Klopfkügelchen

Begonnen von Silex, 01. Dezember 2007, 22:33:56

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Silex

Die Archäologen haben dieses Silexrund als " geschliffenen Silexklopfer" eingeordnet. In der Tat ist das Ding an einer Seite sehr glatt und gegenüberliegend  von Schlagnarben zertrümmert.
Aber warum ein Ding schleifen wenn man es gerade da halten will? Griff braucht.
Oder habe ich da was mißverstanden?
Erst 2 Dinger habe ich bisher auflesen können die diese seidige Kugeloberfläche besaßen.
Oder wurde vorher geklopft und dann geschliffen?
Das wäre interessant zu wissen

Macht es gut und wartet wie ich auf den Frühling
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo Edi

Ich denke der Stein hat eher eine Mörserfunktion gehabt, daher der Schliff !!

Könnte ein Mörser für Pulverisierung von Natur-Farbpulver gewesen sein. Zum Malen vielleicht Gesichtsausschmückung ?
Kann man vielleicht in Vergrösserung kleine Farbpigmente auf der Geschliffenen Seite erkennen ?

Nur sehr, sehr ferne gedanken   :kopfkratz:

:winke:

Silex

"......Nur sehr, sehr ferne gedanken ......"
aber "helfende" mein lieber agersoe...
Der Kopf ist rund damit man die Gedankenrichtung ändern kann     .... sagte Francis Picabia.... und das geht nur mit Freunden und Innen

Vielen Dank.... ein Puzzlestück mehr ....vielleicht
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

wühlmaus

Da kann ich dem agersoe nur beipflichten ...

Als wirklicher Klopfstein ist dieses Steinchen einfach zu mickrig ... es sei denn, es waren wirklich Zwerge bei Dir  :narr:

Der Schliff impliziert eine reibende Funktion ... Pigmente ist wirklich eine faszinierende Idee ...  :super:

Warum hab ich nie solche Geistesblitze???  :heul:

:winke:
Gerd

Der Wikinger

Bei uns sind Steine gefunden worden, wo noch Spuren von Farbstoffen waren.
Flache Sandsteine mit Löchern, in denen Farbstofpigmente in klebriger Masse noch zu sehen waren.
Datierung Steinzeit !  :staun:
Ein Steinzeitmörser wäre wirklich ein sensationeller Fund !!  :super:

Sehe ich da schwarze Farbe auf der glatten Seite, oder hast du nur die Fundnummer auf der vermeindlich "falschen Seite" geschrieben, Edi ??  :zwinker: :winke:

steinsucher

Hallo Forum,

ich schließe mich mal den Archäologen an: "geschliffener Silexklopfer". Zwar ein sehr kleiner, aber wenn das Schlagnarben sind, dann denke ich mal an einen so genannten "Pickstein". Geschliffen war er wohl mal komplett. Das bedeutet aber nicht, dass Menschen ihn geschliffen haben. In meiner Heimat bezeichnen wir diese Teile als "Maaseier". Die liegen hier überall rum. Von der Natur im alten Flussbett rund "geschliffene" "Silexe", ziemlich hart.  So, jetzt hat einer unserer Vorfahren einen kleinen, feinen "Mörser" für die feinen Dinge. Die Oberfläche total glatt. Da zerreibt es sich nicht mehr gut. Da nimmt er sich dieses Teil als kleinen "Klopfer" und "pickt" die Oberfläche wieder rau.

Also, das Teil wurde geschliffen, es ist aus Silex und es ist damit geklopft worden. Die Archäologen haben recht!?

So hätte ich es eingestuft. Aber das ist nur meine Theorie.

Gruß, Fritz

wühlmaus

@ steinesucher  :winke:

Yepp!! Das Steinchen erinnert wirklich an eins unserer Maaseier ... Nur sind diese, von ihrer Entstehung her, schon recht speziel rheinisch und haben mit Edis Fundregion wenig zu tun ...
Khamsin hat sie hier im Forum schon einmal sehr schön beschrieben:
http://www.sucherforum.de/index.php/topic,21521.msg120284.html#msg120284

:winke:
Gerd

rolfpeter

Servus Freunde,

ich schließe mich den Vorrednern an. Es handelt sich um eine sekundär abgerollte Flintknolle. Sehr typisch dafür ist die teils glatte, teils strukturierte Oberfläche. Der Flint ist nicht so homogen wie allgemein angenommen, es gibt harte und weichere Partien. die weicheren werden spiegelglatt, bei den härteren sieht man noch Andeutungen der Rinde.
Ein Beispiel eines Maaseies mit den angesprochenen Merkmalen:



Herzliche Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Der Wikinger

Hallo wieder !

