ORAKELSTEIN (?) aus einem Keltischen Oppidum (2. - 1. Jh. v. Chr.)

Begonnen von thovalo, 10. Dezember 2010, 22:55:20

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thovalo

 :winke:

Dieser Fundbeleg wirkt und ist auf den ersten Blick vollkommen unscheinbar und doch ist er ein äußerster Glücksfund gewesen. Mir fiel erst nur die geometrische Form des aus Fundschichten eines keltischen Oppidums an einem Hang heraus erodierten kleinen Steinrechtecks aus Kalkstein auf.

Ich hielt das Steinchen zunächst für ein Tessalium (L: 1.3 cm; Br: 0.7.5 cm und 0.85 cm). Erst beim Säubern fielen mir die Zeichen auf.  :glotz:

Alle vier Langseiten sind mit Zeichen versehen. Es handelt sich einmal um einen Strich, einmal um drei Striche, einmal um vier Striche und einmal um drei diagonal gesetzte Punkte.

Erst sehr viel später habe ich in einem Museum Beispiele solcher außergewöhnlicher Fundbelege wieder gesehen. Sie werden als "Orakelsteine" verstanden mit deren Hilfe die Götter in wichtigen Angelegenheiten befragt werden konnten.

Das Oppidum ist auf die Zeit von 121 - 45 v. Chr. datiert. Dann hat der alte Cäsar mit seinen Legionen die Hütten platt gemacht

GlG  thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

sauhund

 :winke:
Interessant und ein toller Fund ist das Stück ja allemal, aber "Orakelstein" scheint mir (auch wenn das so in einem Museum stehen sollte) mehr als spekulativ. Da war mal wieder einer sehr kreativ mit seiner Einschätzung (nicht auf Dich bezogen), oder gibt es da irgendeine Überlieferung antiker Geschichtsschreiber?
Könnte doch auch einfach nur eine Art Spielstein, oder eine Art Würfel gewesen sein. Gezockt wurde und wird doch in nahezu jedem Kulturkreis. Aber bei den Kelten wird gerne alles ein bischen esoterisch angehaucht gedeutet.
Will den Fund aber keinesfalls schlechtreden  :friede: - immer noch ein toller Fund.
Sau  :dog:

thovalo

  :super:

Das sehe ich genau so ..... und ich denke die heutigen "Gallier" sind in ihren Interpretationen dieser Stück(chen) vergleichsweise frei und zwanglos ..... ....  sehr selten sind sie dennoch ..... solche Kleinigkeiten tritt man sich wohl auch eher in die Schuhsohle ein, bevor man sie bemerkt!

Lassen wir diesen "Kleinen" einen stummen Zeugen unbekannter Funktion sein ... ist auch gut   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

a.k.a. rentner

Halt stopp.
Diese Interpretation ist dann nicht blöd, wenn man die Entstehungsgeschichte des Würfelns betrachtet.
Wir haben die kleinen Knochen, die Stäbe (aus denen sich ja langsam etwas ganz funktionales: eine Schrift ableitet), etc.
Rituale werden säkularisiert, und verändern ihre Bedeutung/Funktion.
Überholte Systeme überdauern Jahrtausende als Spielzeuge -  ihrer Funktion beraubt.
Das sind sicherlich ganz langsame Prozesse, und die einzelnen Stufen zwar trennbar - aber in fliessendem Übergang miteinander verbunden.
why not.
michi

sauhund

#4
Zitat von: a.k.a. rentner in 10. Dezember 2010, 23:59:21
Halt stopp.
Diese Interpretation ist dann nicht blöd, wenn man die Entstehungsgeschichte des Würfelns betrachtet.
Wir haben die kleinen Knochen, die Stäbe (aus denen sich ja langsam etwas ganz funktionales: eine Schrift ableitet), etc.
Rituale werden säkularisiert, und verändern ihre Bedeutung/Funktion.
Überholte Systeme überdauern Jahrtausende als Spielzeuge -  ihrer Funktion beraubt.
Das sind sicherlich ganz langsame Prozesse, und die einzelnen Stufen zwar trennbar - aber in fliessendem Übergang miteinander verbunden.
why not.
michi


Meinst du die germanischen Runenstäbe? Ich verstehe nicht ganz, worauf Du hinaus willst.
Man sollte mit der Interpretation solcher Sachen einfach vorsichtig sein, solange es da keine Überlieferung dazu gibt. Alles andere ist reine Spekulation.
Why not? Why should? Mir stellen sich einfach die Nackenhaare auf, wenn ich lese: "Orakelsteine, mit denen Kontakt zu den Göttern aufgenommen wird". Das ist mir persönlich zu New Age. Ich weiß ja nicht, aus welchem Orakel Schafkopf oder Poker sich entwickelt haben soll.  :schaf:
Ausschließen kann ich das natürlich nicht. Aber manchmal ist das Naheliegende vielleicht nicht falsch.
Sau  :dog:

Silex

Die einen orakeln eben aus den Eingeweiden von Vögeln...die anderen werfen Knochenmikado, oder beritzte Buchenstäbchen und lesen aus dem Zu"fall" (hier hast Du schon die wirkende Kraft bis heute). Der Würfel ist nur ein (inzwischen) profanisiertes Symbol für das SCHICKSAL.
Und wenn Jimi H. foxyladiet dann hast Du den Schamanen oder den Goya wie er strichelt und jammert, jauchzt und benedeit.
Wir sitzen am selben Lagerfeuer- direkt vor der Nase.

Powered by Aventinus
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

sauhund

Aber beschreibe mir doch bitte eine Analogie, aus welcher sich aus etwas Kultischem sich ein profanes Würfelspiel entwickelt haben soll. (Jetzt bitte nicht das Hüften-Fussballspiel der Azteken/Inka/Wasauchimmer oder so)
:frech:

sauhund

Zitat von: Silex in 11. Dezember 2010, 00:56:43
Die einen orakeln eben aus den Eingeweiden von Vögeln...die anderen werfen Knochenmikado, oder beritzte Buchenstäbchen und lesen aus dem Zu"fall" (hier hast Du schon die wirkende Kraft bis heute). Der Würfel ist nur ein (inzwischen) profanisiertes Symbol für das SCHICKSAL.
Und wenn Jimi H. foxyladiet dann hast Du den Schamanen oder den Goya wie er strichelt und jammert, jauchzt und benedeit.
Wir sitzen am selben Lagerfeuer- direkt vor der Nase.

Powered by Aventinus
Edi

Bei so einem Beitrag bleibt einem wirklich nur das orakeln....Was meint er?... Worum ging es gerade?.... Crosstown Traffic!!!

Tomcat

Wnn Du beim Jimmi einen 'Hendrix' ergänzt und beim Goya einen 'Francisco de', dann wirst Du finden, was Silex orakelt ;-)
Life burns!

sauhund

@all
zum runterkommen

http://www.youtube.com/watch?v=056JWqofZ7M

Eins meiner Lieblingsjimmylieder(auch wenn das Video xxxxx ist)

@tomcat hab`s schon verstanden

thovalo

#10
  :zwinker:

das ist ja ein "dynamischer " Austausch .....  

................  wenn ich mal so meine Zielgruppe der Arbeit betrachte, so sehe ich doch manchmal eine fanatische bis wahnhafte Gläubigkeit an eine diffus empfundene, fast schon göttlich übergeordnete Macht des Würfels und des Würfelns, auch und insbesondere in allen modernen Formen, über den Automaten, die Börsenspekultaion, bis hin zum Umgang mit euphorisiernden und berauschenden Mitteln .......  

So ist eine gewisse Göttlichkeit und insbesondere Schicksalhaftigkeit des Spiels an sich schon ...... Teil des menschlichen UnterbewusstSEINS .....

Fachlich ist FAKT: die Spielanleitung zum geritzten Klötzchen lag nicht bei .... und es wird sich mit Sicherheit auch keine mehr finden lassen ....


Daher ist der Fundbeleg fachlich korrekt und nüchtern "nur":

ein intentionell rechteckig zugerichtetes Stück Kalkstein mit vier manipulierten Oberflächen

......  aber das ist im Ausdruck so kalt wie der Winter vor der Türe....!


GLG     :prost:


Meine VISON:

.... der weisshaarige Druide sass mit im kühlen Wind wallendem vollen Haar an seinem Opferstein, das Gedärm geopferter Vögel neben sich und mit dem Würfelstein die Götter befragend nach dem Schicksal seines Stammes. In Sichtweite lagern bereits die Legionen Cäsars chillig am Lagerfeuer, bereit zum Sturm auf das keltische Oppidum beim ersten Strahl des Morgenlichts .........

.....  so zeigen das zumindest so genannte ARCHÄOLOGISCHEN DOKUS von ARTE und CO .......  mit FACHARCHÄOLOGEN die zutiefst spekulative Aussagen machen, dass einem nur so die Ohren schlackern ... Dafür wäre ich schon im ersten Semester von ALBERTUS MAGNUS persönlich "diszplinarisch" entlassen und dem Feuer der göttlichen Inquisition übergeben worden .....
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

a.k.a. rentner

Thovalo, Deine Nüchternheit ehrt Dich.
Was wäre das Suchen, Finden, ohne interpretierendes Nachspiel.
Nun gut, als denn.
Das allgemeine Rumorakeln war ja lange usus, und ist nicht zuletzt auch aus alten Quellen belegt.
Ein Beispiel wäre das Zinngiessen, das einige von uns an Neujahr betreiben werden.
Jung hat sich ganz nett mit anderen Beispielen beschäftigt, ohne postmoderne Interpretationsanleitungen zu schaffen.
Lediglich die Frage nach der Faszination der Menschen für, und das Bestehen solcher Phänome auch -posthum Jung- trieb ihn wohl an.
Wieauchimmer bedenke man die kleinen Gelenkknöchelchen, welche allgemeingültig "gewürfelt" wurden.
Desweiteren kann man -auch ohne die Schwarze Sonne, und den Fälschungen/bewussten Fehlinterpretationen des dritten Reichs-  auch rituelle Handlungen beobachten, die ihrer ursprünglichen Bedeutung vergessen weiterhin existieren und v.a. funktionieren, v.a. in katholischen Gegenden(auch weniger katholischen mit starkem kath. Einfluß: siehe Haiti).
So ist durchaus eine Brücke zu schlagen von altsteinzeitlichen Schädeldeponierungen, mittelsteinzeitlichem Schädelnest, neolithisch ähnlichem, keltischem Schädelkult, der sich in romanischer Kirchenarchitektur fortführt, Reliquienverehrung, Grabtuch von Turin, der Aufbahrung des Genossen am roten Platz, den Totenmasken, Gipskopfhallen, Che Tshirts, GnRose mit Jesus Tshirt, Britneys Fußnägel etc.
Ähnliches passierte mit Elementen unserer Sprache: Donnerstag, z.B.
Umgekehrt kann man die Umwandlung von alltäglichem zu "hexerischem", siehe Donnerkeile beobachten. 
Als Hypothese, bzw. Interpretation von Expertenseite, wohl kaum von Brandopferplatzjägern zu belächeln.
m.

sauhund

Zitat von: a.k.a. rentner in 11. Dezember 2010, 23:54:42
Thovalo, Deine Nüchternheit ehrt Dich.
Was wäre das Suchen, Finden, ohne interpretierendes Nachspiel.
Nun gut, als denn.
Das allgemeine Rumorakeln war ja lange usus, und ist nicht zuletzt auch aus alten Quellen belegt.
Ein Beispiel wäre das Zinngiessen, das einige von uns an Neujahr betreiben werden.
Jung hat sich ganz nett mit anderen Beispielen beschäftigt, ohne postmoderne Interpretationsanleitungen zu schaffen.
Lediglich die Frage nach der Faszination der Menschen für, und das Bestehen solcher Phänome auch -posthum Jung- trieb ihn wohl an.
Wieauchimmer bedenke man die kleinen Gelenkknöchelchen, welche allgemeingültig "gewürfelt" wurden.
Desweiteren kann man -auch ohne die Schwarze Sonne, und den Fälschungen/bewussten Fehlinterpretationen des dritten Reichs-  auch rituelle Handlungen beobachten, die ihrer ursprünglichen Bedeutung vergessen weiterhin existieren und v.a. funktionieren, v.a. in katholischen Gegenden(auch weniger katholischen mit starkem kath. Einfluß: siehe Haiti).
So ist durchaus eine Brücke zu schlagen von altsteinzeitlichen Schädeldeponierungen, mittelsteinzeitlichem Schädelnest, neolithisch ähnlichem, keltischem Schädelkult, der sich in romanischer Kirchenarchitektur fortführt, Reliquienverehrung, Grabtuch von Turin, der Aufbahrung des Genossen am roten Platz, den Totenmasken, Gipskopfhallen, Che Tshirts, GnRose mit Jesus Tshirt, Britneys Fußnägel etc.
Ähnliches passierte mit Elementen unserer Sprache: Donnerstag, z.B.
Umgekehrt kann man die Umwandlung von alltäglichem zu "hexerischem", siehe Donnerkeile beobachten. 
Als Hypothese, bzw. Interpretation von Expertenseite, wohl kaum von Brandopferplatzjägern zu belächeln.
m.

Das ist ja Alles schön und gut, aber immer noch keine Analogie, bei der aus einem rituellen Usus ein profanes Würfelspiel oder etwas Ähnliches wurde. Es ist und bleibt reine Spekulation, wie man diese Fundstücke deuten soll. Ich beharre hier keinesfalls auf meiner Interpretation als Würfel, aber ein fundierter Beweis für "Orakelsteine" ist das nichtssagende Gelaber auch nicht.
Dass immer schon orakelt wurde ist klar. Auspicatori etc. der Kelten sind ja z.B. auch überliefert, aber so weit ich weiß keine "Orakelsteine".
Und natürlich ist diese Interpretation zu belächeln, solange sie weder überliefert noch sich irgendwie verifizieren lässt und somit keiner wissenschaftlichen Untersuchung standhalten kann.
(BTW: meine "Brandopferplatztheorie" ist anhand von Recherche, Fakten, Beobachtungen und Vergleichen zu anderen Brandopferplätzen entstanden, und nicht durch "Orakeln" oder sinnfreies Geschwätz!!!)
:friede:
Sau  :dog:

Silex

und Thovalo....  lies dir nochmal Deinen filmreifen  Anfangsbeitrag durch...da seh ich direkt den Artearchäologen mit schnellrasziehendem Gewölk in Vierfachüberblendung :"Dieser Fundbeleg wirkt und ist auf den ersten Blick vollkommen unscheinbar und doch ist er ein äußerster Glücksfund gewesen. Mir fiel erst nur die geometrische Form des aus Fundschichten eines keltischen Oppidums an einem Hang heraus erodierten kleinen Steinrechtecks aus Kalkstein auf.

Ich hielt das Steinchen zunächst für ein Tessalium (L: 1.3 cm; Br: 0.7.5 cm und 0.85 cm). Erst beim Säubern fielen mir die Zeichen auf.  Ein Auge drauf werfen

Alle vier Langseiten sind mit Zeichen versehen. Es handelt sich einmal um einen Strich, einmal um drei Striche, einmal um vier Striche und einmal um drei diagonal gesetzte Punkte.

Erst sehr viel später habe ich in einem Museum Beispiele solcher außergewöhnlicher Fundbelege wieder gesehen. Sie werden als "Orakelsteine" verstanden mit deren Hilfe die Götter in wichtigen Angelegenheiten befragt werden konnten.
"
Es ist halt so wie mit den Falterflügelschlägen in Kalifornien und anderswo.
"Orakelstein" halte ich für übertrieben. Aber dass Menschen den Zu"Fall" schon immer zum Ritus oder (späteren)Zeitvertreib verwendeten iss eh klar. Und Tradition ist überall. Selbst auf der qwertz Tastatatur.
HdE
Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

thovalo

 :zwinker:

Ohne Sahne schmeckt der Kuchen nicht!   


Einen schönen zweiten Advent!   :prost:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Luci Fernatas

Ein spannendes Steinchen, eine unterhaltsame Diskussion. Was will man an einem verregneten Sonntag mehr?  :-)

Zitat von: thovalo in 12. Dezember 2010, 08:53:24

Einen schönen zweiten Advent!   :prost:
Deiner Zeit bist du aber nicht unbedingt voraus!  :-D

thovalo

O.k. : ..... dritten Advent   ! ! ! !    :dumdidum:

(ist hier ja wie bei ´ner Versteigerung!  :zwinker:  )
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Luci Fernatas

Zitat von: thovalo in 12. Dezember 2010, 17:59:43
O.k. : ..... dritten Advent   ! ! ! !    :dumdidum:

(ist hier ja wie bei ´ner Versteigerung!  :zwinker:  )
Und wer den Zuschlag kriegt, darf die Geschenke kaufen!

a.k.a. rentner

#18
 :friede:

a.k.a. rentner

Zitat von: sauhund in 11. Dezember 2010, 01:04:02
Aber beschreibe mir doch bitte eine Analogie, aus welcher sich aus etwas Kultischem sich ein profanes Würfelspiel entwickelt haben soll. (Jetzt bitte nicht das Hüften-Fussballspiel der Azteken/Inka/Wasauchimmer oder so)
:frech:

Nietzsche, Geburt der Tragödie