Grubenausackerung

Begonnen von Silex, 07. Januar 2007, 20:56:54

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Silex

Heute war ich auf einer jungfräulichen Fundstelle unterwegs (was Keramikrelikte anbetrifft). Schon von weitem sah ich  auf dieser niedrigen Flussterrasse  einen rötlich-ocker- braunen Streifen in den Acker gefurcht. Der ständige Nieselregen hatte aber den Boden so aufquellen lassen dass die vermutlich stark fundführende Ausackerungsschicht  nichts preisgab. Nur eine abgebrochene Scholle entdeckte  mir ein paar Scherblein aus tieferen Schichten sowie ein paar Hüttenlehmbrocken in denen teilweise noch die Abdrücke von kleinen Zweiglein und Ästchen ersichtlich sind. Ein winziger Silexabspliss gehört vermutlich zur selben Emporbringung
Die einzige, evtl. aussagefähige Wandscherbe mit diesem rundstichverzierten Musterband , ist außen rötlich-ockerfarben und innen schwarzgrau, sehr grob gemagert und ich kann im Umkreis kein Vergleichsstück zur Datierung heranziehen.
Hat jemand eine Idee für einen etwaigen Kulturhorizont?
Das Hüttenlehmfragment hab ich mal beigefügt weil ich meines Wissens hier noch kein Bildbeispiel gesehen habe...
Danke und Servus
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

und hier noch der Hüttenlehmrest
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo Edi !!  :-)

Eine Frage zur ornamentierten Scherbe:

Ist das eine Randscherbe, oder täuschen die Fotos. Mir sieht es so aus als biege die Kante nach innen ein, um dann vielleicht wieder nach aussen zu biegen ???  :platt:

Oder ist das alles gerade ???

Bei uns gab es jedenfalls diese simple Ornamentik in der neolithischen Trichterbecherkultur, und ich glaube auch sie aus der Eisenzeit erinnern zu können !!

Silex

Danke, aufmerksamer Däne, es ist tatsächlich eine Fastrandscherbe. Die Stichverzierung liegt kurz vor der Einziehung zum oberen Rand (obwohl man kein Experte ist verspürt man dieses Gefühl, wenn es zum Rand hingeht- aber selten und manchmal entscheidend liegt man dann daneben).
Und genau Deine letzten  Worte sind mein Dilemma..... vom Gefühl her tippe ich auf neolithisch.... aber das wäre hier eine Sensation..denn Keramikfunde aus dieser Epoche sind nur ca. alle 10 Jahre zu verzeichnen. Und  im Umfeld dieses Ackers  liegt auch allerhand metallzeitliches rum.
Aber wie gesagt  - das kam von ziemlich tief.....
Eine schöne, spannende  Woche wünscht
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo wieder, Edi  :-D

Schau mal hier, ich habe ein Foto gefunden.

Sieht wirklich sehr wie dieser Typ Keramik aus unserer Trichterbecherkultur aus !!


Silex

danke agersoe,
ich hab mal rumgegooglt und meine Bücher gewälzt...die jungsteinzeitlichen Keramikfunde Bayerns gewälzt...ich werde wohl eine Nachsuche abwarten müssen...denn erst mal muss ich knechten... in dieser Sache....  also bis zum Wochenende... in der Hoffnung auf Beifunde
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger


Ja, die Beifunde werdens verraten, ich bin auch sehr in Zweifel, viel Glück beim Suchen !!!  :winke:

wühlmaus

@ Silex

ich hab gestern zwischendurch auch ein wenig in dem mir vorliegendem Material gewühlt ... hat aber auch nichts erhellendes gebracht  :heul:

Die gute Frau Rieckhoff erwähnt in "Faszination Archäologie" zumindest ein Kollektivgrab der Trichterbecherleute bei Großeibstadt im fränkisch-thüringischem Grenzraum (S. 172f), sozusagen als südlichen Ausreißer diese Kultur. In diesem Grab wurden nur spärliche Beigaben gefunden, zwei Beile und die Fragmente eines Trichterbechers.

Die auffällige Gemeinsamkeit mit der Trichterbecherkeramik (der ich übrigens auch zum Teil erliege) liegt meines erachtens in der Technik der Verzierung. Die Art und Tiefe wie diese kreisrunden Vertiefungen (mit Federkiel oder Holzstäbchen) gestochen wurden, deutet außerdem auf ein mitlerweile ausgewaschenes, farbliches (weiß?) Füllmaterial hin ...

