Funduskratzer.... bevor es vielleicht bald wieder "losgeht"

Begonnen von Silex, 31. Januar 2008, 22:18:11

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Silex

Einer aus Jurahornstein.... mit vermutlich millieubedingt, sumpfigen Nachdunkelungen.... aus einem  Hügelfußbereich der schon etliche Artefakte mit "vorendpaläolithischer" Anmutung geliefert hat. Die  Größe  (fast 7 cm) und die Art der Bearbeitung lassen (wegen hier fehlender Vergleichsfunde) an  eine andere (frühere) Zeitstellung denken.
Ein ewiger Konflikt ist das , auf ertragreichen, fernzeitlichen Fundstellen. Man rastert und kategorisiert, vergleicht Form, Funktion und Rohstoffe....mikroregionale Unterschiede....vermeintliche Vorlieben.... dünkt sich schon als Connaisseur und mancher Suchgang wirft gleich alles wieder über den Haufen.
Seit 2 Jahren kommen auch immer größere , verbrannte Steine nach oben......vermutlich ein untrügliches Anzeichen dafür dass eine Ausgrabung (die finanziell sowieso  illusorisch wäre) zu spät käme.
Meine Archäologen sagen hier war ein überregionaler Treffpunkt von Rentierjägern.....(und früher)....
Manchmal weiß ich wie sie aussahen, stolz und eins zwischen Himmel und Erde, Weite und Nähe.
Den Kratzschaber in der  noch klammen Hand , kurz ruhend, um der Luft den entscheidenden Geruch , das ersehnte Geräusch zu entspüren den/das man schon lange erwartet hatte.
Die Morgensonne wärmt sich durch die leichten Hügel  einer weiten Ebene...erreicht die Zeltkuppeln und schließlich das faltige Gesicht  eines sorgenvollen Frühaufstehers.
Nur wenige Fleischstreifen hängen noch an den Trockengerüsten am Lagerfeuer. Ein Kind beginnt zu weinen. Ein Hund schleicht sich hinzu.
Er legt ein paar nasse Scheite nach und hört sie vielleicht schon .....die Morgenjäger....wie sie singen....und heimkommen. Ein kurzes Beten....
Er setzte an und zerlegte das Tier wie in Trance ..."mit" einem alten Lied.....für das Tier und die Jäger ....und die Sippe.

Vielleicht auch total verdreckt und am Ende.... von Myriaden von Dasselfliegen umwölkt und gepeinigt .... ein Kind geopfert für die ersehnte Herde... und das Überleben der Sippe. Ohne Jagderfolg. Baumrindenkauend und madenfressend.......er ging ...er hatte verloren


Ein Kratzer eben ....aus unvordenklichen Zeiten. Das sollte man nie vergessen. Neben all den Kriterien die uns, nach heutigem Wissensstand,  ein Artefakt  nahebringen wollen oder könnten.
Ich befinde mich immer auf der Deutungsebene, ohne die möchte ich gar nicht suchen. Leider hat die gar nichts mit der wissenschaftlichen Betrachtungsebene zu tun .
Aber hoffentlich immer mehr!
Glaubt



Edi



Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

rolfpeter

Servus Edi,
ergreifend formuliert! Wenn wir Dich nicht hätten, wir müßten Dich erfinden.
Herzliche Grüße
RP

P.S. Die Form erinnert gaaaanz entfernt an hiesige jungneolithische Abschlagkratzer: runde Stirn, ziemlich dick und groß, steile Retusche.
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Danke! RP,
Dein P.S. in Suchers Ohr!
Es gibt zwar bei uns kaum veritable neolithische Werkzeugkomplexe mit größeren Kratzern...aber wenn die auftauchen (so wie 60 km weiter südlich) dann wirkt das alles in meinen - hier  neolithdiasporageprägten - Augen  paläolithisch. Nicht nur von der Form her sondern auch die Bearbeitungstechnik scheint ähnlich.

Aber vielleicht kommt aus dieser ("rein endpaläolithischen") Fundstelle  doch noch eine jungsteinzeitliche Komponente heraus...
wie schon manchesmal hier angedeutet und gedacht.

So jetzt gehts auf den Acker bevor es wieder weiß wird
Bis bald


Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.