Große Pfeilspitze

Begonnen von queque, 12. März 2009, 19:32:43

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queque

Hallo zusammen,

heute mal ein Stündchen im Regen auf der Mittelterrassenkante des Rheins unterwegs gewesen. Es gab diese Pfeilspitze, meiner Meinung nach ein michelsberger Typ. Sie ist sowohl ventral als auch dorsal zum Teil flächenretuschiert. Habe mich auf jeden Fall gefreut. Ein paar Meter daneben lag das zweite Teil, das ich für einen nicht weiter modifizierten Klingenkratzer halte.
Gruß
Bastl

steinsucher

#1
Hallo Forum, hallo queque,

das ist ein schweres Kaliber. Aber ich würde es auch so einschätzen. Immer wieder toll, dass so Etwas "überlebt". Ein schönes Stück!

Das zweite Teil kann ich auch nicht weiter einschätzen.

Gruß aus Heinsberg,

Fritz.

P.S. : Die Fotos haben eine richtig gute Tiefenschärfe, pass auf, dass nicht jemand deine Fingerabdrücke kopiert!

Der Wikinger

Hallo Steinies  :-)

Ich würde es wohl eher als Speerspitze ansprechen.
Mit einer Länge von 5 cm. wird die Spitze wohl zu schwer sein für einen Pfeil !  :belehr:

Das Gewicht wäre schon interessant ?  :kopfkratz:

queque

Moin Fritz und Steen,
Danke für die "Anteilnahme". Bei dem zweiten Teil ist wohl der Wunsch eher Vater des Gedankens. Auf jeden Fall zeigen sich zaghafte Endretuschen.
Wiegen muss ich nachholen, da ich keine Waage zur Hand habe. Mach ich morgen bei den Chemikern in der Penne.
Ich mutmaßte auch schon für mich im stillen Kämmerlein, ob die die (Pfeil?)Spitze eventuell eine unvollendete sein könne. Dorsal zeigt sich nämlich im nicht retuschierten Bereich die Oberfläche des ursprünglichen Abschlags. Proximal ist da eine ziemliche Kante zu entdecken, dich ich fotografisch nicht hin kriege. Vielleicht hat der Produzent die Arbeit unterbrochen oder die Mama hatte das Essen fertig :zwinker:.
Grüße an alle
Bastl

steinsucher

Hallo nochmal,

ZitatIch würde es wohl eher als Speerspitze ansprechen.
Mit einer Länge von 5 cm. wird die Spitze wohl zu schwer sein für einen Pfeil !
Das Gewicht wäre schon interessant ?

Da hat Sten natürlich recht. Speerspitzen kenne ich aus dem Rheinland aber bisher nicht. Vielleicht kleine Messer?

Mal sehen, wie andere das bewerten.

Gruß, Fritz.

Silex

Übergroße Pfeilspitze würde ich annehmen.
RP wird da schon für Klarheit sorgen.

Bei Euch geht es ja schon mit außergewöhnlichen Fundstücken los.....
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Larry Flint

... die Größe ist für eine Michelsberger-Pfeilspitze dieser Gegend nicht ungewöhnlich.

:winke:

Larry

Der Wikinger


Ich will hier nicht klug spielen, ist ja nicht meine Fundgegend.

Jedoch werde ich immernoch behaupten, dass dieses Gerät für einen Pfeil(also die Funktion) zu schwer ist !!

Larry Flint

... das bezweifle ich - als praktizierender Bogenschütze - aufrichtig.

Abhängig vom Zuggewicht des Bogens kann man auch noch schwerere Spitzen verballern.

:winke:

Larry

Der Wikinger


Na gut, Larry ...

... warten wir mal ab, was das Ding eigentlich wiegt !!  :zwinker: :winke:

rolfpeter

Servus,

erst mal Gratulation zum schönen Fund. Ich halte das Teil auch für eine Pfeilspitze, aber wir sollten noch mal das Ergebnis der Gewichtsbestimmung abwarten, eh wir uns festlegen.

Zitat von: Larry Flint in 12. März 2009, 23:51:59
Abhängig vom Zuggewicht des Bogens kann man auch noch schwerere Spitzen verballern.

Genau da liegt das Problem. Gestern klapperten auf Arte noch mal Monty Pythons "Ritter der Kokosnuß" über die Mattscheibe. Die haben sogar Kühe verballert.
In AiR 2005 schreibt J. Weiner über eine übergroße "Pfeilspitze" aus Königsdorf und greift dort auf Erkenntnisse der experimentellen Archäologie zurück. Er bezieht sich auf K. Beckhoff, der für steinerne Pfeilköpfe auf ein Maximalgewicht von 8g kommt. Unabhängig davon errechnete M. Korfmann für orientalische Bogenwaffen eine Grenze von 7g.
Ich habe die Zahlen mal dreisatzmäßig überschlagen und komme auf etwa 12,5 lb (Pfund) Zuggewicht, die man pro Gramm Pfeilspitze benötigt. Die stärksten mittelalterlichen Langbögen (Robin Hood läßt grüßen) hätten ein Zuggewicht von 90 lb gehabt. Da simmer wieder irgendwo zwischen 7 und 8 g angelangt.

Wer's richtig nachlesen will:

J. Weiner, Eine übergroße "Peilspitze" aus Königsdorf. In: Air 2005, 41-42
K. Beckhoff, Zur Morphogenese der steinzeitlichen Pfeilspitze. In: Die Kunde N. F. 17, 34-65
M. Korfmann, Schleuder und Bogen in Südwestasien. Antiquitas R. 3, 13

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

queque

Guten Morgen alle miteinander,
bin heute extra früh im "Haus des Lernens", um die Pfeilspitze zu wiegen:

[/quote]
In AiR 2005 schreibt J. Weiner über eine übergroße "Pfeilspitze" aus Königsdorf und greift dort auf Erkenntnisse der experimentellen Archäologie zurück. Er bezieht sich auf K. Beckhoff, der für steinerne Pfeilköpfe auf ein Maximalgewicht von 8g kommt.
[/quote]

Von diesen Werten, die RP nennt, ist das gute Stück denn doch noch etwas entfernt: Sie bringt ganze 5,1 Gramm auf die Waage.

Vielen Dank für Eure Einschätzungen und Kommentare :super:.

Gruß
Bastl

Larry Flint

#12
Hallo RP,

was das Zuggewicht mittelalterlicher Langbögen angeht, muss ich dich verbessern: Die von der Mary Rose (gesunkenes Schiff aus dem frühen 16ten Jahrhundert) geborgenen Langbögen besitzen Zuggewichte von 140 bis über 200 Ibs. Die dazugehörigen Projektilspitzen haben Gewichte von ca. 12 (Bodkin) bis 23 gr (Schwalbenschwanz).

Es steht völlig außer Frage, dass diese Zuggewichte für heutige Verhältnisse extrem hoch sind (ein moderner Anfänger beginnt in der Regel mit einem Zuggewicht von 30-40 Ibs - ich selbst schieße mit 80 Ibs noch gerade mit Spaß) und auch in der damaligen Zeit war dies die absolute Oberliga (Die Schützen an Bord waren Profis und haben von Kindesbeinen an geübt...).

Dennoch wird man davon ausgehen müssen, dass die Bögen der Steinzeit ebenfalls keine Spielzeuge gewesen sind.
Und wenn man bedenkt, dass der Steinzeitler nahezu täglich geübt hat, dürften Zuggewichte zwischen 60 und 80 Ibs wohl durchaus üblich gewesen sein - und damit kann man durchaus Spitzen von über 10 gr auf den Weg schicken...

Jedenfalls ist die besagte Gewichtsobergrenze für Pfeilspitzen von 7 bzw. 8gr Unsinn - das widerlegt schon das Fundmaterial.

Wer sich für die Materie interessiert, sollte sich unbedingt  mal das antun:
Robert Hardy (... ja, das ist "Siegfried" aus Der Doktor und das liebe Vieh!): The Great Warbow, History Press Sutton Publishing, 2005



:winke:

Larry 

Der Wikinger


Ich ergebe mich natürlich !  :friede:

Bei einem Gewicht von nur 5,1 Gramm, kann das natürlich ohne Probleme eine Pfeilspitze sein !

Ich hätte sie viel schwerer eingeschätzt !  :engel:

:winke:

Larry Flint

upps... - falsche Taste - s.o.

rolfpeter

Merci Larry,
man wird so alt wie eine Kuh - und lernt doch immer noch hinzu!

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Waren die Kühe  bei den Monty Pythons flächendeckend retuschiert?  Ich nehme an die Basis war im Analbereich und das distale Ende  im "Gehörntragenden"
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Khamsin

Salaam!

Also, Ihr mögt Euch ja mit Larry "the lounge lizsard" flint´s pauschaler Feststellung zufrieden geben:

"Jedenfalls ist die besagte Gewichtsobergrenze für Pfeilspitzen von 7 bzw. 8gr Unsinn - das widerlegt schon das Fundmaterial",

aber ich widerspreche da doch sehr dezidiert!

Abgesehen davon, dass es einfach methodisch - sagen wir es höflich - problematisch ist, von mittelalterlichen Langbogen und deren Eigenschaften auf prähistorische Bogen zu mutmassen, so
geht es hier nicht um die "Gewichtsobergrenze von Pfeilspitzen", sondern um eine solche von "neolithischen Pfeilspitzen"! Überdies hängt er sich doch m.E. arg weit aus dem Fenster, wenn er plakativ, aber ohne Belege "das Fundmaterial" bemüht!

Aber ich lerne immer gerne dazu! Also dann Larry, lass mal rüberkommen und tue Butter zu den Fischen: Von welchem Fundmaterial ist denn hier die Rede?

Schliesslich: Bist Du zu Deiner Beurteilung als "Unsinn" aufgrund der Lektüre der von RP zitierten Artikel gekommen? Oder ist der von Dir bemühte "Unsinn" nur eine "opinion"? Aber damit kennst du Dich ja aus.

KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Schollentreter

Hallo zusammen,

auch wenn mich keiner danach gefragt hat: Ich schließe mich in jedem Wort meinem Vorredner Khamsin an, möchte aufgrund von eigenen Funden den Aspekt "Dolchklinge" zu bedenken geben und verweise z.B. auf: www.landschaftsmuseum.de/.../Arbeiten-Silex.htm

Schöne Grüße,

Thomas

Larry Flint

#19
Pax!

"[...] wenn der Khamsin bläst, bekommt man keine Luft, kann sich kaum auf den Beinen halten und fühlt das Verdorren der Nervenstränge beinahe plastisch.", schrieb der alte Kishon mal - und ganz ähnlich ging es mir weiland, als mein alter, auf Grund von chronischen Verdauungsbeschwerden zu gelegentlicher Flatulenz neigender Hund zuweilen auf dem Sofa in Nasenhöhe an mir vorbeistrich...

Meinem Möpp verabreichte ich zur Linderung einschlägige Mittelchen zur Regulation seines Verdauungstraktes - dir, Khamsin, empfehle ich, sozusagen als "crazy remedy", z.B. die angegebene Literatur  zur Linderung deiner Beschwerden - manchmal hilft schon "genau lesen" (z.B. was meinen Beitrag betrifft).

Aber da Papier ja nun mal geduldig ist, lade ich dich hiermit herzlich zu einem wunderschönen Nachmittag auf den Rheinwiesen ein. Mir schwebt da derzeit in etwa folgendes Szenario vor:

Nach ausreichender Atzung mittels regionaler Spezialitäten (ich schlage Rheinzander mit Butterkartoffeln vor...) schnallst du dir eine Zielscheibe auf den Rücken und auf meinen gutgemeinten Zuruf "Lauf, mein ungläubiger Freund!!!" wirst du alsbald mit allen Sinnen erfahren (... und nicht etwa nur "meinen"), dass nicht nur die Hummeln - scheinbar jeglicher Physik zum Spott - munter ihres Weges fliegen.

Wie wär's, alter Windbeutel?

:winke:

Der Sofa-Salamander

PS. Was die Dolch-Hypothese angeht - ist natürlich Quatsch. Queques Artefakt war mit Sicherheit ein Spaten.

Silex

Da schwingt sich  sukzessive geradezu überbordende Geschosskraft in rhetorische Übergewichtigkeiten die mit plänkelndem Beiwerk   dem   Fragenden und Helfen- Wollenden nicht gerade zur Hilfestellung gereichen.
Die Sache ist wohl die dass man das Stück erst mal genau inspizieren müsste um , abseits aller Gewichtsdimensionen, auf den wahrscheinlichen Verwendungszweck schließen zu können. Sollte es fliegen? Wollte es seinem Herrn beiliegen? Konnte man Dolchen, Prunken, Geräuchertes abtrennen?
Es gibt Vieles zwischen Himmel und Erde was wir nicht ahnen können.
Menschen haben schon vieles angedacht, gemacht  und hergestellt  was jeglicher Kategorisierung Hohn spricht.
Wieviel Gramm hatte wohl durchschnittlich ein kindliches  Bauopfer unter der Schwelle eines keltischen  Hauses....abseits aller Ballistik?
Die "Ahnung"-  und der Respekt vor den vielen Findern und Mithelfern hier  sollten uns  nicht in Spiegelfechtereien abdriften lassen. Bei allem Respekt für die konträren Meinungen.
Vielleicht habe ich auch  hier etwas  missverstanden......denn ich hatte heute unbeschreibliche Konträrerlebnisse

Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

rolfpeter

Edi, ich fürchte, Du hast nichts mißverstanden!

Hier bahnt sich ein kleines unschönes Scharmützel an. Wenn's dann mit dem Austausch belastbarer Argumente nicht mehr richtig zielführend weitergeht, dann wird auch schon mal scharf geschossen, zur Not auch in den Rücken.
Da gibt es gottlob noch einen Schiedsmann, den Moderator. Der soll in einem Forum moderieren, also die Diskussion in einer positiven Form begleiten und auch helfen, Konflikte unblutig zu beenden.
Ich versuche das jetzt mal mit einem Vorschlag zur Güte:
nehmt euch ein gutes Glas Rotwein, lest die von der jeweiligen Gegenpartei vorgeschlagene Literatur und schreibt euch gegenseitig höfliche PMs - so lange, bis ihr das Thema in privatissimum ausdiskutiert habt. Und danach laßt ihr uns bitte an den gewonnenen Erkenntnissen teilhaben.

Ist doch eine Bombenidee, oder?

Ich wünsche eine geruhsame Nacht!
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

queque

Jungs, beruhigt Euch wieder.
Es ist doch nur eine Flintspitze (M.E. eine schöne!). Nach Pflügen von Literatur (Fiedler etc.) denke ich immer mehr, dass es sich wirklich um eine michelsberger handelt. Werde das gute Stück aber bei Gelegenheit J. Weiner vorlegen, ich denke, der wird dazu mehr sagen können.
Gruß und  :friede:
Bastl

Khamsin

Salaam!

Nein RP, unschön ist das nicht! Schau Dir die Reaktion von unserem Lounge Lizard an, das spricht von Humor oder?

Um es kurz zu machen: Das Zuggewicht mesolithischer Bogen vom Typ Homegaard "lag schätzungsweise zwischen 45 und 70 lb". Als Pfeilspitzen dienten Mikrolithen, von denen nach meiner Kenntnis keiner über 7g-8g wiegt. Selbst im Falle des Pfeiles von Loshult/S werden die beiden Dreiecksmikrolithen nicht dieses Gewicht erreichen.

Das Zuggewicht neolithischer Bogen "lag zwischen 35 und 70 lb" (jeweils sinngemäss zitiert nach J. Junkmanns, Pfeile und Bogen. Herstellung und Gebrauch in der Jungsteinzeit (Biel 2001)).
Das deckt sich auch mit entsprechenden Angaben in den grundlegenden Arbeiten von Klaus Beckhoff, die er in den 1960er Jahren in der Kunde veröffentlicht hat sowie mit solchen bei Ulrich Stodiek & Harm Paulsen, "Mit dem Pfeil dem Bogen..." Technik der steinzeitlichen Jagd. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland. Beiheft 16 (Oldenburg 1996).

Nach meiner Kenntnis gibt es nur eine Arbeit, in der neolithische Pfeilspitzen aus Flint merkmalanalytisch, d.h. auch deren Gewicht, bearbeitet worden sind: A. Zimmermann, Die bandkeramischen Pfeilspitzen aus den Grabungen im Merzbachtal. In: Rheinische Ausgrabungen 18 (Köln 1977) 351-417.

Es stand eine Grundgesamtheit von 189 Stücken zur Verfügung, Mittelwert ist 1,6 g, Maximalwert ist, man mag es glauben oder nicht, exakt 7 g! (vgl. dazu Tab. und Histogramm Abb. 13, Seite 374).

Klar, das Neolithikum besteht nicht nur aus der LBK. Schön wäre es, wenn es weitere Arbeiten zu jüngerneolithischen Pfeilspitzen gäbe. Es gibt auch zumindest eine, aber da fehlen die Statistiken (N. Vutiropulos, Fernwaffen in Südosteuropa. Neolithikum bis frühe Bronzezeit. Internationale Archäologie 4 (Buch am Erlbach 1991). Der Mann beruft sich im Hinblick auf die Gewichte auch auf Korfmann (kein Wunder, denn das war sein Doktorvater!).

Leider sucht man auch bei

Wulf Hein, Pfeilspitzen aus Feuerstein. In: Das Bogenbauer-Buch. Europäischer Bogenbau von der Steinzeit bis heute (Ludwigshafen 2001), 81-95 Angaben zu Pfeilpitzengewichten vergebens.

Jüngerneolithische Pfeilspitzen, mit denen ich gelegentlich zu tun hatte und die ich fallweise gewogen habe, lagen immer unter 8 g. Gerne würde ich schwerere Exemplare kennen wollen.

Aus dieser Bredouille sollte uns jetzt Larry helfen können! Denn er hat ja "das Fundmaterial" erwähnt, auf dem seine Meinung gründet. Dabei müsste es sich doch - wenn ich das richtig interpretiere - um Pfeilspitzen (aus Flint, oder?) handeln, die über 7-8 g wiegen, richtig?

Also dann Larry, "nenn mal Ross und Reiter" und spann uns bitte nicht weiter auf die Folter. 

Schon jetzt herzlichen Dank im voraus und beste Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Larry Flint

#24
Tach auch, Khamsin!

Schön, dass du auch Nehmerqualitäten hast.

Um's mal klarzustellen: Mein Betrag bezog sich primär auf RPs Ausführungen zu mittelalterlichen Langbögen. Meine Aussage, dass die Obergrenze von ungefähr 7 Gramm für Pfeilspitzen unsinnig ist, bezieht sich nicht auf steinerne Pfeilspitzen, sondern auf Pfeilspitzen im Allgemeinen. Bei besagtem  Fundmaterial handelt es sich um spätmittelalterliche bzw. frühneuzeitliche Projektilspitzen ("Projektilspitzen", da ja nicht immer eindeutig zu bestimmen ist, ob die Dinger auf einem Pfeil oder aber auf einem Bolzen saßen) - Literatur ist ja angegeben.

Was das Zuggewicht steinzeitlicher Bögen betrifft, halte ich es methodisch durchaus für vertretbar von der Praxis auszugehen (auch nach mehrmaligen Lesen meines Schriebs konnte ich nirgendwo ausmachen, dass ich da von 200 Ibs-Monstern auf das Zuggewicht steinzeitlicher Bögen geschlossen hätte...).

Jedenfalls sind die z.B. von Junkmanns gemutmaßten Zuggewichte auch nur Schätzungen auf Grund der bekannten Bogenfunde, die überhaupt als eindeutiges Fragment selten genug, als kompletter Bogenstab aber extrem selten sind, sowie Rückschlüsse aus seiner eigenen Erfahrung als Bogenbauer und Bogenschütze.

Bedenkt man beim Rückschluss von Originalfunden  noch die Veränderung des Bogenholzes durch Schrumpfung, Quellung etc. sowie den Umstand, dass selbst ein maßidentischer Bogenstab sehr deutliche Abweichungen hinsichtlich des Zuggewichtes bzw. der Wurfkraft aufweisen kann, denn jedes Bäumchen ist ein Individuum, so dürfte eigentlich klar sein, dass man hier genausogut die Orakelknochen werfen könnte, um auf diesem Weg zu einem tragfähigen Ergebnis zu kommen (die Bögen von der Mary Rose wurden dagegen ganz konkret und brutal getestet...).

Geht man von der Praxis aus, so mag man mit einer 35 Ibs - Flitsche durchaus in der Lage sein, den Lumpi in des Nachbars Garten einigermaßen heimtückisch niederzustrecken. Für die Jagd auf größeres Viechzeug auf größere Distanz taugt ein derartiges Spielzeug aber nicht. Erfahrungsgemäß tun da Bögen mit Zuggewichten ab etwa 60 Ibs bessere Dienste. Diese sind mit ein wenig Übung auch gut zu handhaben - und ich denke, dass ich mich nicht aus dem Fenster häng', wenn ich behaupte, dass der Steinzeitler öfter mal geschossen hat... Ab 80 Ibs wird's dann aber anstrengend  für den Schützen (und schwerer für den Bogenbauer). Insofern sind liegen die genannten 70 Ibs ja dann doch ziemlich mittig im von mir geschätzten Bereich von 60-80 Ibs. Ich werde die Tage mal ein bisschen in der Völkerkunde wühlen, um herauszufinden in welchen Zuggewichtsbereichen sich dort die Bögen bewegen...

Was Bögen mit deutlich geringerem Zugewicht angeht, könnte man durchaus davon ausgehen, dass es sich um Bögen für Kinder und Jugendliche handelt - irgendwann musste ja auch der Steinzeitler mal mit dem Üben anfangen.

Für das o.g. - relativ hohe - Zuggewicht spricht im Übrigen auch die spezifische Verwendung von Eibe und Ulme als Bogenholz (das ist jedenfalls der Regelfall) -  bei geringeren Zuggewichten hätte man hinsichtlich der Auswahl des Baumaterials mehr Optionen gehabt.  Darüber hinaus wäre die sehr durchdachte Bearbeitungstechnik, die alle mir bekannten (eindeutigen) prähistorischen Bögen aufweisen, nicht von so ausschlaggebender Rolle gewesen.

Mit einem Bogen, der zwischen 60 und 80Ibs Zuggewicht hat, kann man jedenfalls Spitzen verschießen, die mehr als 7 Gramm auf die Waage bringen - egal aus welchem Material.

:winke:

Larry





queque

n' Abend zusammen,
war heute beim Amt und J. Weiner hält einen michelsberger Steineklopper als Hersteller des Stückes für (fast) sicher. Bemerkenswert fand er allerdings, dass die Spitze aus einer trapezförmigen Klinge gefertigt ist und nicht, wie für die meisten michelberger Pfeilspitzen wohl üblich, aus einem eher linsenförmigen Abschlag.
Grüße
Bastlmann