Zweifel sollte man aber trotzdem haben. Liegt das Fundgebiet überhaupt in der Verbreitungszone der Trichterbecher?
Die Verzierung geht nicht - wie die meisten neol. Verzierungen "auf Fläche" sondern ist mehr "sparsamer Akzent". In den Göttinger Typentafeln habe ich solche Punktreihen für die Chamer Kultur gesehen (vielleicht ein Ansatz zum weiterschauen ...)
Was agersoes Idee mit Eisenzeit angeht ... kann ich ebenfalls verstehen ... leider weilt die Creme meiner Literatur über diese Epoche momentan ausgeliehenerweise etwa 80km entfernt bei einem schwer erreichbaren Mitstreiter ...  :wuetend:
Kommen wir abschließend zur "Zierrille" ... kann in der Tat ein Übergang zur Randzone sein ... Mein Gefühl läßt mich da an einen "Trichterhals" denken ... dh der eigentliche Rand kann erst in ein paar Zentimetern folgen ...

Was die Rille, angeht hab ich im Moment einen ähnlichen Klops auf dem Tisch (Fotos kommen Morgen), der ist zwar definitiv eisenzeitlich und weißt andere Verzierungen auf ... könnte aber zum Thema "Rand oder nicht Rand" unter Umständen für dich interessant sein.
Dieses gute Stück hält mich im Moment zu eingenhenden Keramik Recherchen an. Dein Stück hab ich dabei auf jedenfall im Hinterkopf. Wenn ich was finde werd ichs hier posten ...

Guts Nächtle
das Wühlmäusle


Silex

Danke  an Euch Sucher und Verstehenwoller.
Keramikbestimmung ist tatsächlich ein Drama. Und wir haben nicht mehr viel Zeit. Vielleicht sollten wir uns mal aufraffen (wenn die Archäologen uns schon im Regen stehen lassen) einen,  von vorneherein gesagt , dilettantischen Versuch zu starten das keramische Zeitalter der Vor- und Frühgeschichte in eine gewisse serielle und typologische Ordnung zu bringen.
Es wäre vonnöten einen Fototeil mit  eindeutigen Abbildungen aus der Literatur - für jede Untergliederung einer Grobepoche - (bei allem Vorbehalt der urheberrechtlichen Problematik)  samt zeichnerisch  und wissenschaftlich dokumentierten Funden aus den einzelnen Regionen in Einklang zu bringen.
Keramikfreunde sind rar gesäht... aber es könnten mehr werden... und so ein pool  hat Literatur und Fotos und Informationen die sich schnell potentieren.
Diese Informationen zu ordnen und zu verwalten wäre jedoch vermutlich ein Irrsinnsaufwand--- selbst wenn wir paar Heinis damit anfangen wollten ...aber ein kleiner Anfang.. wie z.B. ein Trichterbecher aussieht...ein Glockenbecher...eine Attinger (UK-)Verzierung, eine Laténescherbe, eine Terra Sigillata, eine Linearbandkeramische Scherbe, eine frühmittelalterliche ....
das sollten wir wissen und einschätzen können wenn wir schon  auf der Suche sind....

Wer hat Zeit? Und Lust? Ich habe viele Fotos.....
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

wühlmaus

Hi Edi

ich glaube, das entwickelt sich gerade ... Im Moment ist der "Corpus Ceramicorum" hier noch recht ungeordnet. Aber einige Ansätze sind schon da ...
Ich würd es im Moment noch etwas kochen lassen ...
Was die rheinische Karolingerzeit angeht ("Endlich Karolingerzeit"), geht der Thread in die Richtung, die Du meinst? Nur um irgendwo eine Orientierung rein zu kriegen, denn in diesem Stil könnte ich für die weitaus umfassendere röm Epoche weitermachen. Material ist genug da.

ciao
das Wühlmäusle

Silex

@ w.maus schrieb ".Was die rheinische Karolingerzeit angeht ("Endlich Karolingerzeit"), geht der Thread in die Richtung, die Du meinst?..."

Genau so wm,
Frühmittelalter:  Rheinische Reliefbandamphoren (viele Zeichnungen und ein paar griffige Fotos von Materialbeschaffenheit und dreidimensionaler Aussagekraft).... und dann ab .....durch die Epochen und Regionen.
Die Datenmenge wäre zwar immens und der Aufwand noch mehr... aber es könnte ein Anfang sein...
Und vielleicht...irgendwann...ich wage es kaum zu hoffen.... ist ja mal auch einer von der Archäologenfraktion bereit sich dieses Themas mitanzunehmen.
Hier sind schließlich ein paar hundert Sucher die bereit wären, und sind, zu lernen und  Keramik abzuliefern....von der die nur träumen
danke wühlmaus
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

...Meine Archäologin hatte kurz Zeit die obigste Scherbe per e-mail anzuschauen...Und meinte:
"kann (KANN!) frühbronzezeitlich sein"

also in (fraglichster)  Eventualität....zwischen ihren Fingern  gerinnt dies dann meist zu eindeutigen Einschätzungen...
Servus einstweilen
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.