Handelsware von der Maas

Begonnen von RockandRole, 18. März 2017, 16:04:46

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RockandRole

Servusle,

gestern durfte ich diese, für unsere Region, gigantisch lange Klinge finden (meine 2. längste). Letztes Jahr durfte ich sogar eine noch etwas längere aus der gleichen Region auflesen. Und das bei uns (Aschaffenburg), wo es doch fast keine steinzeitlichen Artefakte gibt. Irgendwie interpretiere ich beide als Einzel- und damit Verlustfunde. Fundort des Artefaktes unweit der kürzlich gezeigten LBK Scherben.

Die Klinge aus Rijckholt-Feuerstein ist 6,6 cm lang und wohl als Klinge hierher gehandelt worden.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

thovalo



Rijckholt passt.  :super:

Die Klingen sind manchmal wohl gebündelt transportiert, denn es gibt auch Aufeinanderpassungen von Stücken aus einer Abbauserie.
Gerade zurzeit des Abbaus des Rijckholtfeuersteins waren Geräte in größeren Formaten "en voge", weil man sich das aufgrund des Abbaus großer Rohfeuersteintücke im Bergbau unter Tage auch "leisten" konnte. In der Theorie wird ein Handel "down-the-line" von Siedlung zu Siedlung angenommen mit dem Effekt, dass die Fundbelege je weiter von den Rohstoffvorkommen zunehmend kleinformatiger und in der Qualität des Rohgesteins minderwertiger geworden sein sollen. Von daher sind solche Fundstücke wichtige Indikatoren dafür, dass die Klingen aus Rijckholtfeuerstein tatsächlich höher geschätzt und weiterhin ausgetauscht worden sind.

Hier gilt, dass die Fundorte eher wahrscheinlich an weiterläufigen Verkehrsverbindungen gelegen haben entlang derer auch solche "Fernprodukte" ausgetauscht worden sind.


Klasse, da freue ich mich mit Dir!  :winke:



PS: der Dorsalgrat wirkt auf dem Foto teils verrundet?
Kommt das hin oder ist das nur ein optischer Effekt?

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinkopf

Ein interessantes Fundstück mit einer Reisegeschichte.
Wie lang mag sie wohl ursprünglich gewesen sein?

LG

Jan

RockandRole

Servus ihr beiden  :winke:,

der Fundort liegt direkt am Main. Da war sicher ein uralter Handelsweg. Heute ist dort ein Damm weil die Fundstelle vor einer Staustufe liegt. Da war der Fluss früher sicher noch etwas tiefer gelegen wie heute. Deswegen stört mich die realtive Nähe zum Fluss eigentlich nicht.

Die andere Klinge ist vom anderen Mainufer, aber nur ein Ort weiter.

Glaube bei der Klinge geht oben und unten nur ein wenig ab. Vieleicht jeweils bis 1 cm.

Liebe Grüße Daniel

gefährliches Drittelwissen

thovalo


Das passt doch perfekt zu einer überregionalen Verkehrsanbindung!

Die Flüsse, auch der Main, waren in der Urgeschichte nicht die kanalisierten tiefen Rinnen die sie heute sind. Sie waren flacher, meist deutlich breiter, mäandrierend und in viele Arme und Altarme aufgeteilt. Ganz anders als wir das heute kennen.


Siedlungen richteten sich auch auf Flussläufe aus. Dabei spielte möglicherweise der Fischfang und der Güteraustausch eine Rolle. Flußsiedlungen lassen sich nur sehr selten finden, weil die Flußuferpartien meist intensiv begradigt und bis in die Neuzeit immer wieder überbaut worden sind.


Ist der Dorsalgrat verrundet oder scheint das nur so?  
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

RockandRole

Mosche Großer,

der Dorsalgrad scheint nur von 2 auf 1 zu laufen. Tatsächlich ist er aber bis Ende Klinge doppelt, auch wenn es nur ein Bruchteil von einem Millimeter ist. Das sieht dann aus wie eine Verundung.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

thovalo

Zitat von: RockandRole in 19. März 2017, 08:57:45
Mosche Großer,

der Dorsalgrad scheint nur von 2 auf 1 zu laufen. Tatsächlich ist er aber bis Ende Klinge doppelt, auch wenn es nur ein Bruchteil von einem Millimeter ist. Das sieht dann aus wie eine Verundung.

Liebe Grüße Daniel


Gibt es nicht auch allgemein nähere Beziehungen zwischen der LBK am Niederrhein und der Mittelrheinregion?
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

RockandRole

Guten Morgen  :winke:

Es gibt definitiv Beziehungen vom Rhein zum Main. Der Verzierungsstil wird Rhein-Main-Schraffurstil genannt die Grenze ist aber der Spessart. Die Klinge ist noch vor dem Spessart gefunden worden.
Natürlich hörte der Handel hier nicht schlagartig auf. Es finden sich immer wieder Artefakte aus Rijckholt Feuerstein auf LBK Siedlungen um Würzburg herum.
Auch die Schraffurbänder sind hier zu finden, wo sonst Plaidter-Stil vorherrscht. Für mich alles Anzeichen für einen regen Austausch in einer Region mit vielen Einflüssen.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen