Ein massiver Kratzer aus einem halbierten Kern

Begonnen von thovalo, 03. April 2017, 21:03:57

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

thovalo



An Orten an denen das Rohmaterial Silex ein hochwertiger Rohstoff gewesen ist mit dem man aufgrund fehlender eigener Vorkommen achtsam umgehen musste wurden die Silexstücke hoher Materialqualität sehr weitgehend genutzt und verarbeitet.

So auch im Fall eines Kernsteins, auf dem auf einer seiner Abbauflächen eine dicht gestaffelte Abfolge von Steckenbleibern jegliche weitere Gewinnung von Grundformen verhinderte. Der Kern wurde zuletzt mit einem wuchtigen Schlag geteilt. Überliefert blieb davon bislang eine der Hälften die vom Bearbeiter zu einem in seinen Proportionen enorm massigen Kratzer mit einer hoch aufgewölbten Stirnausgearbeitet worden ist.


Dieses Artefakt fand sich im Bereich eines Hauptortes der Michelsberger Kultur am rechten Niederrhein. Inzwischen weiss man auch, dass der qualitätsvolle Silex vom Rijckholttyp auch noch im späten Neolithikum in nennenswerten Umfang genutzt und ausgetauscht worden ist. Damit ist die Zeitspanne für die Entstehung dieses Artefakts umrissen.


Länge: 4.7 cm
Breite: 4 cm
Höhe: 2.5 cm

in den gedrungenen Proportionen ein sehr regelrechter "Klotz"
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Furchenhäschen

Hallo Thomas,
saustark!
Da sage nochmal einer die Steinklopfer wären nicht kreativ,
(Material-) Not macht eben erfinderisch.
Tolles und interessantes Stück und sehr schön in Szene gesetzt.

Gruß
Peter :winke:

Steinkopf

Hallo Thomas,

ein fein präsentiertes Unikat -

klarer Fall von prähistorischer 'Kernspaltung'.

LG

Jan

thovalo



So eindeutige "Kernspaltungen" finden sich am Fundort, einer großen Flussufersiedlung, mit einem offenbar sehr günstigen Zugang zur Transportroute des westischen Feuersteins, nicht häufig kommen dort aber gelegentlich mit vor. Es gab wohl genug Materialvolumen, um solche Restlösungen durchführen zu können. Die Siedlungsstellen im Hinterland zwischen Rhein und Ruhr verfügten stets nur über wenige Grundformen aus Rijckholtfeuerstein aus denen Artefakte hergestellt werden konnten oder die bereits als Fertigprodukte eingetauscht worden waren. Nicht unwahrscheinlich fungierte der Fundort als regionales Versorgungs- oder Verteilungszentrum qualitätsvollen westlichen Feuersteins der Siedlungsökumene in dieser Landschaft.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

StoneMan

Moin, 

dann zitiere ich Dich doch einfach...
Zitat von: thovalo in 01. März 2017, 20:10:08

DAS ist mal ein "fetter" Kratzer!
  :super:
...und füge einen Glückwunsch hinzu  :Danke2:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry