Rinde mit Schlagmarken

Begonnen von Schuhnagel 2, 23. April 2023, 15:36:23

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Schuhnagel 2

Nebst dem Fragment einer Klinge konnte ich heute mit anderem Produktionsabfall dieses Stück aufsammeln. Spannend finde ich die Schlagmarken, die sich in der Rinde deutlich abzeichnen. Jemand, der versierter ist als ich, kann mir vielleicht etwas zur Schlagtechnik sagen? Indirekte Schläge mit spitzem Werkzeug?
Viele Grüsse
Ulrich

RockandRole

Servus Ullrich,

ist das Stück denn auf einem Acker gefunden worden? Es gibt nämlich keinen besseren, welcher ziemlich viel Energie auf einen winzigen Punkt konzentrieren kann, wie der Pflug.

Die Initiale Zerlegung von einem Kiesel erfolgte wohl meist durch einen Schlagstein und der hinterlässt keine so tiefen Krater. Oder das Ganze hat einen anderen Ursprung, so wie eine Druse oder etwas Ähnliches.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Schuhnagel 2

Daniel, es handelt sich um eine mesolithische Freiland-Station auf 1600 M.ü.M. Ein kleiner Hügel im Hochmoor. Darum vermute ich hier schon eine Absicht dahinter, obschon es aussieht wie die Arbeit einer Spitzhacke.
Gruss
Ulrich

Schuhnagel 2

Der Archäologe sagt: Nicht Pflug, nicht Spitzhacke, sondern Feuereinwirkung.
Viele Grüsse
Ulrich

RockandRole

Servus Ulrich,

danke für die Info. Also war die Feuereinwirkung bevor die Knolle ,geknackt' wurde oder danach? Gezieltes Tempern oder Zufall?

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Schuhnagel 2

Daniel, wir sind morgen wieder zusammen unterwegs. Dank dir werde ich (diesmal) die richtigen Fragen stellen können!
Gruss
Ulrich

Schuhnagel 2

Das Verdikt des Fachmanns: Als Abfall ins Feuer gelangt und durchgeröstet.
Das Rennen gemacht hat zu meiner Verwunderung dieser Mikrolith. Und ich wäre fast zu faul gewesen, mich danach zu bücken.
Viele Grüsse
Ulrich

Furchenhäschen

Zitat von: Schuhnagel 2 in 26. April 2023, 17:42:31
Das Verdikt des Fachmanns: Als Abfall ins Feuer gelangt und durchgeröstet.
Das Rennen gemacht hat zu meiner Verwunderung dieser Mikrolith. Und ich wäre fast zu faul gewesen, mich danach zu bücken.
Viele Grüsse
Ulrich

Hallo Ulrich,
da brauchst Du dich aber nicht wundern!
Die Retusche zur Spitze hin hättest Du vielleicht fototechnisch etwas besser in Szene setzen können.
Sehr schönes und typische Artefakt des Mesolithikums.
Größenangaben wären noch recht brauchbar gewesen.

Grüße
Peter

Schuhnagel 2

Peter, ich werde bessere Bilder machen, jetzt, wo ich die Bedeutung des Stücks erfahren habe. Es kann aber etwas dauern. Der Rastplatz wurde vor zwanzig Jahren entdeckt. Bis jetzt gab es einen einzigen Fund, der sozusagen den Datumstempel trägt. Dies wäre dann der Zweite.

Viele Grüsse
Ulrich

RockandRole

Servus Ulrich,

ich muss gestehen, dass dein Fundstück gar nicht so gebacken aussieht, wie man es von Silex gewohnt ist, welcher im Feuer gelandet ist. Also eher gräulich, weiß und total zersprungen. Aber dein Archäologe wird schon wissen was er sagt ;) wie nennt man denn diese Varietät des Gesteins?
Glückwunsch zum schönen und wichtigen Fundstück. Ich würde auch gerne noch die Retusche sehen, scheint sie evtl. nur partiell angebracht worden zu sein und das Fundstück wäre dann kein Segment  :glotz:

Infos aus dem Kaffeesatz
liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Schuhnagel 2

Was die Verfärbung angeht, hat das Stück zwei Seiten. Beide scheinen mir chaotisch strukturiert. Zum Material lässt sich -ausser vermutetem Silex und Knolle- wohl nichts sagen.
Viele Grüsse
Ulrich

RockandRole

Auf der Seite sieht es wieder ganz anders aus. Und das chaotische kann dann vom Feuer kommen. Allerdings gibt es halt auch so körniges Material, welches nicht verbrannt ist. Muss man halt kennen  :winke:
gefährliches Drittelwissen

Fabulas

 :winke:
Großartig!
Ich hätte den Stein bestimmt nicht aufgehoben, noch nicht mal genauer angesehen.
Aber das mag daran liegen, dass bei unserem Muschelkalk und Keuper derartige Formen in rauen Mengen vorkommen (auch durch die Maschinen) und zweitens sowieso alles voll von dem Material ist.
Ich hab' ja bislang noch nicht mal Silex gefunden  :heul:

Gratuliere!

