Patina & Co, ein paar Anmerkungen

Begonnen von StoneMan, 02. Mai 2017, 16:10:05

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

StoneMan

Untertitel
Von der variablen Entstehung der Patina, den dadurch entstehenden Problemen bei der Bestimmung,
sowie den Schwierigkeiten der fotografischen Darstellung.

Moin,

für unser Auge ist der Flint oft sehr homogen und von sehr gleichmäßiger Textur.
Allein durch eine Störung in der Textur/Struktur, also dem Gefüge des Materials (z.B. glasig,
körnig), kann die Patinierung derart gestört sein, dass partiell gar keine Patina vorhanden ist.
Ebenso wirken sich derartige Störungen auf das Bruchverhalten des Silex auf.

Insbesondere durch die marinen Einschlüsse weist die Textur Inhomogenität auf, die  sowohl mit
dem bloßen Auge zu sehen ist, aber auch mikroskopisch klein sein kann.

Im Anhang ein Fundstück mit augenfälliger Patina, ein Löffelschaber aus D/SH (westliche Ostsee).

Hier ist der matte Fleck durch einen fossilen Einschluss mitten auf einer glänzenden patinierten Fläche gut zu sehen.
Dass ein Fossil die Ursache ist, ist jedoch nicht immer so deutlich!
Mitunter sind es auch nur völlig unscheinbare wolkige Schlieren.

Dass die glänzende Patina das Fossil nicht überzieht, ist auf dem Foto gut zu erkennen.
In der Lupenansicht kann man sehr schön sehen, dass sich dort Gebrauchspolitur befindet,
die sowohl die Patina als auch das Fossil überlagert.

Auch finde ich unterschiedliche Patinierungsgrade auf Bruchflächen an ein und demselben
Fundstück. Grund ist auch hier die Veränderung/Störung des Gefüges (Gitterstruktur), ob die
Bruchfläche rau oder glatt ist, also die Oberflächenbeschaffenheit.

Der zeitliche Prozess der Patinierung wird neben dem Lagerungsmilieu von einigen Kriterien beeinflusst.
Hierzu Erfahrungen von Jan, über Salzwasserpatina  > Klick <


Neulich bestaunte Dr. Sönke Hartz meinen weißen Abschlagschaber, sinngemäß, "...boah ist das eine dicke Patina!".
Eine Dicke bis 0,7 mm kann ich verifizieren.
Wenige Fundbelege sind dort weiß patiniert, die meisten anderen Artefakte aus dem nahen Fundbereich sind anders patiniert.


An frischen Brüchen sind des Öfteren sehr kleine, noch nicht abgesplitterte, Flakes, unter denen
sich Luft befindet. Man kann sie mit einer Nadel abheben. Also sicheres Zeichen von frischen Brüchen?
Mitnichten, an meiner Kornsichel (meinem Avatar) befinden sich auch solche Flakes.

Noch einmal zu meiner Kornsichel. Diese ist insgesamt recht seidig-glänzend. Nur an manchen
Stellen befindet sich dicke hochglänzende Politur - der Sichelglanz.
Dass Sicheln nachgeschärft werden ist bekannt; hier kann man unterschiedliche Generationen
Retuschen sehen. Einige zweifelsfreie Retuschen weisen fast keine Patina auf.
Wäre es keine Sichel...


Zu guter Letzt - die Fotos - Kriterien die uns Streiche spielen.
Ich zähle nur ein paar auf.
Winkel des Lichteinfalls, Blickwinkel der Kamera, falscher Weißabgleich, Unter- Überbelichtung.
All diese Kriterien können dazu führen, dass sich auf den Objekten partielle Erscheinungen befinden, die nicht real/objektiv sind.
Und nicht zuletzt, "meine" eigene Unzulänglichkeit.

Hier stimme ich palaeo1 zu, vieles kann man nur durch Inaugenscheinnahme bestimmen.


Meine Ausführungen sollen nichts beweisen, sie sollen lediglich verdeutlichen, dass Beurteilungen zu bestimmten
Merkmalen an Artefakten, über das Medium Forum/Fotos, nicht immer so einfach sind, wie es den Anschein hat.

Gruß

Jürgen

Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry