Schwarzer Schaber?

Begonnen von Schabersucher, 14. September 2025, 00:10:55

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Schabersucher

Liebe Leute,

hier noch ein ganz schwarz patinierter Abschlag mit Retuschen, in Original sieht er noch schwärzer aus als auf den Fotos :smoke: . An einigen Stellen ist etwas abgesplittert und dort kommt orange (kürzer patiniert?) und weiss zum Vorschein. Trotz dieser ganz anderen Farbe kommt der Stein aus der gleichen Bucht wie die ganzen anderen Steine, die ich gesammelt habe. 
Von der Form her könnte das ja ein ganz kurzes, kleines Scheibenbeil sein, aber der Winkel der Retusche an der breiten vorderen Kante ist sehr groß, ist es deshalb ein Schaber? Der auch geschäftet war? Was meint ihr?

Viele Grüße


Steinkopf

#1
Moin Schabersucher,

Ein Fundstück mit Vorgeschichte hast Du hier präsentiert. Früher hätte man es in Norden als 'Schaber'
eingetütet. Für eine einheitlichem Terminologie hat sich im deutschen Sprächraum die Bezeichnung
'Kratzer' durchgesetzt.

Also ein Abschlag mit Kratzerretusche - eines der häufigsten Artefakte über Zeiten hinweg.
Die schwarze Oberfläche verrät uns, das dieses Teil im Salzwasser und zwar zwischen verrottendem
Tang, Algen oder was dort sonst noch so herumstinkt, gelegen hat. Unter der schwarzen Oberfläche
könnte noch eine weitere helle Zone sein. So genau kann ich es auf dem Foto nicht erkennen.
Die kleinen stichförmigen Inclusen werden wohl  Bryozoen sein, die im Baltischen Flint
vorkommen.

Auch nach seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch ist dieses Stück ein Zeugnis der wechselhaften
Küstenlinie und Wasserstände, die das Land im Norden geprägt hat. Es ist nicht nur der
Meeresspiegelanstieg, der mit dem Ende der Eiszeit einsetzte, sondern auch  tektonisch
Prozesse haben geologisch eine 'Platte' kippen lassen. Siedlungsplätze der Erteböllekultur, die
in ihrer Zeit Küstensiedlungen waren, sind nördlich einer 'Kippenlinie', angehoben, und liegen
im nördlichen Teil der Kimbrischen Halbinsel (Jütland etc.) jetzt im Binnenland.
Südlich dieser Achse sind die zeitgleichen Siedlungsplätze unter dem Meeresspiegel und
können (sofern sie erhalten blieben) von der Unterwasserarchäologie erforscht werden.
Tybrind Vig in DK und zahlreiche Plätze von der Kieler Bucht bis Rügen finden sich
weitere Plätze, die tektonisch 'tiefer gelegt' wurden.
Eine Dynamik, die im Binnenland so nicht stattgefunden hat.

LG
Jan