Anita

Furchenhäschen

#13
Zitat von: RockandRole in 27. April 2023, 08:55:51
Servus Ulrich,

ich muss gestehen, dass dein Fundstück gar nicht so gebacken aussieht, wie man es von Silex gewohnt ist, welcher im Feuer gelandet ist. Also eher gräulich, weiß und total zersprungen. Aber dein Archäologe wird schon wissen was er sagt ;) wie nennt man denn diese Varietät des Gesteins?
Glückwunsch zum schönen und wichtigen Fundstück. Ich würde auch gerne noch die Retusche sehen, scheint sie evtl. nur partiell angebracht worden zu sein und das Fundstück wäre dann kein Segment  :glotz:

Infos aus dem Kaffeesatz
liebe Grüße Daniel

Hallo Daniel,

ja das wäre ganz rein und streng formell betrachtet genau so.
Betrachtet man aber gerade bei mesolithischen, alpinen Rast-Jagdstationen solch ein Artefakt etwas großzügiger und stellt man mal rein die Grundform in den Vordergrund, mit der Retusche zur Spitze hin,
bräuchte es aus Sicht des "Verwenders" die zweite Retusche wahrscheinlich auf die Schnelle gar nicht.
Es könnte auch die Cortex genauer betrachtet werden ob da dran "herumgeknabbert" wurde.
Brauchbares Gestein zur Werkzeugherstellung könnte noch dazu etwas rar gewesen sein.
Es wäre dann so betrachtet wohl Formell ein Zwischenstück Segment/langschmales Trapez.
Ein interessantes Stück das man direkt in Augenschein nehmen müsste.

Grüße
Peter


Schuhnagel 2

Hier noch ein Foto des Mikrolithen (19mm)

Wenn es eine Pfeilbewehrung war (was anzunehmen ist?), könnte die Spitze bei einem harten Treffer gelitten haben.

Gruss
Ulrich

Furchenhäschen

Hallo Ulrich,

leider hast Du nicht die relevante Seite fotografiert.
Die Rot markierten Seiten wären die für ein Segment/ langschmales Trapez relevanten Seiten.

Grüße
Peter

Schuhnagel 2

#16
Peter, zum Glück konnte ich das nachholen. Grösser geht leider nicht. Wonach suchst du genau?
Grüsse
Ulrich

Schuhnagel 2

Doch, es ging noch grösser:

RockandRole

Danke für die Bilder. Ich denke Peter hat recht. Man sollte es wohl mit der Typologie nicht ganz so eng sehen. Der Bereich mit der Rinde ist ja schon stumpf. Da brauch man gar nichts mehr zu retuschieren. Also kann schon als Segment oder Ähnliches durchgehen. Schönes Stück  :super:
gefährliches Drittelwissen

Schuhnagel 2

Ist wohl mit der Rinde etwas ungewöhnlich. Danke euch für die Lehrstunde!
Viele Grüsse
Ulrich

Furchenhäschen

Hallo Ulrich,

Super!
Genau das sind die entscheidenden Partien des tollen Mikrolithen.
Auch an der Rinde sind noch notwendige (Nach-)Bearbeitungen erkennbar!
Ein eindeutiger Beleg!
Darüber wird sich dein Archäologe aber freuen.

Grüße
Peter

Schuhnagel 2

Der Archäologe hat seine Assistentin aufgefordert, aus meinem Sammelsurium etwas zeitrelevantes herauszusuchen. Sie hat den Mikrolithen hervorgeklaubt, nachdenklich betrachtet und wieder zurückgelegt. Zu klein! Es ging ihr nicht besser als mir :-)

Furchenhäschen

Hallo Ulrich,

dann hat die Gute wohl relativ wenig Wissen und Ahnung vom Mesolithikum, das sind ja Basics.
Zeitrelevanter als dieser Mikrolith geht ja fast gar nicht. Das ist sehr enttäuschend.
Grüße
Peter

Schuhnagel 2

Vielleicht musste sie ja zu lange in der Grube hocken und Profile zeichnen, statt die Funde zu begutachten :nixweiss:
Viele Grüsse
Ulrich

Furchenhäschen

Zitat von: Schuhnagel 2 in 30. April 2023, 15:55:07
Der Archäologe hat seine Assistentin aufgefordert, aus meinem Sammelsurium etwas zeitrelevantes herauszusuchen. Sie hat den Mikrolithen hervorgeklaubt, nachdenklich betrachtet und wieder zurückgelegt. Zu klein! Es ging ihr nicht besser als mir :-)

Hallo Ulrich,

frag doch bitte die Archäologin wie für sie ein zeitrelevantes Artefakt des Mesolithikums auszusehen hat!
Das würde mich brennend interessieren.

Grüße
Peter

Schuhnagel 2

Bin leider nicht in der Position, die Ausbildung hiesiger Archäologen zu hinterfragen :nixweiss:

In der Schweiz ist die Truppe, die im Mesolithikum unterwegs ist, überschaubar. Nach den "Höhlenforschern" der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts lag der Fokus auf den Ufersiedlungen. Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich die Forschung vom Schilfgürtel ins Landesinnere aufgemacht hat.

Habe eben die Fundliste von einem Abri in der Nähe durchgesehen und nach den Werkzeugtypen befragt (Ausgrabung ca 1940, total 1430 Werkzeuge), die eine zeitliche Einordnung erlaubten:

-Kurze Klingen mit Schrägende
-Trapez
-Mickrostichel
-Absplisse mit Bohrspitze, (terminal oder seitlich)
-Mikrostichel (vom Zerlegen von Klingen)

Zitat:Auffallend ist das fast vollständige Fehlen der kleinen mesolithischen längs- und querschneidigen Dreiecke...

Viele Grüsse
Ulrich