Silices von der Siedlung am Ellbach

Begonnen von rolfpeter, 09. Dezember 2007, 19:00:11

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rolfpeter

Servus Freunde,

es kann nicht immer Beile und Dechsel regnen, es gibt auch interessante "Kleinfunde".
Als erstes einige der Klingenbruchstücke von der Fundstelle am Ellbach. Es gibt auf der Stelle weder besonders große, noch schöne gerade Klingen. Mir kommt es fast so vor, als sei die Siedlung ein wenig von der Rohstoffversorgung abgeschnitten gewesen. Ebenmäßige Reste von Klingenkernen habe ich auch noch keine gefunden.



Besonders erwähnen möchte ich die Klinge unten links, die wohl in ein "Erntemesser" eingesetzt war. Sie hat einen wirklich spiegelnden, diagonal ganz scharf abgesetzten Glanz, sowas hatte ich bisher noch nicht! An dem Foto ist nix getürkt oder retuschiert, die Grenze zwischen glänzender und matter Oberfläche ist wirklich so ausgeprägt.



Häufig sind an der Fundstelle auch Klingen mit Endretuschen.





Die schwarze Spitze unten rechts erinnert fast an eine Michelsberger Spitzklinge oder einen Bohrer.



Dieses Gerät, hergestellt aus einem Abschlag, scheint mir ein Bohrer zu sein. Es ist steil von der Dorsalseite aus retuschiert und hat auf beiden Lateralseiten an der Kante nach Ventral deutliche Arbeitsspuren.





Zum Schluß möchte ich euch noch um eure Meinung zu diesem Artefakt bitten: es ist beidseitig vollflächig retuschiert und terminal abgebrochen. Ist doch eine Pfeilspitze - oder? Aber passen solche flächenretuschierten Spitzen ins rheinische Mittelneolithikum? Oder sollte es ein Irrläufer aus jüngerer Zeit sein?
Das Ding wiegt übrigens 3.8g, vor dem Abbruch waren es dann vielleicht 5g.



Die hellbraunen Silices könnten aus Rullen-Flint sein, die dunkelbraunen scheinen mir aber aus feuchtboden-patiniertem grauen (Rijckholt?) Flint zu bestehen.

Herzliche Grüße
RP





Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

arriba

Super tolle Photos!
Danke fürs zeigen :winke:

LG Rikke

Silex

Danke RP!
Ich bin  komplett stoned...erstaunt zudem.
Deine Zentimeterrasterunterlage musst Du mal wieder auswekksln...die ist ganz abgeschabt vom "Gewicht" Deiner zahlreichen , interessanten Präsentationen.
Die Pfeilspitze hätte ich anfangs in Dolch/messernähe  angesiedelt weil die Lateralseiten auf dem Foto ziemlich parallel erscheinen und die Kanten eher nach robuster Nutzung aussehen...aber der eine Basisschlag in mittiger Schaftnähe ....der lässt Fliegendes wahrscheinlicher werden.

Hoffentlich erfahre ich über diese Fundstücke hier noch MEHR

Und die Fotos sind perfekt...
Ein Sucherforum wie dieses hab ich mir immer gewünscht

Glücklich....jetzt hab ich wieder getankt um eine Woche vorindustrielles Arbeitsklima durchzustehn
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Khamsin

Salaam!

Dass Rullen-Flint dabei ist, ist nicht zu bezweifeln. Aber es ist eben nicht immer dieses hinglänglich bekannte gelbe Zeug mit den kleinen weissen Pünktchen! Den gibts eben auch bläulichgrau/gelb...

Zu dem sog. Sichelglanz: Wie ist der denn dorsal ausgeprägt?
Im übrigen kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Stück - obgleich dort glatt gebrochen - auch in Funktionsform nicht länger war (Es wäre spannend zu sehen, ob sich auf der Bruchfacette auch Glanz zeigt).

