Mesolithischer Stichel

Begonnen von rolfpeter, 03. Januar 2007, 20:57:51

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rolfpeter

Servus Freunde,

hatte die Tage Besuch von 3 Archäologen/Innen...also nicht von den Heiligen 3 Königen!  :zwinker:
Die haben meine Funde der letzten Monate durchforstet und u.a. auch dieses Stück bestimmen können. Es stammt von einer großen (10000m²) mesolithischen Fundstelle, nahe eines Baches. Die Stelle ist schon seit den 30er Jahren bekannt, wurde auch regelmäßig begangen, aber wie man sieht, ist sie noch nicht leergeräumt  (fieses Wort in dem Zusammenhang, bitte streichen!)
Das ist also ein Stichel auf Retusche. Agersoe hat die Zusammenhänge bei "Kennzeichen eines Flintgerätes" beschrieben. Auf dem 1.Bild wurde zuerst rechts retuschiert, um einen günstigen Winkel für den Stichelschlag zu erzeugen. Dann in Richtung des Pfeiles der Stichelschlag. Im 2. Bild noch detailliert die Retusche. Im 3. Bild sieht man den wirklich erstaunlichen Glanz des Steines, wie mit Zapon-Lack überzogen!
Die Fundstelle lohnt wohl einen nochmaligen Besuch!

Beste Grüße
RP

Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Der Wikinger


Sehr schönes und illustratives Exemplar !!  :super: :winke:

Silex

Also ich muss zugeben dass ich "Ihn" den Stichel nicht erkannt hätte  - die hebelnde , spanabhebende Spitze ist mir nicht deutlich genug..... in nordischem Flint und unseren Rohstoffvarietäten wurde eben auch anders rumgehackt.
Die Technik muss wohl dem Material Abbitte leisten. Aber nach Deinen Ausführungen  ist die Einordnung wohl ziemlich sattelfest.
Zum wiederholten Male muss ich die immensen Unterschiede in Rohstoff, Bearbeitungstechnik und Größe der Arbeitsgeräte einer zeitgleichen, gleich benannten Kultur feststellen.....
Gib uns mehr
Bis bald
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo Silex !!

Ich versteh schon deine Verwirrung.
Beim Stück von rolfpeter ist die urprüngliche Spitze wohl sekundär (später beim Gebrauch) abgeknickt.

Was aber immer zu beachten ist, ist die Tatsache, dass bei vielen Sticheln eher die steile Kante, und nicht die Spitze das eigentlich Arbeitsgebiet ist.
Bei solchen sieht man ab und zu, dass die Spitze sogar nach dem Schlagen der Stichelkante vom Steinschmied abgeschlagen wurde, um nicht von der Spitze gestochen zu werden.

Die Kante ist bei RPs Stück auch wesentlich breiter als die Stichelkanten, die auf flachen Klingen gemacht wurden.

Ein Stichel ist es aber immernoch.  :winke:

Silex

Danke für die Entwirrung, agersoe....
Morgen stehn wir wieder früher auf (Neinnnnn - Du hast ja noch einen Tag!!!! Nütze ihn wohl... und mach viele Menschen glücklich--- aber die Richtigen)
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger


Muss auch Morgen nach dem Urlaub zur Arbeit !!!  :heul: :platt: :narr:

wühlmaus

#6
Hi miteinander

ich hatte bei den Bildern auch zweidreimal schauen müßen, bis ich RP's Ansicht teilen konnte. Aber wenn man es einmal bemerkt hat, ist es unübersehbar  :smoke: Auf jedenfall Grund genug, für mich demnächst bei meinen Meso-Kratzern (komme ja auch aus der rheinischen Ecke) nochmal genauer nachzuschauen!!!

Was die Fundstelle angeht, ist mir letztens ähnliches wiederfahren. (Unter Umständen wars sogar der selbe Platz?)
Große mesolithische Stelle - wie solls anders sein, ebenfalls an einem Bachlauf - aber auch an einer exponierten Stelle unterhalb einer ausgeprägten Geländestufe (geologischer: Mittelterassenkante).
Seit den dreißiger Jahren bekannt, vielfach publiziert und immer wieder begangen (in der archäologische Landesaufnahme der 70'er Jahre sind - nach eigenen Begehungen der Archäologen und der Sichtung von zwei Privatsammlungen - etwa 2800 Artefakte von diesem Platz bearbeitet worden, wobei den Bearbeitern aber bewußt war, dass noch drei weitere vergleichbar große "Posten" existierten -  eine gesichtete aber nicht bearbeitete Privatsammlung und jeweils ein großer Magazinbestand im Rheinischen Landesmuseum Bonn und im Römisch-Germanischen Museum Köln. Nur um mal die Dimension allein der bekannten Fundmengen zu verdeutlichen!!!
Was das Fundmaterial angeht, ist dieser Platz in unserer Umgebung schon äußerst außergewöhnlich - mein unmaßgeblicher Verdacht ist, dass an dieser Fundstelle unter Umständen auch die Beschaffung von Flintrohmaterial durch Aufschlüße der Terassenkante der auschlaggebende Punkt war ...  :engel:
Jetzt kommt aber der Hammer:
In den mir bekannten, steinzeitbezogenen Publikationen wird mit keinem Wort erwähnt, dass eben derselbe Platz auch eine überdimensionale römische Fundstelle beherbergt!!! Ein komplettes römisches Dorf! Dieser Platz wird also nicht nur von "Steinzeitlern" abgesucht, sondern auch von anderern "Interessensgebietlern".
Normalerweise meide ich diesen Platz, da er schon von viel zu Vielen "abgegrast" wurde, mehrfach publiziert ist und von Sondengängern wirklich im wahrsten Sinne des Wortes "leergeräumt" wurde (O-Ton eines vor ca 2 Jahren von mir dort angetroffenen Sondengängers: "Der Acker ist wie durchgescant, kein Blei, kein Schrott, nicht mal eine Abziehlasche ...").
Da muß ich nicht auch noch drüberrennen und die Tausendunderste Wiederholung des ewiggleichen bringen, war meine Meinung ...
Vor einigen Wochen war ich aber zufälligerweise in der Nähe des Platzes und da der Acker, den ich mir eingentlich ansehen wollte eingesäät und nicht begehbar war, schaute ich dann doch mal dort vorbei (Na ja, neugierig war ich schon  :engel:)
Ich hatte das Glück ein umgepflügtes, noch nicht zerlatschtes Feld vorzufinden. Was soll ich sagen, nach noch nicht mal einer Stunde hatte ich an Maasgeröllartefakten: 5 Kerne, 2 Kappen, 1 Abschlag und 1 kleine Klinge ... Also immer noch "Substanz", dass hat mich schon gewundert ... und die Verwunderung wurde noch größer, als ich fast am Ende des Suchgangs 2 römische Lesefunde machte, die mir bis jetzt auf keiner anderen Stelle sonst vergönnt waren:

1 Fragment einer Melonenperle (hatte ich schon vor einiger Zeit gepostet: http://www.sucherforum.de/index.php/topic,21556.0.html )
1 kompletter Boden eines Balsamariums - auch unter Tränenfläschchen bekannt ( http://www.sucherforum.de/index.php/topic,22143.0.html )

Das ist schon heftig - seit knapp 80 Jahren abgesucht, aber immer noch für eine Überraschung gut.

Ein bitterer Beigeschmack bleibt ... : "Der Acker ist wie durchgescant, kein Blei, kein Schrott, nicht mal eine Abziehlasche ..."
Das soll kein Loblied auf die auschließlich "oberflächenorientierte" Suche sein. Aber als mit-denkender Sondengänger sollte man sich doch einige Gedanken über diese Geschichte machen ...

ciao und viel Spass bei der Arbeit (ich bin erst am Montag dran ...  :frech: )
das Wühlmäusle