Pfeilspitze - eine "gebrochene" Schönheit - und ein verbrannter Beilnacken

Begonnen von thovalo, 20. April 2010, 10:08:44

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thovalo

 :winke:

Gestern fand sich auf einem komplex strukturierten Siedlungsareal dieses außerordentlich fein flächig retuschierte Projektil mit gerader Basis und gestreckt dreieckigem Umriß.

                                                              (Länge noch 3.2 cm; Breite der Basis noch 2cm)


Als Grundform wurde eine Klinge aus Feuerstein der Varietät "Rijkholt" verwendet. Der Verlauf des Längsprofils ist grade. Die unmittelbare Spitze und eine Basiskante sind durch die Bewegung im Boden rezent abgebrochen. Bei der klar geometrisch durchgearbeiteten Form ist die Ausführung der beidseitig vollkommenen Flächenretusche derart fein, dass sie nur schwer (dorsal) bzw. nicht aussagefähig (ventral) im Bild darzustellen ist. Während die mehrfach abgebildete Dorsalseite noch deutlicher abgesetzte Ausbruchsnegative zeigt, wirkt die Ventralfläche regelrecht "geschält".

Die handwerklich mit Hilfe eines Druckstabes hervorragend ausgeführte Feinarbeit datiert wohl bereits in die Zeit des Spät- bis Endeolithikum/frühe Bronzezeit.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

Der Beilnacken stammt von derselben Fundfläche wie das Oben vorgestellte Projektil und ist vollkommen verbrannt. An einigen Stellen sind noch Spuren des Schliffs erkennbar. Vom Fundplatz stammen Fragmente Dutzender weiterer verbrannter Beilklingen. Vielleicht lassen sich bereits vorhandene Fragmente an dieses Gestern aufgelesene Bruchstück anpassen!  

(erhaltene Länge noch 4.1. cm)


Es liegt die Vermutung nahe, dass ein "zentralörtlicher Werkplatz der Beilklingenproduktion" oder zumindest der Aufbewahrungsort von Beilklingen und noch ungeschliffenen Vorarbeiten aus Feuer- und Felsgestein durch ein Schadfeuer in Flammen aufgegangen und dabei die gesamte Ausstattung an Hiebgeräteeinsätzen mit verschüttet worden und für den Gebrauch für immer verloren gegangen ist.

Auf dem Platz fanden sich auch Belege von Vorarbeiten und bereits zugeschliffenen Dechselkingen aus Feuerstein.

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,41868.0.html

In der Zeit wohl ein enormer, vielleicht sogar existentiell bedrohlicher materieller Verlust, den man nicht durch einen schellen Einkauf im nächsten Baumarkt ausgleichen konnte.


Heute: "Finderglück"!    :jump:


:winke:


Bilder 5-7  glänzende Spuren des ursprünglichen Schliffs
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Marienbad

Moin und Hallo  Thovalo,

jau, das sind die Spitzen die ich liebe  :super:

Das muß aber ein mini Druckstab gewesen sein,
ich denke der war schon mit Kupfer gedrückt.
Ich würde auch auf frühe BZ tippen.

Gruß  Manfred

queque


thovalo

@ Marienbad

Das bedeutet, dass man mit einem Kupferpfriem tatsächlich feiner arbeiten konnte als mit einem Druckstab aus organischem Material (Knochen/Geweih)?! Kann mir vorstellen, dass die Spitze eines Druckstabs aus Geweih oder Knochen die feinen Bruchkanten der flach abgedrückten Flips zuletzt nicht mehr "fassen" konnte, während die markante Spitze eines Kupferpfriems dort noch ansetzen konnte..........  :super:

...@ Bastl    Herzlichen Dank für Eure Rückmeldungen!    :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.