@rolfpeter
So viel ich weiss, kann man bei Flint nicht von harten und weichen Partien reden, da sehr homogen, Härte 7.
Eine Partie kann aber starker "dem Schliff" ausgestetz werden, z.B. beim rollen in einem Fluss, am Strand. Partien die im Stein tieferliegen oder mitten auf einem länglichen Stück werden natürlich nicht so intensiv abgebaut, wie z.B. die Enden, wie mans auch auf deinem Foto sieht.

Es kann ja schon sein, dass es sich um einen sogenannten Maasei handelt.
Was ich aber erstaunlich bei dem Foto fand war, wie glatt und geschliffen das aussieht !?!?  :platt:

Vielleicht kann der Edi noch bessere Bilder zu der "geschliffenen" Seite machen ??

:winke:

rolfpeter

Servus Steen,

der Feuerstein ist eines der Materialien, die am längsten von den Menschen benutzt wurden, aber leider ist die Physik und Chemie des Feuersteins (sicher weil heutzutage kein wirtschaftlich wertvolles Gut) wenig erforscht. Klar ist, daß es sich beim Feuerstein um ein stark entwässertes Gel des Siliziumdioxyds handelt.
Je nach Restwassergehalt oder Verunreinigung haben sich vielleicht Zonen im Material gebildet, die physikalisch unterschiedlich sind. Beim mir gut bekannten Rijckholt-Flint gibt es Zonen mit glasartigem Charakter und andere, die ein rauhes, körniges Gefüge haben. Damit will ich sagen, daß der Feuerstein eben nicht homogen ist!
die unterschiedlich verschlissene Oberfläche eines Maaseies ist für mich ein Beweis für die Inhomogenität! Die meisten Maaseier haben unterschiedlich glatte und analog zur Glätte auch unterschiedlich gefärbte Oberflächen.
Hier ist ein anderes Maasei mit dem gleichen Phänomen. Man erkennt eine Grenze, die vertikal auf dem Foto verläuft. Links der Grenze ist der Stein heller grau und wesentlich glatter, fast wie poliert.
Die Härteskala nach Mohs ist eine nicht lineare und recht ungenaue Angelegenheit. Diamant mit Härte 10 ist ungefähr 10000 mal härter als Korund mit der Härte 9.



Herzliche Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Khamsin

Salaam!

Das eine glatte halbrunde Ende und die dort angrenzenden Rindenpartien erinnern sehr an eine natürliche Gerölloberfläche. Dank an RP und die schönen Beispiele!

Bei den Spuren am anderen Ende dagegen scheint es sich um Zerrüttungszonen zu handeln, die wir von sog. Klopfern kennen. Was Klopfer/Klopfkugeln sind, braucht hier nicht weiter ausgeführt zu werden. Spannend ist indes, dass Klopfer - jedenfalls nach meiner Kenntnis - nicht hinsichtlich der Grösse definiert sind. Mit anderen Worten, es gibt kleine, grosse und sehr grosse Klopfer mit einer oder mehreren Zerrüttungszonen.
Und sie besitzen unterschiedliche Formen, was nur von der Intensität ihres Einsatzes zeugt. Deshalb ist auch der Begriff "Klopfkugel" obsolet, bezeichnet er doch nur einen Klopfer im Endstadium. Auch in diesen Fällen handelt es sich funktional betrachtet immer nur um Klopfer.

Wenn nun aber Klopfer allgemein als hochspezialisierte Geräte bei der Anwendung der Picktechnik zur Modifikation von Felsgestein betrachtet werden, und wenn man aus ergonomischen Gründen dafür gut faustgrosse Objekte am besten einsetzen kann, dann liegt natürlich die Frage nahe: "Was hat man mit den kleinen, teilweise sogar sehr kleinen Klopfern gemacht?

Laut Wühlmaus:"Als wirklicher Klopfstein ist dieses Steinchen einfach zu mickrig ... es sei denn, es waren wirklich Zwerge bei Dir."

Dieser Argumention folgt man gerne. Aber eben nur dann, wenn man Klopfer (egal welcher Grösse) grundsätzlich als Pickwerkzeuge versteht. Muss das wirklich so sein?

Wie so oft, hilft auch hier ein kleiner Exkurs in die Literatur. Und siehe da, man findet kleinste Klopfer, die natürlich nie und nimmer zum Picken von Felsgesteinoberflächen eingesetzt werden konnten und auch nicht worden sind! Und trotzdem zeigen sie Zerrüttungszonen, die jenen an den pickenden Grossgeräten absolut vergleichbar sind.

Und nun zurück zu Edis schönem Fund und in seine Heimat, Bayern. In seiner Doktorarbeit hat

Norbert Nieszery, Linearbandkeramische Gräberfelder in Bayern. Int. Arch. 16 (Espelkamp 1995)

mehrere Grabinventare abgebildet, in denen Reste von Feuerzeugen enthalten sind. Neben Schwefelkiesknollen sind es vor allem die sog. Feuerschlagsteine, die hier interessieren. Es handelt sich regelhaft um teilweise sehr, sehr kleine prismatisch-kugelige Flintbrocken mit Zerrüttungszonen.

Nun will ich nicht behaupten, dass Edis Fund ein solches Stück ist. Ich habe lediglich eine weitere Interpretationsmöglichkeit des Fundes auf Basis archäologischer Vergleichsstücke aufgezeigt.

Ach ja, der Vollständigkeit halber: J. Weiner hat bei seinen Grabungen auf dem Lousberg in Aachen einen kleinen, kissenfömigen rechteckigen Klopfer aus hellgrau-belgischem Flint gefunden und 1984 veröffentlicht. Dieses Stück wurde von dem Gebrauchsspurenspezialisten P. Vaughan seinerzeit analysiert, der feststellte, dass man damit "soft stone" bearbeitet habe.
Ein Vergleich mit Zerrüttungszonen an modernen, von J. Weiner experimentell eingesetzten Feuerschlagsteinen ergab ein verblüffend übereinstimmendes Ergebnis. Bei dem damit bearbeiteten "soft stone" handelte es sich um Schwefelkies!

Schala gaschle KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Silex

Danke an Euch!!!
Da sind viele Anregungen  und "Ausschlüsse" erarbeitet und gedacht worden die mir weiterhelfen. Auch der Querverweis Khamsins vom "Silexquader" aus nach HIER ist sehr interessant. Denn der "Quader" dürfte aufgrund der Beifunde neolithisch zu datieren sein oder in die Metallzeiten  zu reichen- dieses ehemalige  "Ei" aber stammt von einer endpaläolithischen Fundstelle und  die Besonderheit ist hier eben diese "polierte" Oberfläche.
Erst einmal hab ich so eine  seidenweiche Oberfläche erspürt. Das  ebenfalls eiförmige Objekt wurde damals mit leichten Klopfspuren an einem Ende auf einer "allperiodigen" Fundstelle aufgelesen  und war ca. 7 cm lang. Die Archäologen  legten es als "Glättstein" und "Unikum" ab.
Ich muss es mal rauskramen (im Weihnachtsurlaub geb ich "meine Sachen" an das örtliche Museum ab... mit der zugesagten  Option eines eigenen Schlüssels und der eventuellen Ausgliederung potenterer Fundstücke).

Da  in meinen  sämtlichen Aufsammlungen (und auch in allen Fundberichten dieses Regierungsbezirkes) noch nie ein "Feuerzeug" dabei war (außer  denen des 20/21 Jh.) kann ich nicht umhin meine kleinwüchsigen Vorfahren nicht nur der Frigophagie zu bezichtigen. Ich fürchte zudem geheime Praktiken deren Aussprechung  mir nicht ziemlich erscheint.
Was wissen wir schon? Steine als Rohstoffe, Geräte, Wärmespeicher, Handwärmer, Kochsteine, Schmeichler, Glätter, Polierer, Stimulierer, Fetisch, Symbol, Andenken, ...?
Geklopft wurde mit diesem Teil.... ich tendiere wegen euren Beiträgen auch zu einem Feuerzeug


Bis bald
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.