Anfängerfrage

Begonnen von bernolef, 11. Juli 2007, 13:31:27

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

bernolef

Erst vor kurzem aus der steinlosen Marsch in die steinreiche Lüneburger Heide gezogen, fehlt mir jede Erfahrung im Bestimmen von Funden. Daher meine Frage: Ist dieser rundum retuschierte Abschlag eine Pfeilspitze?

Die_Buddler

 :winke:
Moin
Kenne mich auch noch nicht sonderlich gut aus.
Habe mich langsam in die Materie eingelesen, und würde vorsichtig auf Schaber tippen.
Aber warten wir mal was die Fachleute sagen.
MfG

Der Wikinger

Hallo bernolef !  :-)

Erstmal willkommen im Forum.

Ein feines Stück ist das, und es kann wie Buddler sagt ein Schaber sein, eine andere Möglichkeit wäre ein kleines Messer, da wäre dann die Retusche ein Fingerschutz, und die gegenüberligende Seite das scharfe Arbeitsgebiet.

Wäre es möglich für dich eine Super-Nahaufnahme der Seite gegenüber den Retuschen zu machen ?

Ich würde da nach kleine Gebrauchsabsprengungen, typisch für ein Messer, schauen.

:winke:

Silex

Da muss ich agersoe absolut Recht geben, bernolef,...die der Kratzer(?)kante gegenüberliegende Seite ist bei diesem Stück durch  einen Formgebungsabschlag (möglicherweise  war er aber schon vorher vorhanden ...und der Kratzer wurde - hier untypisch- von einer Klinge geschlagen)  vielleicht zu einer messerklingenähnlichen Schneide  modifiziert .
Ungewöhnliches Teil...zumindest hier im Süden
Danke für´s Zeigen

Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

bernolef

Herzlichen Dank für die aufmerksame Begutachtung.

Auf meinem Foto war schlecht zu sehen, daß der Stein rundum gleichmäßig bearbeitet ist. Die geradere Schneide erhielt durch die Retuschen fast den gleichen Kantenwinkel wie die stärker gebogene, zu steil für ein Messer. Unten eine Aufnahme dieser Seite. Also ein Schaber. Ich wußte nicht, daß es so kleine gibt. Die Fläche ist ja nicht viel größer als ein Daumennagel.

Das kleine Maß wundert mich auch bei den beiden Klingen, die ich hier abbilde. Die eine ist im Feuer gebrannt und hat etwas gelitten. Die besser erhaltene halte ich für ein Kunstwerk, eine Schneide glatt, die andere fein gezahnt. Aber ist sie mit drei Zentimeter Länge nicht zu klein für ein Messer?

Silex

also da hast du einen wirklich schönen "Daumennagelkratzer" (die heissen wirklich so....) gefunden, bernolef,  den man bei uns, im Süden, ins endpaläo-mesolithische Umfeld stellen würde.
Die "Klingenwinzlinge" sind größenmäßig durchaus im Rahmen mesolithischer Lamellen (dazu müssten sie auch noch unheimlich dünn sein).
Die "feingezahnte" Schneide  könnte durch Gebrauch entstanden sein (use wear).
Lies Dich mal durch unser Steinforum (ähnliches wirst Du nirgends  finden können)und Du wirst Entsprechungen  für Deine Fundstückewiedererkennen.
Bis bald

Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

bernolef

Daß in diesem Forum die Kenner auch bei Alltagsfunden - für den Neuling sind sie das ja nicht - neugierig sind, finde ich beachtlich. Es scheint, man lernt das beim Suchen, oder es ist eine Eigenschaft, die man dafür mitbringen muß.

Dank Silex habe ich eine erste Datierungsidee für meine Steine. Daher schließe ich noch eine Frage an - bis zum nächsten Pflügen die letzte, denn viel mehr habe ich noch gar nicht gefunden: Passen auch die beiden unten abgebildeten Schaber vom gleichen Platz ins Mesolithikum?

Sie könnten kaum unterschiedlicher sein. Der erste formvollendet, schöner als auf dem Foto, der zweite so grob bearbeitet, daß ich erst Zweifel hatte, ob überhaupt ein Artefakt.

Nummer 1:

bernolef


Silex

servus , bernolef,
Man lernt sehr langsam dazu......und so wie es keinen "echten" Gitarristen gibt der sich als Könner bezeichnet....dies vorab...so sind wir auch keine Kenner...sondern Verstehenwollende.. und mit der Zeit fügt sich manches zusammen.... mit der Hilfe dieses Forums kann man enorm dazulernen. Es gibt "gewaltige" Verstehenwoller und Helfer hier. Ich bin froh sie gefunden zu haben, denn es ermöglicht den Blick über den Tellerrand hinaus.
Es ist also mitnichten "angeboren" sondern  langsam wachsende Erfahrung durch suchendes Vergleichen, Literatur und vor allem Gesprächen mit Kundigen. Und mit langjähriger, sukzessiver Suche an lokalen Plätzen wirst Du für diese Areale schon bald ein unersetzlicher Experte.
Wenn ich Deine fernen Fundsachen mit unserem Mesolithikum vergleiche dann ist  übrigens Vorsicht angebracht. Denn gerade  die Spanne zwischen Mesolithikum und Jungsteinzeit differiert zwischen unseren Fundgegenden erheblich. Deine Fundstücke könnten also durchaus auch neolithisch sein...aber dazu fehlt mir die Kenntnis.
Deine  beiden neuen Findlinge sind für mich 2 schöne Kratzer. ("Schaber" würde ich nur zur Benennung verwenden wenn eine seitliche Längskante - eines meist größeren Gerätes- vorliegen würde...und dieser Typus ist eher im Paläolithikum üblich...wir hatten übrigens schon Mal diese Diskussion: "Kratzer-Schaber")

Und , bernolef: Wer Steinzeit sammelt- den interessiert jeder echte Lesefund, besonders wenn man spürt dass auch den Finder die Sache fasziniert.

Und diese Fundstelle kann Dich Dein ganzes Leben faszinieren...wenn Du dranbleibst

Danke für´s Zeigen
und gut Fund!!!
Wünscht Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

Hallo Bernolef  :-)

Ich möchte mal auch meinen nordischen Senf dazu geben !

Erstmal möchte ich deinen hervorragenden Fotos loben, klasse !  :super:

Ich kann nur die Postings von Silex zustimmen, jedoch passt vielleicht die nordische Datierung besser zu deinen Funden.

Ich würde mal sagen, dass sollte man alle gezeigten Funden in ein Zeitalter (hier bei mir) einpassen wäre es ganz eindeutig, das Frühmesolithikum.
Bei mir auch die Maglemosekultur genannt. (etwa 8.800 - 6.500 vor Kristus) Typisch sind die Mikrolamellen, bei mir auch Mikroklingen genannt, wenn zu Geräten verarbeitet, werden sie dann Mikrolithen genannt.
Die ganz kleinen Scheibenschaber sind auch für diese Periode typisch. Dein erster ist ein typischer Beispiel dafür. Beim Zweiten, ja, da habe ich wirklich Zweifel ob das überhaupt ein Gerät ist !

Um in Sachen Datierung ganz sicher zu sein, müssten erheblich mehr Funde vom gleichen Fundort her.
Sehr wichtig wäre hier, dass du auch die ganz kleinen Stücke mitnimmst, könnten Mikrolithen sein.
Ich freue mich, genauso wie Edi, darauf mehr Funde von dir von diesem Fundort zu sehen !!

:winke: