Noch ein Beilklingenfragment

Begonnen von Danske, 20. Januar 2016, 15:11:47

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Danske

Moin an alle aus Rheinhessen,

habe hier noch ein Schneidenbruchstück aus nördlichen Gefilden.

Das Stück erinnert mich an die Abbildung Fig. 8 Nr. 5 bei PVP, Seite 28. Das Material ist ursprünglich schwarz, die Oberfläche überwiegend hell, fast weiß, und im Bereich der Bruchstellen braun patiniert, nach PVP Moor- bzw. Feuchtpatina.

Maße: Länge 82 mm, Breite an der Schneide: 85 mm, Breite an der Bruchstelle: 70 mm (ursprüngliche Breite mit Berücksichtigung des alt ausbebrochenen Stücks an der Schmalseite wahrscheinlich nicht viel weniger als 85 mm), Dicke 25 mm

Die Breitseiten sind geschliffen, die Schmalseiten, soweit erkennbar, nicht oder nur sehr wenig.

Ich weiß, ohne Nacken ist eine abschließende Typisierung und zeitliche Einordnung nicht möglich, aber aufgrund der Breite und der Dicke (das Beil dürfte nicht wesentlich dicker als die an der Bruchstelle gemessenen 25 mm gewesen sein) tippe ich jetzt mal auf ein Dünnnackenbeil Typ VII (PVP S. 109, Nr. 163) oder vielleicht dünnblattiges Rechteckbeil mit ungeschliffenen Schmalseiten (PVP S. 116, Nr. 181), wenn man die von PVP angegebene maximale Dicke von 24 mm für Dünnblattbeile etwas anhebt.

Interessant ist aus meiner Sicht, dass die Bruchstelle offensichtlich sekundär bearbeitet wurde, denn sie ist vollkommen glatt geschliffen. Könnte das Bruchstück dann weiterhin mittels einer Steck- bzw. Klemmschäftung als Parallelbeil Verwendung gefunden haben? Vielleicht sehe ich zuviel oder interpretiere zu viel hinein, aber ich meine, leichten Schäftungsglanz an den Schmalseiten erkennen zu können.

Was meint ihr?

Viele Grüße
Holger

Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Moin Holger,

feiner Fundbeleg - Glückwunsch  :Danke2:

Merkmale für ein Parallelbeil kann ich da nicht ausmachen  :glotz:.
Eine sekundäre Bearbeitung an der Bruchfläche (Beil 9i.jpg) durch Schliff, kann ich ebenfalls nicht erkennen.

Hast Du noch Informationen zur Lagerungssituation (Acker, Feuchtgebiet, Strand)?

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Moin Jürgen,

danke, war ein absoluter Zufallsfund beim Wandern auf einer Wiese nahe eines kleineren Weihers.

Also keine sekundäre Bearbeitung und Nutzung, schade. Ich dachte, die plane Bruchkante würde auf eine Glättung hinweisen und ich meine auch, Schleifspuren zu erkennen. Aber ich kann mich auch täuschen. Wenn ich mir den vorherigen Beilrest mit dem ungleichmäßigen Bruch anschaue, was ein Unterschied. Hätte nicht dedacht, dass Flint so glatt brechen kann.

Zur Schäftung: Ursprünglich war das (intakte) Beil aber doch parallel geschäftet, oder? Querschäftung scheidet ja aus.

Lässt sich was zur Typisierung und zeitlichen Einordnung sagen?

Gruß
Holger

Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Zitat von: Danske in 20. Januar 2016, 22:01:37
...

Zur Schäftung: Ursprünglich war das (intakte) Beil aber doch parallel geschäftet, oder? Querschäftung scheidet ja aus.
...
Moin,

ja natürlich war das parallel geschäftet. Merkmale dafür sind dennoch nicht an dem Schneidenfragment.


Gruß

Jürgen
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Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

StoneMan

Moin nochma,

gestern habe ich wohl ein wenig neben mir gestanden  :besorgt:

Zu Deiner Frage:

Zitat von: Danske in 20. Januar 2016, 15:11:47
...
Könnte das Bruchstück dann weiterhin mittels einer Steck- bzw. Klemmschäftung als Parallelbeil
Verwendung gefunden haben? Vielleicht sehe ich zuviel oder interpretiere zu viel hinein, aber ich meine,
leichten Schäftungsglanz an den Schmalseiten erkennen zu können.

Dazu müsstest Du einmal versuchen diesen Schäftungsglanz, ebenso die Schleifspuren auf der Bruchfläche,
darzustellen - ich weiß, das ist SEHR schwierig.
Die Bruchfläche behandeln/glätten, wäre für eine Schäftung überflüssig.

Ein so kurzes Schneidenfragment geschäftet, engt den Verwendungszweck allerdings drastisch ein.
Vom Bauchgefühl her würde ich das nicht annehmen.

Wenn Du aber Schäftungsglanz und Schleifspuren an der Bruchfläche sicher und richtig
einschätzt (?), dann wäre das natürlich möglich.

Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry

Danske

OK, war ja auch nur so eine Vermutung von mir oder vielleicht sogar ein Wunschdenken. Vielen Dank, Jürgen!

Und wie sieht es mit der Typisierung und Zeitstellung aus? Deutet da was auf Dünnnacken und ältere o. jüngere TBK oder ist auch eine ungefähre Bestimmung nicht möglich?

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Moin Holger,

aufgrund der geringen Anzahl meiner Fundbelege von Beilen/Beilfragmenten verfüge ich nicht
über genügend Erfahrung. Bei mir wäre das eine Bild-Bestimmung und somit reine Spekulation.

Die Frage zur Typisierung und Zeitstellung muss ich also weiter geben.


Gruß

Jürgen
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Antoine de Saint-Exupéry

thovalo


Es ist ein klarer Grundsatz und ich denke auch klar verständlich, dass zur Bestimmung von Beilklingen die Ausbildung der Nackenpartie ausschlaggebend ist.

Bei den Rechteckbeilklingen im Norden mag auch das Fehlen eines kleineren Stücks des Nackens noch eine Ansprache
möglich machen aber, wie hier, allein von einer Schneidenpartie ausgehend eine Ansprache zu treffen mündet in reine Spekulation.


Mehr als "wenn dann", "könnte", "dürfte" ........ kann Keiner wagen.


lG Thomas   :winke:

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.