Zwei Pfeilschneiden aus Duisburg

Begonnen von thovalo, 23. April 2021, 14:04:10

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thovalo



Guten Tag!

Die beiden Pfeilschneiden fanden sich beim aktuellen Prospektionslauf am rechten Niederrhein bei Duisburg auf demselben Flurstreifen wie der weiß patinierte Funkenlöser und der große weiß patinierte Kratzer.

Das Gesamtfundaral hat mit inzwischen annähernd 200 Pfeilschneiden die größe Anzahl diesesProjektiltyps im Rhienland auf einem Fundplatz erbracht und eigentlich bei jeder Projektion kommen weitere Belegstücke hinzu. Warum dies so ist und der Platz eine regelrechte Insel innerhalb der sonst übichen reinen Pfeilspitzenverbreitung wird immer mehr zu  einem extrem interessanten und spannenden Thema.

Setzten sich hier zwei Kulturgruppen kriegerisch auseinander oder hatten die hier ansässigen Menschen Traditionen aus anderne Kulturkreisen übernommen?


Das größere Exemplar

Länge: 23  mm
Breite: 17 mm


gehört hier zu den überurchschnittlich großen Belegxemplaren für diesen Projektiltyp und wurde aus einem Klingensegment aus Schotterfeuerstein hergestellt.

Während eine Langseite noch vollständig durchretuschiert erhalten geblieben ist, liegt auf der Gegenseite nur noch im unteren Teil eine Restpartie der Lateralretusche vor. Grund dafür ist ein wahrscheinicher Aufprallschaden, der von der Schneide her den markanten seitlich "Ausspliss" erzeugt hat bei dem die weiterführende retuschierte Kante verloren ging.

Solche Einschuss- und Aufprallschänden finden sich noch an etlichen weiteren Pfeilschneiden der Gesamtfunde des Geländes.


Die kleinere Pfeilschneide

Länge: 19  mm
Breite: 15  mm



ist im Verlauf der Zeit stärker beschädigt worden und weist an einer Seite eine deutliche Einkerbung auf mit deren Hilfe das Segment dann als Sollbruchstelle vom Klingenverlauf abgetrennt werden konnte. Im Grunde sind Pfeilschneiden ein richtiges Serienprodukt. Wenn es gut lief, konnten von einer gut geschlgenen Klinge etliche Pfeilschneiden hergestellt werden. Dann wurden die Lateralkanten und selten auch die Basis steil retuschiert und fertig war das Projektil.

Beim dem dieser Prospektion vorangegangenen Begehung fanden sich sogar drei Belege von Pfeilschneiden an einer anderen Stelle im Gelände.


Die Pfeilschneiden werden hier dem Zeitabschnitt des späten Neolithikums (ca. 3.700 - ca. 2.800 v. Chr.) zugerechnet. Zu den weiteren Gerätschaften gehören "ausgesplitterte Stücke", der gezielte Abbau von zerbrochenen Beilklingen und aus deren Abschlägen erstellte Zielprodukte (worunter sich tatsächlich auch einige Pfeilschneiden mit Schliffresten befinden), Daumnagelkratzer und etliche "ad-hoc-Gerätschaften" die nicht selten aus Maaseisilex hergetellt wurden, da eine regelhafte Grundformherstellung an großen Feuerstein einheiten nicht mehr an erster Stelle stand. Ausnahmen bildeten nur die Klingenproduktion für die Herstellung der Pfeilschneiden und die Herstellung von großformatigen Klingen die dann ausschließlich aus Rijckholt stammen und als große messerartig geschäftete Gerätschten verwendet wurden.

Wie oben schon gesagt ist die Lage hier eine regelrechte Fundinsel. Der Platz dominert die rechte Seite einer natürlichen Rheinfurt über die offensichtich der Fernaustausch von maasländischen Feuersteinvarietäten in die Hellwegzone verlief. In sofern ein begehrter Standort der entweder umstritten gewesen ist oder von einer andersartigen Kulturtradition geprägt worden ist als die restlichen Siedlung auf beiden Seiten des Rhinlaufs ab Bonn und in der Kölner Bucht.

Nahe liegend wären Beziehungen zur duch die SOM-Kultur (Seine-Oise-Marne) beeinflusste, belgisch-niederlndischen "Kultur von Stein", die beide Pfeilschneiden führten, da über deren Verbreitungsgebiete die Distribution der MEngen an ausgetauschten maasländischen Feuersteinvarietäten verlief.

Die diesen gegenüber stehenen Kuluren mit Pfeilschneidentradition sind die Wartbergkultur weiter östlich und die Trichterbecherkultur weiter nördlich und nord-östlich des großen rechtrehinischen Fundareals.

Da aufzuschlüsseln, zu beschreiben und zu klären wäre inzwischen eine spannenden Aufgabe für eine Masterthesis, denn es liegt weit ausreichend Material für eine systematisch-wissenschaftliche Auswertung vor.

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.