Nichts Besonderes...

Begonnen von Silex, 02. Mai 2008, 22:48:29

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Silex

...aber hier total ungewöhnlich.
Inmitten von alten und neuen Kiesweihern hab ich mir eine unberührte, dezimeterhöhere, scheinbar unberührte Stelle ausgemacht.
Da liegt bisher unbestimmte Keramik herum , in übelstem Zustand, manche mittelalterlich, Einiges vorgeschichtlich anmutend und an der höchsten Stelle , in einer sandig/gelben Ausackerung lagen diese beiden  Artefakte direkt beieinander.
Trotz  mehrmaliger Nachsuche kein weiteres Finderglück.
Eine dünne Klinge mit Retuschierungen und /oder Gebrauchsspuren an der Unterseite und ein Abschlag mit einseitiger Retuschierung .
Ich suche schon lange...aber ich kann diese Dinger keiner Epoche zuordnen...wie gesagt: nichts Besonderes...aber ein Rarissimum inmitten dieses weitausgedehntem Urstromtales (hier ca. 10 km breit).
Vor etlichen Jahren fand ein Schüler, nahebei, ein neolithisches Steinbeil...
Ich bisher nur bronzezeitlich bis frühmittelalterliche Besiedlungsspuren.
Welche  zeitliche Fantasie habt IHR bei diesen Beiden?
Letzteres Teil weist keinen Sichelglanz auf....obwohl ich lange danach geäugt habe
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

psearch

Hallo Silex,

leider kann ich zu dem Fund selbst nichts sagen, da er zumindestens für meine Augen zu unspezifisch ist
und aus vielen Perioden der Steinzeit stammen könnte.

Allerdings kann ich deine Meinung "Nichts Besonderes" nicht teilen  :-D , meiner Meinung nach ist aber der Fund
jeder kleinen Klinge oder jedes ach so winzigen Absplisses etwas ganz Besonderes, öffnet sich doch dadurch
ein kleines Fenster in die Vergangenheit die wir erforschen und über die wir neue Erkenntnisse erlangen wollen.

Man kann sich viele Fragen stellen : Warum gerade dieser Platz ? Woher stammt das Rohmaterial ? Was für
Ressourcen gab es hier ? Warum nur so wenig Artefakte ? Nur ein kurzzeitiges Jägerlager ? Siedlung ? usw .....

:prost: Deshalb herzlichen Glückwunsch von mir für diesen aussergewöhnlichen Fund.

Übrigens kann die Fundsituation nach dem nächsten Umackern schon ganz anderes aussehen  :jump:  :super: .

MFG PSearch

Silex

Meine Rede und immerwiederkehrenwerdende Suada , psearch!
Eine neue Fundstelle mit umgeblich unüblichen Gerätschaften ist für das Sucherherz -und die Heimatgeschichte-
ein (potentieller) Glücksfall.
Zudem ist es mir , wie hier, noch auf keinem Fundplatz geglückt  zuerst einmal gleich 2 Geräte zu finden ohne die üblichen Anfangssplitter....denn üblicherweise überwiegt eben sogar auf kurzfristig besuchten Plätzen das Abfallmaterial.
Daher kann schon dies für eine gewisse Fantasie der Beurteilung des Platzes mit in Betracht gezogen werden (vollkommen unwissenschaftlich natürlich...und den bisweilen absonderlichen Gedankenmäandern mancher Lesefundphantasten entwunden...aber manchmal hat man auch so ein Gespür...gewiegt  und aufgeschaukelt im Schädelpokal auf  den endlosen Rasterpfaden...selbst kleinste Erhebungen und Bodenveränderungen werden zu  sprichwörtlichen "Sensationen"....).
Nochmals zu den beiden Fundstücken:
Mit dem hiesigen Endpaläo- und Mesolithikum kenn ich mich , was Gerätschaften und Materialbevorzugung anbetrifft, inzwischen einigermaßen aus.... beide Teile aber sind untypisch für diese Epochen...
und was die Sache vertrackt macht: Die Klinge oben besteht aus  (hier) "typisch" endpaläolithischem Material
und der retuschierte Abschlag aus vermutlich getempertem, mesolithisch anmutenden Rohstoffvorzugsstoff.
Die Stücke an sich sind "nichts Besonderes" aber gefiltert durch die Fundsituation, die Lage des Areals, die Unstimmigkeiten hinsichtlich Bearbeitung und Rohstoff....etc. und schließlich die Gedankengänge und "Erfahrungen" eines Suchers....die sich wiederum in der Zusammenarbeit mit Archäologen und einem Sucherforum "bricht".... ja...das  macht die Sache erst richtig interessant.
Ich tippe auf Neolithikum

Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

steinsucher

Hallo Silex, alter Feuerstein,

das erste Bild hat mich sofort an eine (nee, zwei) Zeichnung(en) aus meinem ersten gekauften Buch erinnert. Als ich aber den Titel damals meinem mich betreuenden "AMPF" nannte, war der nicht so begeistert davon. Deshalb - wissenschaftlich vielleicht nicht so wertvoll. Trotzdem der Vollständigkeit halber hier der Titel: Stefan Unser "Die Feuerstein-Technologie der Steinzeit".

Der Autor bezeichnete die folgenden Teile als "Levalloisspitzen". Das würde bedeuten, dass sie in das Paläolithikum gehören. Aber bitte "Vorsicht". So ein Dreieck entsteht auch so recht schnell. Ich möchte hier nichts verbindliches vermitteln.

So, nun die Bilder.

Gruß Fritz


Silex

Danke Fritz! Für diesen Hinweis. Selten findet man hier Ausreißer aus dem "eingefahrenen" (aber nicht selten trügerischem )  Raster. Wenn man 20 Jahre dieselbe Scholle beackert ist jeder  Tip für zweifelhafte Funde bewußtseinserweiternd.
Bin da natürlich weiterrumgestromert und fand nahebei   im Staub (eine neue Fundstelle) metallzeitliche(?) Keramik und Stichelähnliches sowie ein undefinierbares Abschlagsdreikantstück unbekannter Funktion, Materialherkunft und zeitlicher Herkunftshypothese.
Obwohl es Vergleichsstücke mit (querschnittsmäßiger) Neolithikdatierung  im Süden gibt.
Vielleicht kann  jemand was erkennen?

Gute nacht vom
Edi

Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Silex

Hier noch die "Stichel"spitze des letzten Gerätes  ganz in hiesiger endpaläolithischer Manier hergestellt. Also wieder 2 Teile , ähnlich obiger Fundstelle, die nebeneinanderliegen und vermutlich durch Jahrtausende getrennt sind. Vielleicht ist es Zufall....
Wenn man 10 Jahre lang ein Gebiet besammelt und außer Keramik nur 4 Silices findet....jeweils 2 an einem Fundplatz und  davon scheint jeweils ein Artefakt wesentlich älter/jünger als das andere.... das macht nachdenklich.... ob irgendeine wissenschaftliche Evidenz daraus abgeleitet werden kann ist wohl eher fraglich
Ja so sammelt man dahin..und denkt und mutmaßt...wegen so ein paar Steinchen
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.