Abschlagkratzer mit runder Arbeitskante

Begonnen von rolfpeter, 02. September 2006, 13:57:37

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rolfpeter

Servus Freunde,

frisch vom Acker ist dieser hübsche Kerl. Schwarzer Flint mit bergfrischer Rinde. Die runde Arbeitskante ist schön retuschiert und zeigt auch Benutzungsspuren. Von der Form her tippe ich auf Spätneolithikum. (je später das Neolithikum, um so größer und runder die Kratzer  :zwinker:)
Leider ist es dem Kerlchen am Hintern mal richtig warm geworden, hmmm: das Proximalende ist verbrannt.
Material ist sichelich eine dunkle Rijckholt-Variante.

Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Der Wikinger

Hallo rolfpeter  :-)

Wunderbares Stück, ähnelt sehr die Scheibenschaber, die hier bei mir gefunden werden.

Diese sehr symetrische Schaber werden auch hier oft als spätneolithisch datiert !!  :super: :winke:

Silex

schöner Brummer- und trotz seiner  Größe  ist es doch verwunderungswert wieso eine derart lokale Hitzeeinwirkung enstehen kann die "Ihm" am After die Gesteinsstruktur zerbröseln lässt während vorne das "Gebiss" noch ganz in Ordnung scheint.  Da muss doch die Hitzeeinwirkung schon vor der Herstellung des Artefakts dagewesen sein.... gibts bei Euch im Neolithikum auch Nachweise für intentionelle Temperung - was angeblich die Spalt- und Bearbeitungstechnik erleichterte? -Wobei  diese Theorie - genauso wie das Wässern von Rohstoffen- wohl nie ganz schlüssig zu beweisen sein wird

Danke fürs Zeigen...

Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

rolfpeter

Ob es Beweise für intentionelle Temperung im hiesigen Neolithikum gibt, weiß ich nicht. Man liest es immer wieder.
Aber wenn die Kratzerkante im Boden steckt und drüber ein Waldbrand, angezündelte Strohmiete o.ä. läuft, könnte ein solches Schadensbild sicherlich auch unintentionell entstehen. In geschätzen 5500 Jahren kann ja allerlei passieren.
Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Khamsin

Moin Jungs!

@Edi: "...intentionelle Temperung - was angeblich die Spalt- und Bearbeitungstechnik erleichterte? - Wobei diese Therorie - genauso wie das Wässern von Rohstoffen - wohl nie ganz schlüssig zu beweisen sein wird."

Durch unzählige praktische Versuche ist schon seit vielen Jahren nachgewiesen, dass die mikrokristalline Gesteinsstruktur von Kieselgesteinen (Feuer-/Hornstein, Kieselschiefer etc.) durch gezieltes Tempern derart verändert wird, dass die kinetische Energie, d.h. hier präzise die Bruchfront weiter auf die zu bearbeitende Fläche laufen kann. Hieraus ergibt sich der logische Schluss, dass bei getemperten Rohstücken weniger Energie für eine Flächenretuschierung aufgewandt werden muss als bei ungetemperten. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass mit der gleichen kinetischen Energie grössere Flächen bearbeitet werden können. Damit ist "angeblich erleichterte" bzw. "Theorie nie ganz schlüssig zu beweisen" gegenstandslos.
Tempern ist mit Sicherheit im mittleren Jungpaläolithikum (Solutréen), im Mesolithikum Süddeutschlands und im französischen sog. Néolithque Moyen, das unserem Jungneolithikum entspricht, nachgewiesen.
@RP: Schlüssige Spuren aus dem Rheinland sind mir nicht bekannt, aber was heisst das schon!

"Wässern von Rohstoffen": Das ist bei manchen Rohstoffen, wie z.B. Geweih, mehr als naheliegend und wurde ebenfalls positiv experimentell getestet.
Ich nehme jedoch an Edi, Du meinst Gesteine, hier konkret Feuer-/Hornstein. Gerade in der sehr frühen archäologischen Literatur findet man gelegentlich diese tatsächlich durch nichts gerechtfertigte Annahme.
Das hängt u.a. mit der unseligen Behauptung zusammen, nur "bergfrischer" Feuer-/Hornstein liesse sich erfolgreich bearbeiten. Agersoe wird mir hier gewiss zustimmen, dass das in dieser apodiktischen Form nicht haltbar ist. Auch Feuer-/Hornstein, der teilweise Jahrzehnte trocken gelagert wurde, liess sich noch immer sehr gut bearbeiten.
Die Idee vom intenionellen "Wässern" kam in den späten 1980er Jahren wieder auf und wurde sogar in dem dicken Buch von W. Adrian vorgestellt durch Rüdiger Blume, Professor in Bielefeld. In dem Blume-Beitrag kann man auch über die "schalenartige" Struktur von Flint nachlesen, was wiederum, so der Autor, der Hauptgrund für das Aufgeben/Verwerfen von Klingen(rest)kernen gewesen sein soll. Dabei weiss jeder, der sich mit der Steintechnologie nur ein wenig auskennt, dass die Unterschreitung von gewünschten Mindestlängen, bestimmte Schlagunfälle, vor allem sog. hinge fractures, und last, but not least, Einschlüsse die typischen Gründe für das Verwerfen sind. Fazit: Intentionelles Wässern von Flint vor der Bearbeitung ist ein Wissenschaftsartefakt, wenn überhaupt!

Beste Grüsse



   
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Der Wikinger

Zitat von: Khamsin in 03. September 2006, 12:34:59
´
Das hängt u.a. mit der unseligen Behauptung zusammen, nur "bergfrischer" Feuer-/Hornstein liesse sich erfolgreich bearbeiten. Agersoe wird mir hier gewiss zustimmen, dass das in dieser apodiktischen Form nicht haltbar ist. Auch Feuer-/Hornstein, der teilweise Jahrzehnte trocken gelagert wurde, liess sich noch immer sehr gut bearbeiten.
   

Ich stimme dir 100% zu !!!  :super: :winke: