hex
oder auch nur etwas Eisenglanz für die Bäckchen


Der Wikinger

Hallo, ich glaube nicht an die "Nussknacker-Theorie" !  :nono:

Der Fund im Link ist wie ich das sehe ein Widerlager für ein Drillbohrer !  :belehr:

Marienbad

hallo Leute ! :winke:

Die Nussknacker-Theorie ist doch nun wirklich weit weg von jeglicher praktischer Handhabung,viel zu aufwändig.
Gesunde Zähne lassen auch die Nuss-Schalen knacken.
Ich habe bei einer Veranstaltung fünf Std. lang zugesehen wie geschickte und ungeschickte Menschen mit zwei
einfachen Steinen etwa 12 kg Haselnüsse zertrümmert haben. Die Nüsse und Steine hatte ich auf einem Tisch
abgelegt, einige geöffnete Schalen sollten als Ansporn für die Menschenmassen dienen.
Ich stand getarnt als Besucher gelangweilt in Sichtnähe und beobachtete das Geschehen........über das Gesehene
könnte ich Bücher schreiben :zwinker: :-D
Auf alle Fälle hatte ich meinen Spaß und Nussoel getränkte Steine  :smoke:

:winke:  Manfred

Der Wikinger


Auf meiner Insel hat man auf einer submarinen Ertebölle-Siedlung kiloweise Haselnüsse gefunden.
Die grosse Mehrheit von denen waren über das Feuer geröstet worden, und dabei knacken sie von selbst in zwei.  :belehr:

Marienbad

Zitat von: Der Wikinger in 13. Januar 2010, 22:01:48

Auf meiner Insel hat man auf einer submarinen Ertebölle-Siedlung kiloweise Haselnüsse gefunden.
Die grosse Mehrheit von denen waren über das Feuer geröstet worden, und dabei knacken sie von selbst in zwei.  :belehr:


Ja, auch hier bei mir sind aus der ertebölle Zeit Massen von Haselschalen gefunden worden.
Viele waren auch angeröstet und einige waren unversehrt ( Schale geschlossen )

chmoellmann

Hab mal ein bischen gegoogelt (Steinzeit + Nussknacker), um der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei war dieser Forumseintrag bereits auf Rang 21 der Trefferliste!! Aber hier mein Ergebnis mit den interessantesten links:
http://www.geowissenschaften.de/wissen-aktuell-6071-2007-02-13.html
http://www.coolinarium.de/119/pid/834/Schwerkraft-Nussknacker_quot;Steinschlag_quot;.htm
http://www.morgenpost.de/printarchiv/berlin/article570839/Ankunft_in_der_Steinzeit.html
http://www.acolina.de/content/vuz/archiv/2002/02.htm#32

Ich glaube, das reicht auch als völkerkundlicher Hinweis aus. Wer will, kann ja noch weiter googeln. Glaube aber nicht, dass die Ertebölle-Leute dümmer waren als Schimpansen.

rolfpeter

Ich glaube, der Thread verläuft sich irgendwie.

Natürlich haben unsere Vorfahren Nüsse geknackt. Das bestreitet auch niemand.

Ich bezweifle aber, daß sie dazu Steine mit Pickmulden benutzt haben, da funktioniert ein normaler Stein genau so gut!

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Ajo

Hallo!

Hier ein weiterer Interpretationsansatz zum Stück. Es gibt so genannte Näpfchen- oder Schälchensteine.
Die angegebenen Nutzungen sind aber bei solchen Stücken auch oft widersprüchlich...

Link:
http://www.geschichte-skandinavien.de/schalengruben.html

@ RP: Erstklassige Homepage!

:-)

Larry Flint

#19
@CHMOELLMANN:

Zitat von: chmoellmann in 14. Januar 2010, 09:03:05
Ich glaube, das reicht auch als völkerkundlicher Hinweis aus. Wer will, kann ja noch weiter googeln. Glaube aber nicht, dass die Ertebölle-Leute dümmer waren als Schimpansen.

Nö.

Warum?

... weil dort nirgendwo ein irgendwie vergleichbarer Muldenkiesel erwähnt bzw. gezeigt wird - lediglich das Designerknackerteil funktioniert nach dem hier so penetrant auf die Prähistorie projizierten Moellmannschen Prinzip, ist aber nichts weiter als eine rezente Designerspielerei samt einer Produktbeschreibung, in der in abstruser Weise von steinzeitlicher Nostalgik gefaselt wird.

Und das beweist bezüglich der halsstarrig vorgetragenen Nussknackertheorie?

Nix!

Wie RP schon äußerte, zweifelt niemand an der Tatsache, dass man dereinst Nüsse geknackt hat und sich dabei - wie die verlinkte Schimpansenpopulation - irgendwelcher Werkzeuge (z.B. Wackerstein oder fetter Premmel) bzw. Techniken (z.B. Rösten oder  Köpfe-uneinsichtiger-Artgenossen-mit-der-Stirnseite-volle-Pulle-auf-die-Nuss-hauen) bedient hat. Aber wirklich zu glauben, dass man dafür eigens Kieselchen bemuldet hat, ist genauso schwachsinnig wie die o.g. Links als Belege für diese Phantasterei anzuführen.

Tut mir echt leid, aber auf diesem Level ist jede sachliche Diskussion wirklich sinnlos - man kann Nüsse schließlich auch knacken, indem man sie auf die Schienen legt und die Bimmelbahn drüberfahren lässt und - so absurd es klingen mag - für eine ganz ähnliche Vorgehensweise gibt es tasächlich Belege aus der Völkerkunde: So dreschen z.B. die Newar, Gurung und andere Stämme in Nepal ihr Getreide zuweilen, indem sie es vor fahrende Autos werfen...

Sind jetzt alle Bimmelbahnen Nussknacker und nepalesische PKW Mähdrescher?

Herr, schmeiß' Hirn vom Himmel!!!

... und bevor du jetzt mit dem "ältesten Nussknacker" der Welt aus "Gesher Benot Ya'Aqov" kommst: Ich verwette meine Nüsse darauf, dass sich die Abnutzungsspuren dieses Brockens sowie seine Dimensionen sehr deutlich von den Steinchen unterscheiden, über die wir hier diskutieren!




:nono: &  :winke:

Larry

PS: @ AJO: am besten gefällt mir dieser Interpretationsansatz: "[...] In anderen Gegenden der Schweiz wird erzählt, daß die Babys aus den Schalen kämen [...]".
PPS: Ich glaube übrigens auch nicht, dass die Ertebölle-Leute dümmer als die Schimpansen waren - überdies bin ich aber auch der Ansicht, dass man nicht allzu leichtfertig annehmen darf, dass heute jedermann schlauer als die Erteböllianer sei. Der Designernussknacker der Marke "Schwerkraft" liefert ein beredtes Zeugnis dafür...

- und das für 39,95€!

Man ist versucht zu fragen: "Nur?!"

Waldläufer85

guten abend,

also ich bin echt froh,in diesem forum angemeldet zu sein.denn was gibt es besseres,als nach einem stressigen arbeitstag mit schlechter laune nach hause zu kommen,ein paar dieser beiträge zu lesen und ganz plötzlich wieder bester laune zu sein?echt genial:-)

Danke

Marienbad

So, um nun endlich das leidige Nussknacker - Thema beenden zu können, hier noch ein Foto, dass
eindeutige Beweise zeigt.

HG    Manfred





Marienbad

Hallo Leute,

auf dem Foto li. oben ist das Fundstück, der Rest sind Repliken. Und diese Repl. sahen zu
Beginn ihrer Fertigung ähnlich aus. ( angefangene Pickspuren )

:winke:   Manfred




Larry Flint

#23
Zitat von: Marienbad in 14. Januar 2010, 19:28:29
[...], der Rest sind Repliken. [...]





... Replikate von was?

:kopfkratz: &  :winke:

Larry

chmoellmann


Marienbad

Zitat von: Larry Flint in 14. Januar 2010, 20:05:18
Zitat von: Marienbad in 14. Januar 2010, 19:28:29
[...], der Rest sind Repliken. [...]





... Replikate von was?

:kopfkratz: &  :winke:

Larry



2. und 3. in der oberen Reihe Drillbohrer-Oberlager,
untere Reihe, Schwunggewichte für Pumpbohrer.




Marienbad


chmoellmann

He, das war ein Scherz!

Mal angenommen, Nussknacker hat es in der in den Links beschriebenen Form gegeben - und das scheint mir ja unter den Experten nicht 100% sicher - dann lese ich nirgends, dass die Steine für den Zweck hergerichtet wurden. Immer nur, dass es Steine mit entsprechenden Nutzungserscheinungen gibt. Obwohl das eine das andere nicht ausschließt, wäre dann aber für das gezeigte Stück eine andere Nutzung eher wahrscheinlich.
Nach den gezeigten Vergleichsstücken handelt es sich hier um eine angefangene Geröllkeule - mal vorausgesetzt, dass die gezeigten Repliken maßstabsgetreu sind.
Soweit eine für mich logische und wissenschaftlich einwandfreie Schlussfolgerung.
Auch ich habe mich zu Anfang von unterschiedlichen Ideen "befeuern" lassen, aber Wissenschaft ist eben auch, sich von Thesen zu verabschieden.