Sicheleinsatz mit glänzenden Retuschen

Begonnen von sven, 29. Dezember 2014, 13:54:07

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sven

Hallo,

wir hatten bei diesem Sicheleinsatz http://www.sucherforum.de/index.php/topic,65277.msg405500.html#msg405500 , der allerdings Gebrauchsretuschen zeigt, mit der Frage zu tun, auf welcher Seite die Retuschen in der Regel sind, ob an der Schneide oder gegenüber als Schäftungsretusche. Wir stimmten überein, dass die Retusche in der Regel als Schäftungshilfe diente.
Hier ein Fund, bei dem es andersrum ist. Nur die Glänzende Seite ist retuschiert, es sind nicht nur Gebrauchsretuschen.

Viele Grüße

Sven

thovalo

#1
Zitat von: sven in 29. Dezember 2014, 13:54:07
Hallo,

wir hatten bei diesem Sicheleinsatz http://www.sucherforum.de/index.php/topic,65277.msg405500.html#msg405500 , der allerdings Gebrauchsretuschen zeigt, mit der Frage zu tun, auf welcher Seite die Retuschen in der Regel sind, ob an der Schneide oder gegenüber als Schäftungsretusche. Wir stimmten überein, dass die Retusche in der Regel als Schäftungshilfe diente.
Hier ein Fund, bei dem es andersrum ist. Nur die Glänzende Seite ist retuschiert, es sind nicht nur Gebrauchsretuschen.

Viele Grüße

Sven


Liegt der Glanz auch in den Buchtungen der Retuschen?

In einem Bischheimer Siedlungszusammenhang hier am rechten Niederrhein fand sich ein sekundär zu einem Bohrer umfunktioniertes Artefakt mit extrem strahlend spiegelnder "Glanzbildung" im retuschierten Bereich. Der Glanz war offensichtlich VOR der Umarbeitung entstanden, denn die retuschierten Negative haben diesen in den betroffenen Teilpartie abgetragen.

Ich würde stets auch die Ansprache als "Glanzbildung" an einer Klinge etc. und nicht als "Sicheleinsatz" vorziehen, denn es ist gar nicht klar, dass die Glanzbildung überhaupt etwas mit der Verwendung eines Silexartefakts als "Einsatz in einer Sichel" bei der Getreideernte zu tun hatte! Das auch dann, wenn es in der Literatur oft unkritisch weiter so be- und geschrieben wird.

Die Entstehung von Glanzbildung ist für verschiedene Tätigkeiten beschrieben worden.

So eine retuschierte Klinge könnte z.B. auch Glanz in einer Schäftung, die ggf. mit zusätzlichen organischen Material (Bast, Adlerfarn, Moos etc.) zur besseren Pufferung und festeren Halt in der Schäftung versehen worden ist, durch die Reibung in der Bewegung im Verlauf längerer Arbeiten mit dem Gerät, ausgebildet haben.

Leider habe ich die konkrete Literatur dazu nicht parat. Die einzigen modernen Untersuchungen zu solchen Glanzphänomenen hat Annelou van Gijn durch geführt, deren Publikation zu Gebrauchsspurenanalyse ich Dir und allen Interessierten nur dringen empfehlen kann!

http://historiek.net/flint-in-focus-annelou-van-gij/7355/

Darin werden, neben verschiedenen Entstehungsmodellen auch verschiedene Stufungsgrade von Glanzbildung definiert.


Wie so oft gibt es keine allgemein gültige und "einfache" Erklärung!


lG Thomas  :winke:


PS: die Bilder übetragen unterschiedliche Oberflächeneindrücke:

auf dem ersten Bild wirkt der Silex leicht patiniert !?  :glotz:

auf den folgenden Bildern wirkt der Silex beigefarbig im Bereich der Negative, die aber auf den Bildern nicht stärker glänzend erscheinen,
als es bei Retuschen nordischen Feuerstein ohnehin üblich wäre.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

sven

Hallo Thomas,

der Glanz liegt auch in den Retuschen, nicht nur auf den Graten. Eine Ansprache als Erntegeräteeinsatz liegt wohl schon nahe. Allerdings sind auch andere Verwendungsmöglichkeiten denkbar.

:winke: Sven

thovalo

Zitat von: sven in 29. Dezember 2014, 14:33:29
Hallo Thomas,

der Glanz liegt auch in den Retuschen, nicht nur auf den Graten. Eine Ansprache als Erntegeräteeinsatz liegt wohl schon nahe. Allerdings sind auch andere Verwendungsmöglichkeiten denkbar.

:winke: Sven


Joh, wohl ne ganze Reihe von Optionen!
Gab es denn zu der Zeit der Datierung der Klinge dort bereits die sesshafte Lebensweise?


Ich hab´s nochmal versucht zu sehen, kann aber nicht erkennen, dass die Buchtungen der Negative vergleichbar intensiven Glanz zeigen.
Das wird in den Details auch schwer per Foto zu transportieren sein!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

sven

Zitat von: thovalo in 29. Dezember 2014, 14:39:07


Gab es denn zu der Zeit der Datierung der Klinge dort bereits die sesshafte Lebensweise?




Ja, der Fund stammt aus einer Gegend mit etlichen bandkeramischen Siedlungen und entsprechenden Funden. In diese Zeit dürfte auch dieses Artefakt zu datieren sein.
:winke: Sven

thovalo

#5

Sorry, ich bin da etwas desorientiert: in welcher Region suchst Du?
Macht im Grunde immer Sinn das zu einem  Beitrag am Anfang noch einmal mit zu notieren!

Bei dem Format und der Machart der Klinge, sie hat einen kaum erkennbaren Bulbus und scheint im Längsschnitt absolut grade zu sein, könnte dieser Fundbeleg da nicht vielleicht doch jünger datieren?

Bandkeramische Klingen mit Glanzbildung scheinen in der Regel meist kürzer, überwiegend end- und eher selten lateral retuschiert zu sein.
Vielleicht ist das in der entsprechenden Fundregion aber doch "regional typisch".


lG Thomas  :winke:


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

sven

Hallo Thomas,

entschuldige bitte, die Fundgegend (Mitteldeutschland) und eventuelle Datierung (LBK) hätte ich schon dazuschreiben sollen.
Die Lateralretusche ist hier keineswegs typisch, die als Erntegeräteeinsatz ansprechbaren Klingenstücke sind aber allgemein recht unterschiedlich in Form, Größe und Silexart. Allen gemein ist der Glanz an einer oder mehreren Ecken (bei Mehrfachbenutzung). Eventuell gibt es aber noch wesentlich mehr dieser Geräte, die nur keinen Glanz zeigen.
Ganz selten sind Glanzbildungen an unerklärlichen Stellen auch bei Silexbruchstücken, die keine Artefakte zu sein scheinen. Da sind wohl chemische oder physikalische Vorgänge die Ursache.
:winke: Sven