mesolithische Fundstelle?

Begonnen von wühlmaus, 23. November 2006, 02:24:18

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wühlmaus

Hi

momentan stelle ich gerade das Material einer Fundstelle zusammen, die ich bis jetzt mindestens ein halbes dutzend Mal abgelaufen bin.

Es ist die ausgedehnte Trümmerstelle einer römischen Villa Rustica, aber darum gehts hier nicht, denn während jeder Begehung hatte ich neben den erwarteten römischen Funden auch immer zwei oder drei steinzeitliche Artefakte dabei. Mitlerweile müßte es eigentlich für eine Klassifizierung reichen, hatte ich mir gedacht, aber als ich jetzt die Funde zusammengelegt habe, kam bei mir das große Kopfkratzen ...

Vom Fundort her (hochwasserfreie Ebene in der Nähe der Einmündung eines Baches in einen etwas größeren, ehemals wunderschön mäandrierenden Fluß) und vom Gefühl her tippe ich auf Mesolithikum. Leider fehlen wirklich eindeutige Funde, wie Mikrolithen und Absplisse, selbst die sonst so ausgeprägte Patinierung mesolithischer Stücke in unseren Breitengraden fehlt bei den meisten Teilen. Bis jetzt kam von dem Acker auch noch keine einzige vorgeschichtliche Scherbe und bis auf eine kleine Klinge, kann ich keine Verbindung zum Neolithikum sehen...
Mal schauen ob ihr was damit anfangen könnt ...

Die Funde sind, bis auf die kleine Klinge und wahrscheinlich einem verbranntem Abschlag, aus lokal anstehendem Maasgeröllflint (den sogenannten Maaseiern) dem bevorzugten Material unserer Mesolithiker, aber das heißt auch nichts, denn da es den hier massenhaft umsonst gibt, wurde der auch von den "armen" Nachfahren bis in die Eisenzeit hinein benutzt ...

Bilder:
1 zerschlagenes Maasei
3 Kernreste
2 Kerne mit 2 Schlagflächen

wühlmaus


wühlmaus


wühlmaus

... eigentlich sieht er aus wie ein "verhauener" und nicht weiter benutzter Kern, aber wenn ich mir die "schnittfähige" Kante ansehe, meine ich Spuren von Gebrauchsretusche zu sehen. Doch vielleicht ein krüppeliges Spezialwerkzeug?

wühlmaus


wühlmaus

... hier mal die Retusche etwas größer und einen kleinen Eindruck davon, wie gut der Abschlag in der Hand liegt. Irgendwie hat mich gerade dieses unscheinbare, häßliche Ding fasziniert, wenn man es einmal in der Hand hält, kriegt man richtig Lust irgendwas ab zu schaben ...   :-D

wühlmaus

Noch ein Unikum:
1 Kratzer Oberseite pure Rinde, Unterseite ein einziger Frostsprung und Trümmerhaufen. Ich hätte das gute Stück fast weggeschmissen, gottseidank konnte ich vorher unter dem Dreck noch die Kantenretusche erkennen ...
:irre: Wer macht sowas? Bei uns gibt es diesen Flint wie Sand am Meer ... eigentlich ein Ausschußstück ...

wühlmaus


wühlmaus

last but not least ein wunderschönes, schlichtes Klingenbruchstück aus grauem Knollenflint:

wühlmaus

Was meint Ihr, kommt bei dem Fundmaterial Mesolithikum hin?

Reicht das Material überhaupt aus, für eine Datierung? Bin mir bei dieser Fundstelle wie gesagt recht unsicher.

Guts Nächtle
das Wühlmäuschen


Offa

Moin Wühlmaus,
Also ich würde das  Stück auf Bild 16-18 wegen seiner retuschierten Arbeitskante als Artefakt sehen,das Stück auf Bild 10-14 scheint mir unsicher,zwar sieht es so aus,als hätte das Stück eine konkave Arbeitsfläche ,allerdings sieht mir die Kante mehr gebrochen als retuschiert aus,ist auf den Fotos schwierig zu erkennen.
Ich glaube eine zeitliche Einordnung anhand der wenigen Stücke wird sich als schwierig gestalten,da Schaber und Kratzer  in fast unverändeter Form vom Paläolithikum bis zur Bronzeit vorkommen.Ich würde den Platz weiter begehen,bis sich andere Gerätetypen einstellen.

Viel Glück & gut Fund

Offa

Rambo

Mal schaun was unsere Spezialisten sagen
Ich persönlich würde sagen bis auf das Klingenstück.. sehr unsicher, vieles sieht mir eher nach Natur aus, als nach Artefakt.
Aber ich kann die Bilder auf meinen Leptop  nicht richtig öffnen.
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

wühlmaus

@Rambo:
Demnächst mache ich größere Bilder, versprochen. Hab sie mir jetzt nochmal angeschaut, sind wirklich etwas zu klein geraten, außerdem ist die Kamera nicht gerade ein Hochleistungsprodukt ... Deine Zurückhaltung was den Artefakt-Charakter angeht, kann ich deshalb bei einer Beurteilung allein anhand er Fotos verstehen.
Etwas unsicher sind aber bloß die Kernsteine mit 2 Schlagflächen, der Rest sind auf jedenfall Artefakte. Frostsprünge und "geplatzte" Knollen sind schon ausgesondert. Mit dieser speziellen Art von Flint habe ich hier auf jedem Acker zu tuen, der liegt wirklich überall.

@Offa
Ich sehe es in etwa ähnlich, die Arbeitskante von Bild 15-18 ist aufwendig retuschiert, aber die Unterseite des Stücks ist ein einziger krüppeliger Frostsprung der in einem totalen Gegensatz dazu steht.
Bild 10-14 ist in der Tat erstmal ein einfacher Abschlag, wobei die Oberseite komplett von der Rinde gebildet wurde. Eine Traumretusche ist es wirklich nicht, aber die Rinde bei dieser Art von Flint ist sehr hart und etwas dicker. Da muß wirklich mehr gebrochen als retuschiert werden, für eine Schneide, die direkt in die Außenrinde gearbeitet ist. Das Stück selbst ist weder ein Kratzer, noch eine Klinge ... eher etwas zum "abziehen".

ciao
das Wühlmäusle

Silex

servus wühlmaus,
in der Tat  "sperriges"  Material. Artefakt(?) von Bildern 10-14 müsste man wohl in der Hand haben um es würdigen zu können..das Gerät mit der Kratzerretuschierung dürfte ein "sicheres Gerät" sein  und die Klinge (Abschlag) sowieso.
Zur Zeitstellung kann ich als Fremdling nicht mal Vermutungen anstellen. Bei uns ist eine  "mesolithische Ansprache" schon allein durch das bunte Gepräge der Rohstoffe leicht auszuscheiden-desweiteren der, schon  ab und an erwähnte, seidige Glanz der  fast schon regelhaft getemperten Hinterlassenschaften. Ein  für alle meine mittelsteinzeitlichen Fundstellen  gültiges  Merkmal hat Deine Fundstelle- wie Du erwähntest- zumindest auch. Immer  spielt ein kleineres Rinnsal eine Hauptrolle in der Siedlungsplatzwahl.

Auch wenn die kulturellen Unterschiede zwischen unseren Fundlandschaften im Mesolithikum wohl sehr groß gewesen sind (allein schon wegen der Kleinheit  der Relikte "unserer" Aufsammlungen) fällt mir auf dass ich kaum ein Fundstück mit Cortexresten im mesolithischen  Umfeld angetroffen habe- die müssen wohl noch an den Schlagplätzen in der Nähe der Rohstofflager liegen -
Aber ein Platz lebt und gewinnt erst mit der Beharrlichkeit des Forschers...
Bis  Denne
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

wühlmaus

Hi silex

die vielen Cortex-Reste liegen hier am Flintmaterial. Unsere "Maaseier" sind wirklich etwas sonderbar ... Dieser im Kern graue Feuerstein wurde in den Geschieben der Urströme Maas und Rhein transportiert. Es sind runde bis eiförmige Gerölle, die Größen variieren von etwa Taubenei bis ein wenig größer als ein Gänseei. Die Rinde ist grau bis schwarz, rissig und sehr dicht und hart. Bei der geringen Größe der einzelnen Knollen ist es nicht verwunderlich auf viele Cortex-Reste zu stoßen. Da das Material auch in allen nachfolgenden Zeiten genutzt wurde, bin ichs leidlich gewohnt ...

"Getemperte" Stücke sind mir bei uns nicht bekannt, dafür weisen viele der mesolithischen Stücke bei uns eine grüne bis gelbe Patina auf - genau wie einige der hier gezeigten. Aber nach den Erfahrungen hier mit agersoes 2farbigen Flintbeil laß ich mich lieber nicht mehr auf diese verlockend einfache Art der Datierung ein  :nono:

Wie gesagt, bei der Gesammtbetrachtung des Materials, war ich auch ziemlich ratlos... Mesolithikum ist auch bloß so ein Gedanke... ohne typische Werkzeuge wird sich da erstmal nicht viel machen lassen ...
Es kann auch gut sein, dass ich an der eigentlichen, steinzeitlichen Streuung vorbeigelatscht bin, weil ich mich all zu sehr auf das römische konzentriert hab ... Da helfen wohl nur weitere Begehungen.
Vielleicht hab ich auch Glück und der Platz ist schon bekannt. In den Siebzigern gab es eine archäologische Landesaufnahme der steinzeitlichen Fundstellen unseres Kreises. Ein recht dicker Schmöker wurde damals publiziert. Ich hatte auch mal ein Exemplar dieses Buches, leider brachte es mich damals kein bißchen weiter , da ausgerechnet "mein" Stadtteil darin vergessen wurde und ich eher damit beschäftigt war auf Fundstellen zu suchen, die nicht durch die Landesaufnahme erfasst wurden ... (Abgesehen davon hab ich dieses Buch vor etwa 15 Jahren an einen Mitstudenten verliehen, der in einer Nacht und Nebel Aktion nach Heidelberg zurückging, mit meinem Buch im Gepäck und meinen Flüchen im Nacken  :wuetend: ). Ich schau mich mal am Samstag in unserer Stadbibliothek um, vielleicht bringt es ja was ...

guts Nächtle
und vielen Dank an alle
das Wühlmäusle

Buddelbär

Hallo Wühlmaus,

wo suchst Du denn ? Die Funde erinnern mich an Fundstellen im Landkreis Neuß (Rosellen etc.). Wenn es der LK Neuß ist, das habe ich und könnte Dir von der Fundestelle eine Kopie machen (Scan).

Grüße, Buddelbär

Khamsin

Salaam!

Vielleicht noch zu den sog. Maaseiern folgendes:

- Das ist eine interessante Variante vom Schotter-Feuerstein.

- Im Gegensatz zum "normalen" Schotterflint, der sich im Rheinland nur westlich des Flusses "Rur" in dort aufgeschlossenen Maasschottern findet sowie nördlich von Krefeld in den Rhein-Maas-Mischschottern (aber nicht in den östlich der Rur liegenden Rheinschottern!), sind Maaseier in der gesamten Rheinischen Buch, und zwar auch im Rechtsrheinischen in sekundärer Lagerung nachgewiesen.

- Maasei-Feuerstein wird gelegentlich auch als "tertiärer Maasflint" bezeichnet, was natürlich mehr als unglücklich ist!

- Denn aller Flint gehört genetisch in die Kreidezeit (auf eine relativ neue Arbeit von Laschet, Inst. Geol., RWTH Aachen, zur möglichen tertiären Genese von Flint gehe ich hier nicht näher ein!).

- Maaseier sind - und das ist die einzige Verbindung zum Tertiär - im Tertiärmeer entstanden, was ihrer kreidezeitlichen Genese eben keinen Abbruch tut!. Und zwar bildeten damals die Kreideformationen in Süd- und Mittelbelgien Barrieren, gegen die das Meer brandete. Solche Kliffs kennt man z.B. aus Südengland, von Rügen oder im Osten von Seeland/DK das sog. Stevnsklint (fragt mal agersoe!).

- Die Bandung erodiert solche Kliffs (Brandungsplattform, Erosionskehle), und folglich stürzt alles, was - in diesem Fall in der Kreide - eingeschlossen ist irgendwann einmal auf die Brandungsplattform in die Tiefe.

- Dort sammeln sich also Flintknollen an, zerbrechen durch den Sturz, und die Bruchstücke werden langsam, aber totsicher zu immer handlicheren Geröllen aufgearbeitet.

- Typisches Merkmal solcher Strangerölle (sog. Litoralgerölle) ist ihre hochsignifikante Rinde.

- Denn die besteht aus nichts anderem, als auch 1000en von Schlagkegeln, die im Material steckengeblieben sind!

- Durch die Meeresströmung wurden ungeheure Mengen an Maaseiern verlagert.

- Dabei haben schliesslich auch Ur-Maas und Ur-Rhein mitgeholfen.

Im übrigen wird gerne behauptet, die Maaseier seien die härtesten Partien der ehemaligen Flintknollen. Das ist natürlich ziemlicher Quatsch, denn Flint besitzt durchgängig die Härte 7. Was die Maaseier tatsächlich so hart wirken lässt, ist in Wirklichkeit das in der Tat grosse Problem, sie einfach durch Schlag zu öffnen, was beim sonstigen Schotterflint kein Problem ist. Das liegt an der relativ geringen Grösse und den immer wunderschön konvex gewölbten Oberflächen der Maaseier. Da gibt es zumeist kaum eine Fläche, die sich a priori als einfache Schlagfläche anbietet.

Also verfiel man notgedrungen auf eine einfache Methode, die Dinger doch zu öffnen. Man setzte sie  senkrecht in Längsrichtung auf eine harte Unterlage, einen Stein, und schlug mit einem Schlagstein auf das obere gewölbte Ende. Auf diese Weise lösen sich klingenförmige Abschläge von der Oberfläche, die man weiterverarbeiten kann. Was übrigbleibt, sind die sog. ausgesplitterten Stücke, d.h. Restkerne!

Das schliesst aber nicht aus, dass es auch Kernsteine aus Maaseiern gibt, die man doch, aufgrund einer günstigeren Ausgangsform, an einem Ende köpfen konnte, so dass eine Schlagfläche entstand.

Also und hier schliesst sich der Kreis: Maasei-Flint ist nichts anderes, als stinknormaler Schotterflint, der aber in einer signifikanten Form, nämlich als "eiförmiges" Geröll vorkommt.

Beste Grüsse     
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Der Wikinger

Hallo Leute  :-)

Hier, als Ergänzung zu Khamsins Beitrag, ein Foto vom Strand auf der dänischen Insel Møn, wo die gigantische Kreidesteilküste Møns Klint tonnenweise Flint für die ganze Küste liefert, hier ist es ein Strand, der einige Kilometer entfernt liegt, und hier sind die Steine durch jahrtausende vom Meer transportiert und rund "gerollt" worden.
Bei uns wurden diese Flintsteine nur äusserst selten für Geräte benutzt, da ja reichlich Flint mit verarbeitbarer Form in der Nähe vorhanden war.

  :winke: :winke:

Der Wikinger


So sieht Møns Klint aus:
Recht gross, bemerkt die Menschen am Strand.



Und hier die von Khamsin erwähnte Stevns Klint nicht weit davon auf der Ostküste von Sjælland (Seeland):
Bemerkt wie der Flint in waagerechten Streifen in der Kreide liegt.


Rambo

Einmal so was erleben können  :staun:
Aber vielleicht ist es auch gut so, das ich niemals diese Ansammlungen von "Flint" sehen werde, ich würde vermutlich so viel mitnehmen um "üben" zu können das meine Karre zusammenbricht.
Gruß Rambo
Willst du der Väter Taten kennen
folge ihrem Erdensein,
lern das Gute zu erkennen
und das Schlechte still verzeihn

H. Wurst

Agersoe, ganz wunderbare Bilder! :super:
Bekomme richtig Lust, mal wieder an die Ostsee zu fahren.
Schönes Wochenende!

Khamsin

Salaam!

Agersoe: Superfotos, wieder einmal danke!

Ich bin mal 1981 im August anlässlich eines längeren Aufenthaltes im Historisch-Archäologischen Versuchszentrum LEJRE, mit einigen Flintfreaks am Stevns Klint gewesen. Da habe ich dann gesehen, wie einem berühmten us-amerikanischen Experimentalarchäologen und "contemporary flint knapper" vor so viel Flint die Tränen kamen. Glaubts mir oder nicht! Klar, wenn man bedenkt, das die USA zwar überreich mit hamburgers, aber in ungleich geringerem Maße mit Flintvorkommen gesegnet sind, wie "Good Old Europe"! Und führt jetzt bitte nicht die Obsidianvorkommen an. Obsidian, liebe Freunde, ist ein gar besonderer Stoff. Bearbeitet den mal, und dann können wir weiter reden...

Ich habe dann am Stevns Klint auch schnell gelernt, was Rambo noch nicht weiss. Dort Flint zu finden, und welche Grösse und Qualität, ist überhaupt kein Problem! Aber man kann, aus naheliegenden Gründen, natürlich nur oben am Klint parken. Dann gehts runter über eine feine Holztreppe. Konsequent bedeutet das, es geht irgendwann wieder rauf. Und da überlegt man sich sehr wohl, wieviel Flint man mitnehmen will...
Und trotzdem: Rämbowwwwwwwww, my man, einmal im Leben sollte man das gesehen haben!

Ach ja, gewiss ist Euch auf agersoes Bild ziemlich genau in dessen Mitte, so eine merkwürdig flache und eckige, durch den Schatten dunkle Stelle aufgefallen. Darauf sieht man übrigens besonders gut die horizontalen Flintlagen. Wie ich seinerzeit erfuhr, sind das Spuren einer subrezenten Steingewinnung (Kreidekalk). Agersoe, bitte korrigiere mich, wenn das nicht stimmt!

Und noch was muss man im Zusammenhang mit Stevns Klint und Flintverarbeitung wissen: Da ging vom 17. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert eine feine Flintensteinproduktion um! Leider gibt es darüber m.W. nach nur eine einzige Publikation auf Dänisch: Carsten Hess, De glemte flinthuggere fra Stevns. In: Skalk 5, 1968, 9-15. Agersoe, solltest Du es noch nicht kennen, beschaff es Dir unbedingt, hochinteressant!

Fazit: Sieht man diese unerschöpflichen Flintvorkommen zusammen mit der Grösse der Knollen und deren Qualität, spätestens dann wird verständlich, warum es dort - und interessanterweise nur dort! - zur Herstellung der berühmten spätneolithisch-frühbronzezeitlichen "Dolche" kommen konnte! Klar gibt es die zentralfranzösischen Flintvorkommen von Le Grand Pressigny oder die nordostbulgarischen, deren Flintknollen sich weder von ihrer Grosse noch von ihrer Qualität hinter den dänischen verstecken müssen.
Aber dort hat man nur Grossklingen für sog. Spandolche hergestellt!

Beste Grüsse 
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

wühlmaus

@alle:

WOW!!! dass diese doch etwas schmal ausgefallene Fundstelle doch solche Kreise zieht ... ich bin entzückt  :jump:  :jump:  :jump:

Herzlichen Dank an Khamsin für die ausführliche Würdigung unserer niederrheinischen Steinzeit-Kronjuwelen!!! und ein dickes Merci an agersoe für die fabelhaften Fotos.

@Buddelbär:
für einen Südhessen hast Du ja ein fast hellseherisches Talent! Neuß (heute Neuss) stimmt und die legendäre Fundstelle Rosellen liegt nur ein paar Kilometer Luftlinie südlich von der geposteten Fundstelle.
Ich war heute in der Bibliothek und hab mal selbst in dem besagten Buch nachgeschaut. Die Stelle selbst war nicht erfasst, aber in der direkten Nähe gab es drei Stellen, die aufgeführt waren. Eine unsichere neolithische vom Anfang des 20.Jh. und zwei Stellen, von denen jeweils sowohl mesolithisches, wie neolithisches Material stammt.  :irre:  :narr:
Da hilft wirklich nur weitersuchen (ist ja nicht so, dass ich das ungern tue) 

ciao
das Wühlmäusle

Der Wikinger

Zitat von: Khamsin in 25. November 2006, 17:40:14

Ach ja, gewiss ist Euch auf agersoes Bild ziemlich genau in dessen Mitte, so eine merkwürdig flache und eckige, durch den Schatten dunkle Stelle aufgefallen. Darauf sieht man übrigens besonders gut die horizontalen Flintlagen. Wie ich seinerzeit erfuhr, sind das Spuren einer subrezenten Steingewinnung (Kreidekalk). Agersoe, bitte korrigiere mich, wenn das nicht stimmt!


