Kratzer mit ergonomischem Griff

Begonnen von Schabersucher, 06. Dezember 2025, 22:10:34

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Schabersucher

Liebe Leute,
Beim Googeln nach Kratzern bekomme ich typischerweise Werbeangebote wie diese: 
Nie wieder frieren beim Eiskratzen! Dieser Eiskratzer hat einen super ergonomischen, rutschfesten Softgriff - liegt gut in der Hand und ist angenehm warm.
Einige dieser Attribute treffen auch auf den Stein zu, den ich euch hier vorstellen möchte:
Ein Abschlag von einer Flint-Knolle, die wahrscheinlich eine ziemlich barocke Form gehabt hat (?Ich habe mal gehört, dass versteinerte Schwämme diese länglichen super interessanten Formen bilden?). Die Dorsalfläche ist mit Kortex bedeckt. Das distale Ende ist durch einen Querschlag gekappt, an einer Stelle, wo es sich auf etwa die doppelte Breite verbreitert hat, sodass sich dort eine ziemlich große Stirnfläche bildet. An der Kante zwischen der Ventralfläche und dieser Stirnfläche ist auf der Stirnfläche eine Retusche angebracht, die den spitzen Winkel der Kante (ca 45 Grad) auf einen ca rechten Winkel abstumpft.  Dies ist die Arbeitskante des Kratzers. Auf der kortexbedeckten Dorsalfläche befindet sich proximal eine starke, in etwa halbkugelförmige Ausbeulung, ca. 4cm Durchmesser. Diese bildet einen natürlichen super ergonomischen und rutschfesten Softgriff. Liegt gut in der Hand und ist angenehm kühl.

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Ich gebe zu, dass das ein sehr spezieller Stein ist, der nicht besonders gut zu kategorisieren ist, aber anscheinend sind die Leute in meiner SH Ostseeregion hier dem Konzept Function follows Form gefolgt und haben halt das beste aus den herumliegenden Steinen gemacht oder aber für ihre Pläne die bestpassendsten Knollen gesucht ...

Was haltet Ihr davon?

Viele Grüße,
Sven
 

Jondalar

Also ich muss schon sagen, Sven, ein interessantes Stück und ein gut und spannend geschriebener Text!

Ich wollte reflexartig schreiben, dass ich das Stück nicht für ein Artefakt halte, aber das, was Du als 'die Arbeitskante des Kratzers' bezeichnest, lässt mich zögern. Da mögen sich Berufenere zu äußern...

Zum Thema fossile Schwämme kann ich jedoch etwas Substantielleres beitragen. Bei dem Stück handelt es sich nicht um einen solchen, wenn Du aber mal in die Formenvielfalt von Schwämmen 'eintauchen' möchtest, schau doch mal auf folgender Seite:

Cretaceous Sponges

Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass das Alter Deiner Flintknolle mit dem der dort gezeigten Fossilien übereinstimmt.
Viele Grüße

Jondalar
'Das Leben ist einfach, aber wir bestehen darauf, es kompliziert zu machen!'
(Konfuzius)

Wiedehopf

Moin Sven,

das sieht ja wirklich wie ein moderner Eiskratzer für die Autoscheibe aus.

Das Problem bei solchen Funden ist m. E. dass die vermeintlichen Retuschen auch auf natürliche Ursachen zurückgeführt werden können.

Wegen der für einen Kratzer / Schaber völlig untypischen Form und der für mich nicht erkennbaren Gebrauchsspuren tendiere ich zu einem Naturprodukt.

Der Stein käme bei mir wegen der ungewöhnlichen Form trotzdem in die Kuriositäten-Kiste.

Danke fürs Zeigen.

Viele Grüße
Michael   

Fischkopp


Schabersucher

Lieber Michael, Jondalar und Fischkopp!

Vielen Dank für Eure super netten Antworten!

Zitat von: Jondalar in 06. Dezember 2025, 22:38:39...
Zum Thema fossile Schwämme kann ich jedoch etwas Substantielleres beitragen. Bei dem Stück handelt es sich nicht um einen solchen, wenn Du aber mal in die Formenvielfalt von Schwämmen 'eintauchen' möchtest, schau doch mal auf folgender Seite:
Cretaceous Sponges
Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass das Alter Deiner Flintknolle mit dem der dort gezeigten Fossilien übereinstimmt.
Viele Grüße
Jondalar
Vielen Dank für den Link zu der interessanten Seite. Ja, ich gebe dir völlig Recht, es handelt sich bei der Grundform hier wohl kaum um einen Schwamm. Aber da fällt mir natürlich gleich der ein oder andere Schwamm ein, der hier irgendwo rumliegen müsste, den kann ich dann mal mit der Seite vergleichen!

Zitat von: Wiedehopf in 07. Dezember 2025, 11:33:30Moin Sven,
das sieht ja wirklich wie ein moderner Eiskratzer für die Autoscheibe aus.
Das Problem bei solchen Funden ist m. E. dass die vermeintlichen Retuschen auch auf natürliche Ursachen zurückgeführt werden können.

Wegen der für einen Kratzer / Schaber völlig untypischen Form und der für mich nicht erkennbaren Gebrauchsspuren tendiere ich zu einem Naturprodukt.

Der Stein käme bei mir wegen der ungewöhnlichen Form trotzdem in die Kuriositäten-Kiste.
Danke fürs Zeigen.

Viele Grüße
Michael 
Lieber Michael, vielen Dank! Ja, ich stelle immer wieder fest, dass ich Retuschen für Retuschen halte, die vielleicht gar keine sind... aber trotzdem habe ich diese Absplitterungen nochmal fotografiert, und beim Fotografieren habe ich auch gesehen, dass an dem was ich mit Arbeitskante bezeichnet habe, tatsächlich doch ziemliche Gebrauchsspuren vorhanden sind. Hier sind kleine Absplitterungen über den linken bis zentralen Bereich dieser Kante vorhanden, diese ziehen sich bis zu ca 2mm in die Stirnfläche. Alle anderen Kanten an dem Stein sehen ganz frisch unberührt oder aber ganz frisch kantenretuschiert (die laterale Kante mit Einbuchtung) aus. Abnutzung gibt es aber nur an der Arbeitskante...

Hier kommen nochmal Fotos dazu:
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Zitat von: Fischkopp in 07. Dezember 2025, 16:00:28Hallo Sven,
hier mal ein Link zu einem ähnlichen Fund.
https://sucherforum.de/steinartefakte/pragmatismus-in-der-steinzeit/msg493323/#msg493323

LG Fischkopp
Lieber Fischkopp,
vielen Dank für diesen Hinweis zu deinem super ähnlichen Fund  :huepf3: da freue ich mich riesig drüber! :ildf:  Und du hast die pragmatische Herangehensweise des oder der Handwerkerin ja auch ganz ähnlich charakterisiert, wie auch das Gefühl, wenn er in der Hand liegt! Dein Fund hat ja wirklich eine sehr schöne Kratzerkappe, die ist über alle Zweifel erhaben! Bei meinem Stein steht die ja nun noch etwas zur Diskussion... insgesamt ist dieses Ende bei meinem Stein etwas anders ausgeführt, und durch den Querabschlag entsteht auch eine weitere Kante an der Seite, die ich auch für schön herausgearbeitet halte, ich hänge auch dazu nochmal Fotos dieser Kante aus jeweils leicht unterschiedlichen Blickwinkeln an.

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Viele Grüße,
Sven

Wiedehopf

Danke Sven für die neuen sehr anschaulichen und aussagefähigen Bilder der Kratzerkante. 

Viele Grüße
Michael