Sägeschnitt an einem Stück quarzitisch gebundenen feinkristallinen Sandstein

Begonnen von thovalo, 10. August 2010, 21:33:47

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thovalo

Hallo Forum!  :winke:

Im Rheinland werden eher die Endabnehmer von Produkten wie Dechseln, Äxten und Beilklingen aus Felsgesteinvarietäten vermutet.

Zumindest die Produktion von Beilklingen fand auch hier statt, doch nur sehr selten konnte, wie an diesem Fundplatz, eine Beilklingenproduktionsstätte mit großer Wahrscheinlichkeit bereits im Oberflächenfundmaterial nachgewiesen werden (neben gepickte Vorarbeiten und fertig gestellten Beilklingen aus Felsgestein, Schlagsteinen, Trümmern von Schleifwannen auch Überreste von Vorarbeiten und Endprodukten aus Silex etc).

Bislang noch nicht in der Literatur zur Rheinischen Archäologie verzeichnet sind Nachweise von Sägeschnitten an verworfenen Rohgesteinstücken.

Solche Belegstücke sind eher noch aus dem zirkumalpinen Raum aus Seeufersiedlungen bekannt und dort häufiger im Fundmaterial überliefert.

Umso überraschender war die Auffindung dieses Nachweises eines Sägeschnitts an einem verworfenen Produktionsstück am rechten Niederrhein. Die durch das Sägen angelegte umlaufende, charakteristischerweise V-förmig ausgebildete Rille sollte die Sollbruchstelle bilden, entlang derer das Gesteinstück gezielt aufgespaltet werden konnte. Die Spaltung ist hier offensichtlich misslungen und der quer zur geplanten Bruchrichtung gebrochene Fundbeleg wurde abschließend verworfen.

Interessant ist die Beobachtung des gebogenen Verlaufs des Sägeschniitts auf der gewölbten Unterseite. Durch die Verwendung schmaler Gesteinstücke als "Sägen" war es möglich den Sägeschnitt in einer "wippenden" Bewegung durchzuführen, was auch eine bogenförmige Linienführung ermöglicht hat.  

Auf dem letzten Bild Reste der Silexbearbeitung.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Beifunde sind z.B. ein Läufer aus einer karbonischer Gesteinvarietät, eine Beilklinge aus hell-weißlichen Silex, eine stark beschädigte Pfeilschneide und eine dorsal überschliffene Distalpartie einer "Spitzklinge" aus Feuerstien der Varietät "Rijkhilt".

Dies ist ein Fundinventar, dass sehr sicher erst ab der Zeit des späten Neolithikums erwartet werden kann.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Der Wikinger


Höchst interessant !!  :super:

Wir haben bei uns im hohen Norden eine Fundgruppe der Eisen- / Wikingerzeit, wo die Rillen genauso aussehen.
Die werden als Nadelschleifer für Eisen- oder Bronzenadeln gesehen.

Wäre das hier ganz ausgeschossen ?  :kopfkratz:

thovalo

 :winke:

Ich denke schon, denn hier liegt ganz klar ein V-förmiger Querschnitt der eingeschliffenen Rille vor, der durch das Sägen und die dabei entstehende Abnutzung des "Sägeblattes" aus zumeist geschieferten Gestein oder Quarzit entseht! Zudem lief die Rille ursprünglich ganz um, auch auf der "brotlaibförmig" gewölbten "Unterseite".

Ich habe im Kreis Mettmann auch eine Schleifplatte für "Knochen(nadeln?)" gefunden, die aber schon seit Jahren im Magazin des Landesmuseums liegt. Daran ist eine in der Aufsicht "spindelförmige" Negativstruktur entstanden die im Zentrum breiter war als in den auslaufenden spitzen "Enden" in deren Bereich die Nadeln (?) beim Hin- und Herziehen hochgezogen worden sind.

An dem gezeigten Fundbeleg hier ist die Rille klar gleichmäßig V-förmig eingeschliffen und der Fundbeleg hat 1:1 - Entsprechungen z.B. im Fundmaterial von Beilklingenproduktionen im Bereich Schweizer Seeufersiedlungen in denen dann oft die ganze Produktionsreihe vom Rohgesteinstück bis zur geschliffenen Beilklinge lückenlos nachverfolgt werden kann.

Auf dem Fundreal am rechten Niederrhein scheinen tatsächlich Einflüsse aus dem Süden über den Rheinlauf vermittel worden zu sein, die am Fundpunkt auf die Landverbindung zwischen den Silexlagerstätten im Westen (Belgien/Niederlande) und den Salzlagerstätten im Osten (SoesterBörde) getroffen sind.

Für den Ort scheint der Austausch mit Rohmaterialien, Halb- und Fertigfabrikaten aus unterschiedlichen Gesteinvarietäten, sowie exotischer Ferngüter (Jadeititbeilklinge, Muschelschalen aus der Mittelmeerregion usw.) von übergeordneter Bedeutung gewesen zu sein.

Beilklingen aus Feuer- und Felsgestein spielten eine quantitativ weit herausragende Rolle, ebenso die sonst im Rheinland so selten anzutreffenden Pfeilschneiden, von denen hier die größte jemals im Rheinland bekannt gewordene Fundkonzentration vorliegt!

LG thomas   :-)

Doch ist Dein Hinweis sehr wichtig, denn bei Oberflächenfunden ist die Zugehörigkeit zum restlichen Oberflächenfundgut ja nie absolut zwingend..... natürlich könnten auch viel jünger datierende Funde dabei sein! Allerdings sind die Vergleiche mit den alpinen Fundbelegen für dieses besondere Stück, dass sonst auch keine Vergleichsfunde in metallzeitlichen oder frühmittelalterlichen Fundzusammenhängen hier hat, schon sehr überzeugend!
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Marienbad

 :winke:

aus dem hiesigen Museum kenne ich umlaufend eingerillte runde und ovale Steine, die den Fotos entsprechen.
Sie sind aus rötlichem Sandstein und daher leicht mit einer Rille zu versehen.
Ich vermute dabei eine Seilführung zum fixieren, Netzsenker o.Ä.
Einen Sandstein von relativ kleinen Ausmaßen in der Sägetechnik zu durchtrennen halte ich für unüblich,
denke da eher an seltene und wertvolle Gesteinssorten.
Wie gesagt, es ist meine Meinung.  :zwinker:

HG    Manfred

Ahrbach

Habe,denke ich , was ähnliches gefunden. die Rille ist nur nicht so ausgeprägt...oder sind die Spuren natürlichen Ursprungs???

Marienbad

Moin,

da hat sicher niemand daran gesägt oder gepickt, dass war Mutter Natur.

HG   Manfred

thovalo

Zitat von: Marienbad in 11. August 2010, 15:46:36
:winke:

aus dem hiesigen Museum kenne ich umlaufend eingerillte runde und ovale Steine, die den Fotos entsprechen.
Sie sind aus rötlichem Sandstein und daher leicht mit einer Rille zu versehen.
Ich vermute dabei eine Seilführung zum fixieren, Netzsenker o.Ä.
Einen Sandstein von relativ kleinen Ausmaßen in der Sägetechnik zu durchtrennen halte ich für unüblich,
denke da eher an seltene und wertvolle Gesteinssorten.
Wie gesagt, es ist meine Meinung.  :zwinker:

HG    Manfred

Dieser Stein hier war nicht rundlich oder oval, sondern "brotlaibförmig" oder besser plan-konvex geformt. In der Verwendung als Netzsenker oder ähnlich schwierig mit einer umlaufenden Schnur zu fixieren!

Die Rille ist tatsächlich durch einen "Sägeschnitt" entstanden. Das lässt sich optisch durch das entstandene  Spurenbild erfassen. Die umlaufende Rille war auch nicht ganz gleichmäßig tief ausgeführt, sondern ist auf der gewölben Seite weniger tief ausgeprägt.

Wie schon gesagt, wurden im zirkumalpinen Raum auch absolut unspektakuläre Gesteine gesägt und das auch in vergleichbaren Formaten, sodass weder das Eine noch das Andere "aus der Reihe" fällt.

Außergewöhnlich ist eher noch das Vorkommen eines solchen technologischen Belegstücks im Rheinland.


Und doch auch wie immer: wir waren nicht dabei und wissen nicht abschließend sicher was der Sinn und Zweck des Tuns war!    :zwinker:


LG thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Aus Versehen nochmal "zitiert"!!!


Kann den Platz aber noch nutzen um meine Ansicht zu äußern, dass der gezeigte rundliche Stein keine intentionell eingetiefte Rille aufweist! Es handelt sich um ein reines Naturstück!

LG  thomas    :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.


thovalo

Gerne!

An Deinem Fundbeleg erscheint das als eine natürliche Schichtung, die durch die Verwitterung des Gesteins überprägt ist!   :glotz:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.