Hallo wieder  :-)

Das stimmt schon Khamsin.
Schon seit dem Mittelalter wurden (Limsten) Kalksteine fürs Bauen gewonnen.

http://www.aabne-samlinger.dk/oestsjaellands/klinten-brydning.htm

Ob dass was man auf dem Bild sieht, spuren davon ist, weiss ich nicht, denn wenn die Küste bei Sturm vom Meer unten erodiert wird, brechen die oberen Schichten aus Kalkstein oft in solchen grossen Würfeln ab.

Das interessante ist, dass die Schichten im Gestein, die Grenze zwischen Kreide- und Teritiärzeit bilden.

Unten ist die weiche Schreibkreide und darüber der Kalkstein (limsten), der von den horizontalen Streifen von Flint fast armiert ist.

Hier eine Illustation, die den Verfall der Küste zeigt:

http://www.aabne-samlinger.dk/oestsjaellands/klinten-nedbrydning.htm

:winke:

Der Wikinger

#24
Zitat von: Khamsin in 25. November 2006, 17:40:14

Und noch was muss man im Zusammenhang mit Stevns Klint und Flintverarbeitung wissen: Da ging vom 17. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert eine feine Flintensteinproduktion um! Leider gibt es darüber m.W. nach nur eine einzige Publikation auf Dänisch: Carsten Hess, De glemte flinthuggere fra Stevns. In: Skalk 5, 1968, 9-15. Agersoe, solltest Du es noch nicht kennen, beschaff es Dir unbedingt, hochinteressant!

Fazit: Sieht man diese unerschöpflichen Flintvorkommen zusammen mit der Grösse der Knollen und deren Qualität, spätestens dann wird verständlich, warum es dort - und interessanterweise nur dort! - zur Herstellung der berühmten spätneolithisch-frühbronzezeitlichen "Dolche" kommen konnte! Klar gibt es die zentralfranzösischen Flintvorkommen von Le Grand Pressigny oder die nordostbulgarischen, deren Flintknollen sich weder von ihrer Grosse noch von ihrer Qualität hinter den dänischen verstecken müssen.
Aber dort hat man nur Grossklingen für sog. Spandolche hergestellt!


Ich kenne schon den interessanten Artikel aus der Zeitschrift SKALK.  :super:

Zum Thema spätneolithisch-frühbronzezeitlichen "Dolche".

Grosse Flintknollen gibt es auch anderswo in Dänemark, die wurden nähmlich vom Eis in der letzten Eiszeit von der Gegend um Ostseeland und weiter südlich losgeraspelt und hunderte von Kilometern transportiert, und lagen dann nach der Abschmelzung des Eises in der Moräne zurück.
Hier bei mir auf Ærø kann man schon sehr guten Flint finden, ab und zu können Knollen bis zu 1-2 Meter Durchmesser haben.


Buddelbär

Hallo Wühlmaus,

ich war früher öfter im LK Neuss suchen, Bandkeramik in Frixheim-Anstel und Mesolithikum in Rosellen, Rosellerheide, Rosellen ist u.a. ja in der Archäologischen Landesaufnahme publiziert (Band 4) und in dem Buch von 1978 "Alt- und Mittelsteinzeitliche Fundplätze des Rheinlandes", auf dem Mesoacker mit Römerbeteiligung war ich auch schon.
In Pulheim gibt es einen Zahnarzt (Arno Topp), der dort viel gesammelt hat.

Grüße ins Rheinland, Buddelbär   

wühlmaus

Cool, wie klein die Welt ist ...

den guten Herrn Topp hab ich erst vor kurzem kennengelernt! Sogar standesgemäß auf dem Acker!
War ein sehr netter Erfahrungsaustausch mit ihm.

Adele nach Hessen
das Wühlmäuschen

Der Wikinger

Ein bisschen neues zu Møns Klint (auf Seite 1 erwähnt)

Am Wochenende war da ein riesiger Rutsch, das grösste in 50 Jahren.  :staun:

Jetzt gibt es in der Ostsee 300 Meter im Wasser hinaus eine riesige Halbinsel aus Kreide.

Ein Paradies für Fossilien-Sammler.  :super:

Heute wurde aber abgesperrt, da man mehr Rutsche befürchtet.
Im Frühling / Sommer werden aber die Sammler haufenweise dort auftauchen !!  :zwinker:

Hier sieht mans:

http://www.netavisen-sjaelland.dk/news.php?item.637.2