Ginge man nun von einer klassischen Schäftung im Griff eines Erntemessers (aus einer Augsprosse vom Cervus elaphus) aus und damit davon, dass die konkave Grenze am Rand der Glanzzone von einem dort anzunehmenden Pechwulst herrührt, dann erlaubte dies Spekulationen darüber, in welcher Stellung ZUM und wo AM Griff das Stück einst gesessen haben sollte. Vorauszusetzen ist auch noch die bekannte Schrägstellung der Einzelelemente.

In a nutshell: eigentlich käme nur die absolute Distalposition in Frage. Dem widerspricht aber, dass dort die Sprosse einen recht dünnen Querschnitt aufweist (selbst bei den kolossalen Abwurfstangen kapitaler neolithischer Rothirsche), so dass ich mich frage, ob die Schäftungsrille tatsächlich tief genug war, um die gesamte Breite des Klingeneinsatzes, und zwar noch schräggestellt, aufnehmen konnte.
Schliesslich erscheint mir als Endstück in der Einsatzsequenz von 4-5 Elementen eine Klinge mit einem derart kleinen vorstehenden Schneidenteil für ein veritables Erntemesser nicht sehr sinnvoll.

Alternative: Das Stück war, analog zu einem heutigen Teppichmesser, singulär, aber auch mit Pech, geschäftet.

Und irgendwann einmal wurde der - wohl eher mittelneolithische - John Doe von seiner Frau Jane Doe um einen neuen Bodenbelag gebeten. Bedenkt man die Grundfläche eines Rössener Hauses, dann hatte Johnny wahrhaft alle Hände voll zu tun! Und so bildete sich an der Schneide der ehemals jungfräulichen Klinge dieser wirkliche Prachtglanz.

Danke für die Gelegenheit, mal wieder die Register ziehen zu dürfen. Wohlgemerkt, alles nur Spekulationen, vielleicht in Richtung educated guess... Jedenfalls als Anregung zur Diskussion gemeint.

RP, bitte suche den Platz weiter ab. Würde mich nicht wundern, wenn Du über kurz oder lang ein veritables trapezförmiges, mittelneolithisches Sichelelement finden würdest (mit diagonal schwach konvexen Retuschierungen; schau mal bei L.F. 1979, Typentafel MN).

Schala gaschle KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

rolfpeter

Zuerstmal möchte ich mich entschuldigen, daß ich erst jetzt antworte! Habe zur Zeit mancherlei, nicht immer angenehme, Sachen um die Ohren.
Danke für eure Beiträge!
Der Glanz ist dorsalseitig lateral exakt bis an die Grenze auf der Ventralseite zu sehen. Den scharf abgegrenzten Bogen sieht man allerdings nur ventral. Ich stimme Dir zu, lieber Khamsin, die Funktionsform war nicht länger, als jetzt noch vorhanden. Deswegen ist die Schneide ja an der Kante so stark verrundet. Leider kann ich auf der Bruchfläche keinen Glanz sehen.
Den Gedanken an ein"Teppichmesser" oder einen kurzen Cutter kann ich sehr gut nachvollziehen.
Wenn ich mal wieder mehr Zeit und Muße haben sollte, werde ich mich der Stelle gebührend widmen!

Herzliche Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

coinwhisper

bei stein 1547 fehlt der schwarze punkt . am ende!

wie sieht das denn aus :platt:


lg

coinwhisper  :winke:

Silex

Das wird schon seine Bedeutung haben, coinwhisper. Da bin ich mir sicher.....!!!
Späßchen? Na ja.
Schau Dir lieber die Sachen an die einen wahren Sucher ausmachen.
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

coinwhisper

@ silex

ich schau ja schon immer, aber auf den äckern find ich dann nix   :platt:

bei der kälte hab ich sondelfrei und werde mal ein paar äcker mit den augen absuchen, vielleicht klappt es ja.


lg

coinwhisper  :winke: