Eine kleine Axt

Begonnen von Ölfinger, 15. Juni 2020, 10:34:36

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Ölfinger

Gestern hatte ich das Glück, eine kleine, komplette Axt zu finden.
Sie ist etwas über 11,5cm lang und ich meine am Nacken noch die Reste einer alten Schaftbohrung zu erkennen. Die neue Bohrung ist nicht fertig gestellt und von beiden Seiten etwa gleich tief gearbeitet.
Hier die Bilder:















beste Grüße
Peter
Grüße
Ölfinger
was ich so treibe

Nanoflitter

Eine solche unfertige Axt ist fast besser als eine fertige, sagt viel über den Herstellungsprozess aus! Wenn ich mir den Nacken so ansehe, scheint das nicht das erste Loch in dem Stück zu sein. (Ach ja, hast ja auch vermutet.) :super: Gruss..

Wiesenläufer

Moin Peter,

ein eindrucksvolles Teil.  :super:

So ein "Glücksmoment" ist schon was besonderes.  :zwinker:

Du stellst so schöne große Bilder rein, wie machst Du das ?

Gruß

Gabi

Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Furchenhäschen

#3
Zitat von: Nanoflitter in 15. Juni 2020, 11:00:17
Eine solche unfertige Axt ist fast besser als eine fertige, sagt viel über den Herstellungsprozess aus! Wenn ich mir den Nacken so ansehe, scheint das nicht das erste Loch in dem Stück zu sein. (Ach ja, hast ja auch vermutet.) :super: Gruss..

Hallo Ölfinger,

toller Fund, da schließe ich mich Nanoflitter 100%-ig an!

Ein Museumsstück, denn es zeigt sehr anschaulich den Herstellungsprozess, Material wohl Amphibolit und bislang nur durch Picken in Form gebracht !
Klassefund zum Saisonabschluss.

Grüße
Peter

RockandRole

Holla,

die Waldfee  :-) Genialer Fund wo man wieder vortrefflich rätseln kann warum man die nicht wieder in Gebrauch genommen hat.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

thovalo


Sehr klasse und schon alles dazu gesagt!
Das Gestein sieht schon deutlich angewittert aus!  :glotz:


Wo kommt der Fund ungefähr her?
Schreib die Angabezur Fundregion doch bitte immer mit dazu.


lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Zitat von: RockandRole in 15. Juni 2020, 18:22:25
Holla,

die Waldfee  :-) Genialer Fund wo man wieder vortrefflich rätseln kann warum man die nicht wieder in Gebrauch genommen hat.

Liebe Grüße Daniel

Hi Daniel,
interessant zu wissen wäre weshalb die Axt ohne ersichtlichen Grund nicht fertig gestellt wurde!
Als Angewittert würde ich das Stück jetzt nicht bezeichnen, ist ja der grobe Zustand während einer Bearbeitungsphase, Loch angepickt, ebenso wie die kompletten
Restflächen.

Grüße
Peter


Nanoflitter

Ich halte das Stück für stark verwittert, wie bei Basalt oder diversen Amphibolithen häufig zu sehen ist. In der Zeit wo solche Äxte gefertigt wurden, war das picken schon ziemlich out, zumindest bei mir. Gruss..

Furchenhäschen

#8
Die angefangene  Lochung zeigt allerdings auch kein Bohrloch, es ist gepickt!
(Siehe auch die Beiträge von Biermann Köln)
Der Floss verweist auf Seite 860 das körnige und zähe Gesteine zu welchem das Material der Axt zweifelsfrei gehört
besser in Picktechnik zu bearbeiten war. Die Axt würde ich eher im Früh- bis evtl. noch Mittelneolithikum sehen, evtl. doch eine BK-Axt.


Schau mal das vorletzte Foto an, mit Sicht auf die Schneide, dort sind die Narbenfelder vom Picken am besten sichtbar.
Verwitterter Amphibolit hat ein anderes Erscheinungsbild.

Gruß
Peter

Nanoflitter

Na ja, ich hab hier auf BK bis Rössener nix gepicktes gefunden. Nur einen sehr verwitterten Basaltkandidat mit Sanduhrförmigem Loch. Vielleicht auch regional vom verfügbaren Rohmaterial abhängig. Gruss..

Ölfinger

Aus meiner Sicht ist die Oberfläche auch eher verwittert, da die "Poren" jeweils zwischen den hervorstehenden harten Mineralien genau so angeordnet sind, als wenn dort der Glimmer herausgewittert ist. Wenn die Axt schonmal verwendet wurden ist, was das wahrscheinliche ältere Schaftloch ja nahe legt, dann leuchtet mir die rundum gleich gepickte Oberfläche auch nicht so recht ein. Zumindest an den Gebrauchsseiten hätte ich dann eine glattere Oberfläche erwartet.

Fundort ist die südliche Müritzregion.

Was mich bei solchen Äxten aus Felsgestein immer wieder beschäftigt ist der Gebrauchswert. Bekommt man die tatsächlich so scharf, daß man damit z.B einigermaßen Holz bearbeiten kann? Bei Flint ist das ja kein Problem, aber in diesem Fall? Allein die Körnung des Materials dürfte einer ordentlichen Schneide ja schon im Wege stehen. Für Schädeldecken geht das sicherlich hervorragend, aber als Werkzeug?
Irgendwann muß ich mir mal einen Brocken solchen Rohmaterials mitnehmen und ein Beil zum Testen draus anfertigen. Mit Diamantscheibe und Winkelschleifer geht das ja schnell.  :engel:
Grüße
Ölfinger
was ich so treibe

Furchenhäschen

#11
Hallo,
das ist anhand der anhängenden einfachen Darstellung des Gebrauchszyklus einer Axt nach Wilms sehr gut darzustellen.

Dein Fundstück befindet sich nach Klassifizierung praktisch im letzten Stadium des Gebrauchs und somit in der Überarbeitungsphase 4. (Phase IV wurde nicht vollendet, weshalb ist nicht nachvollziehbar!)
Dieser Umstand ist für die Feststellung das die Oberfläche nicht als angewittert zu betrachten ist aber von wesentlicher Bedeutung!

Der Axtnacken der durch die Weiternutzung praktisch komplett neu ausgearbeitet werden musste zeigt das selbe Erscheinungsbild wie die Schneide, die nötige letzte Bohrung wurde nie zu Ende gebracht, wir befinden uns noch im Stadium der Vorarbeiten zu der auch das formgebende, umfassende Picken gehört.
Das Erscheinungsbild des Gesteins an Schneide, Nacken und "Bohrung ist identisch!

Ist das so besser verständlich?



Nanoflitter

Der Gebrauchswert solcher Geräte ist nicht so wie bei einer heutigen Axt. Damit wurde nicht irgendwo draufgehauen. Sie dienten als Keile zum Spalten von Stämmen in Bretter o.ä. Sicher wurde mit Holz auf den Nacken geschlagen, mit Stein würde das nicht lange funktionieren. Gruss..

Furchenhäschen

#13
Servus nochmal,

der Autor Wilms beschreibt die Technik und Arbeitsgänge bzw. Produktion der Äxte und Beile wie folgt:

Grundherstellung
- es war der Block (Ursprungsgestein)Großer Gesteinsblock
- Sägen
- Picken
- Schleifen
- Endprodukt
- Reparatur

Reparatur
die Reparaturphase stellt Willms wieder als ersten Bearbeitungsschritt mit dem
- Picken dar
- Schleifen
- Endprodukt

Diese Schritte wiederholen sich so oft bis der Werkstoff aufgebraucht war.

Deswegen befindet sich die gezeigte Axt auch mitten in der Reparaturphase,
nach vollendeter (Reparatur-)Bohrung wäre die Feinarbeit (das Schleifen) gefolgt.

Das Picken ist nach wie vor äußerst wichtig weil es der Feinformanpassung quasi dem modellieren des Steins diente.
Bei den späten endneolithischen Beilen wurden häufig die Narbenfelder des Pickens nicht mehr restlos ausgeschliffen,
da wurde Wert auf eine funktionierende Schneide gelegt.
Das rauhe Restnarbenfeld verbesserte dann wohl auch zusätzlich den Halt in der Schäftung.

Auf Wunsch können auch noch gepickte endneolithische Beile gezeigt werden.
Wer handwerklich begabt und etwas geschickt ist, für den sind diese logischen Arbeitsschritte auch relativ leicht nachzuvollziehen.

Grüße
Peter :winke:

Nanoflitter

Ich hab meine Beile immer direkt geschliffen, glaube nicht, das es da so eingefahrene, feste Arbeitsschritte gab. Das wird man auch früher, je nach Tradition, Geschick und Materialgeometrie differenziert gehandhabt haben. Gruss..

Furchenhäschen

#15
Zitat von: Nanoflitter in 16. Juni 2020, 14:40:11
Ich hab meine Beile immer direkt geschliffen, glaube nicht, das es da so eingefahrene, feste Arbeitsschritte gab. Das wird man auch früher, je nach Tradition, Geschick und Materialgeometrie differenziert gehandhabt haben. Gruss..

sicherlich wird das so differenziert gehandhabt worden sein
aber speziell bei der hier gezeigten Axt lassen sich diese Verarbeitungsprozesse recht anschaulich nachvollziehen weil die Fakten sichtbar und greifbar sind.

Das der Amphibolit nicht witterungsbedingt so aufgeraut erscheint zeigt das Foto des Nackens, es handelt sich ausschließlich um Pickfelder
:winke:

Nanoflitter

Na ja, da sind wir halt mal nicht einer Meinung. Sowas gibts auch. :zwinker: Gruss..

Furchenhäschen

Zitat von: Nanoflitter in 16. Juni 2020, 15:25:00
Na ja, da sind wir halt mal nicht einer Meinung. Sowas gibts auch. :zwinker: Gruss..

ja klar, :zwinker:
jeder sieht das Stück mit anderen Augen usw. und das ist ja das interessante sich einzubringen und
solche Stücke auszudiskutieren.
:winke:

Nanoflitter

Hier mal meine verwitterte Axt. Auch hier gehe ich nicht von picken aus, ganz klar. In meiner Region habe ich auch schon unzählige Sägeschnitte, Rohstücke, gebohrte Stücke, Bruchstücke, Bohrkerne etc. aus Amphibolith o.ä. aufgesammelt, aber kein einziges mit Pickspuren. Wäre ein Wunder, wenn sich aus dieser Arbeitsphase hier nichts finden würde, wenn es denn regelhaft durchgeführt wurde. Hier hat jedenfalls keiner gepickt.
Der Fundort ist ja auch ziemlich im Norden, evtl. wurde da mesolithische Tradition weitergepflegt, falls es gepickt ist. Wie auch immer, das ist ein Teil, wo man mal in der Hand haben muss, um auf eine einheitliche Meinung zu kommen. Gruss..

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,63218.msg392660.html#msg392660

Furchenhäschen

#19
das sieht aber auch deutlich anders aus,
Bohrung bereits vollzogen und Bruch nach Gebrauch,
von der Nutzungsdauer ebenfalls bereits am Ende der Leistungsphase IV, also restlos aufgearbeitet.

Bei Ölfingers Axt sieht man am Nacken noch das frische Blaugrün des Amphibolit welches bei Verwitterung nicht mehr so farbfrisch wirken würde. :zwinker:
Hier wäre interessant zu wissen was dazu führte das die "Inbetriebnahme" :-) der Axt nicht mehr stattfand.

Grüße
Peter


rot nachträgl. geändert

Nanoflitter

Der hat sich totgepickt  :-D

Furchenhäschen

Zitat von: Nanoflitter in 16. Juni 2020, 16:13:04
Der hat sich totgepickt  :-D

ein echtes Grimms-Märchen-Ende :zwinker:

RockandRole

gefährliches Drittelwissen

Steinkopf

Stonepickers Unvollendete!

Furchenhäschen

zum Alter haben wir uns nicht geäußert,
wohl einRössener Keil oder bzw. Breitkeil

Grüße
Peter

Nanoflitter