Neufund vom Wochenende

Begonnen von Merle2, 10. Mai 2017, 18:18:51

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Merle2

Hallo,

ich vermute das es sich bei diesem Fund um einen Stichel handelt, tue mir aber mit einer genauen Ansprache schwer, ich denke evtl. mesolithisch/ spätpaläolithisch, vielleicht könnt ihr mir weiterhelfen. Fundgegend Unterfranken.
Viele Grüße und Danke
Marc

Merle2

...noch ein paar Detailaufnahmen
:winke:

steinwanderer

Moin Marc,
ich hab am Wochenende einen Forumskollegen in Bayern besucht. Bei der gemeinsamen Suche auf einem mesolithischen Platz waren dort sehr kleine Kerne, für unsere nordischen Verhältnisse schon winzig, zu finden.
Ich gehe daher davon aus, das durch Eure Materialknappheit auch noch die dickste Klinge bis aufs Letzte ausgebeutet wurde.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

thovalo



Bild 2389 überliefert am ehesten Ansichten der Merkmale eines Stichels.

Es scheint aber ein Stück von einem Kern zu sein, an dem insbesondere Lamellen oder kleine Klingen abgetrennt werden sollten.
Wenn dann ein großer Abschlag erfolgt erscheinen gestaffelte hinge fractures auch mal als Merkmale eines Stichels.

Ehrlich gesagt sind das viele Bilder, aber wenige die einen näherne klaren Eindruck geben.
Geht es etwas näher ran mit Deiner Kamera?


Bild 2389 rechte Seite scheint am interessantesten in Bezug auf Deine Frage.



lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Merle2

Moin Klaus und Thomas,
danke für eure Gedanken. Die Bilder sind wirklich nicht optimal und ich kann versuchen nochmal was rauszuholen. Schon als ich das Stück fand hatte ich einen Kern ausgeschlossen, auf mich wirkt das Stück wie ein Noailles-Stichel, mit Stichelschlägen an den Lateralen und konkaven Retusche. Ich würde aber ausschliessen so was in Unterfranken zu finden, wobei die Beifunde des Fundplatzes bis in Mittelpaläolithikum datieren.
Naja dann suche ich mal weiter und hoffe mal einen klaren Stichel zu finden...
Liebe Grüsse
Marc

palaeo1

#5
Es ist mindestens ein Zwillingsstichel an Endretusche, vermutlich spätpaläolithisch. Die kommen in Federmesserindustrien häufig an derart dicken Grundformen vor. Man muss sich das Objekt aber in natura ansehen, um weitere Ansprachen vornehmen zu können.

Gruß
palaeo1

thovalo

Zitat von: palaeo1 in 11. Mai 2017, 21:57:30
Es ist eindeutig ein Zwillingsstichel an Endretusche, vermutlich spätpaläolithisch. Die kommen in Federmesserindustrien häufig an derart dicken Grundformen vor.

Gruß
palaeo1


Ich erkenne auf den Bildern keine Enretusche .........  wenn dann nicht eher "an Bruch" ! ? :glotz:

Die Federmesserindustrieren waren wenig kompliziert in Bezug auf ihre Stichel"technologie", da war man im Jungpaläolithikum sorgsamer, aber ich finde die Bilder immer noch ......  nicht ideal um soich da näher fest zu legen!


lG Thomas  :winke:


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

palaeo1

In 2388 und 2389 erkennt man die Endretusche deutlich. Sie ist in einem Fall konkav ausgeführt. Eine Bruchfläche sähe anders aus.

Gruß
palaeo1

Merle2

HAllo,

ich muss mich leider sehr kurz fassen und habe momentan wenig Zeit gelungenere Bilder zu produzieren, auch meine KAmera ist da sehr limitiert.
DAnke palaeo1 und Thomas für eure Ansprache. Ich freue mich über den Fund und hoffe mit besseren Bildern nochmal die ebtscheidenden Partien deutlicher herausheben zu können. Habt ihr vielleicht einen Linktip oder Buchtip zu solchen Artefakten, die eine Typisierung und Datierung unterstützen?
Viele Grüße und gut Fund am Wochenende
Marc


steinwanderer

Moin Palaeo 1,
ich bin jetzt ein wenig verwirrt.
War jetzt das Zielprodukt der Stichel, mit dem gearbeitet wurde?
Oder war es der Wille Lamellen herzustellen, wie es mir Deine gezeigten Stücke sowie auch die Nr.9 Seite231 in dem vorgelegten Buch suggeriert?
Wäre das der Fall, müsste es doch 2 Bezeichnungen geben.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

palaeo1

Ja, das Zielprodukt war der Stichel, wobei Gebrauchsspurenanalysen belegen, dass individuell sowohl die Stirnkanten als auch die Lateralen der Stichelbahnen zu Tätigkeiten genutzt wurden. Sind die genutzten Kanten stumpf geworden, wurde eine weitere Lamelle abgetrennt. Aufeinanderpassungen von mehreren nacheinander abgetrennten Stichelabschlägen belegen dies. Gleichfalls wurden aber auch die Stichellamellen zu Werkzeugen modifiziert, z.B. zu Bohrern, wie jüngste Erkenntnisse auf dem Federmesser Fundplatz in Weitsche, Ldkr. Lüchow-Dannenberg, belegen. Dort wurden mit diesen Bohrern die Lochungen von Bersteinperlen vorgenommen.

Ich suche da noch mal Belege zu raus.

LG palaeo1

StoneMan

Zitat von: palaeo1 in 13. Mai 2017, 11:04:48
Ja, das Zielprodukt war der Stichel, wobei Gebrauchsspurenanalysen belegen,
dass individuell sowohl die Stirnkanten als auch die Lateralen der Stichelbahnen zu Tätigkeiten genutzt wurden. ...
Moin,

das Fettmarkierte ist auch mein Wissensstand.

Ob das für alle klar ist, weiß ich nicht, oft hatte ich hier den Eindruck, dass lediglich
die, "Stirn/Spitze", als Arbeitsbereich gesehen wurden, eben nur zum "Sticheln".

@ palaeo1, gut, dass Du den zusätzlichen Gebrauch der Lateralen, als z.B. schabende Tätigkeit, erwähnst.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

thovalo

#13
Zitat von: palaeo1 in 11. Mai 2017, 22:56:19
In 2388 und 2389 erkennt man die Endretusche deutlich. Sie ist in einem Fall konkav ausgeführt. Eine Bruchfläche sähe anders aus.

Gruß
palaeo1


Den Gebrauchsgewohnheiten waren stets hoch effizient. Artefakte wurden rundum verwendet und genutzt.

Wow, da hast Du aber sehr genau hin gesehen, mit Deiner Unterstützung ist das zu "erahnen" und/aber ... die Negative verlaufen an dem Ende in die Dorsalfläche.
Ich hab noch länger noch genauer hin gesehen. An diesem Artefakt befinden sich keine Retuschen.
In der ersten Bilderfolge gibt es die beiden direkten Ansichten der Endstücke .......  die sind ohne Retuschen.


Wenn charakteristische Stichlmerkmale erkennbar werden dann auf Bild 27389 und bei der genutzten Plattform ist keine Retusche ausgeführt worden.


Die Bilder bleiben wenig instruktiv, weil die Details mit so viel Mühe erspäht werden müssen.


Es wäre sehr hilfreich wenn der Ersteller des Beitrags und der Bilder einmal selber was zu den heir geäußerten Vorstellungen sagen könnte!
Gibt es RETUSCHEN?

Und wenn es nicht zu viel Mühe macht mal wirklich klare Nahaufnahmen: direkte NAHE Aufsichten aller Seiten reichen aus!


lG Thomas  :winke:


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

StoneMan

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Antoine de Saint-Exupéry

thovalo

Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

palaeo1

#16
Ich sagte bereits, dass eine eindeutige Ansprache aller Merkmale nicht anhand der Fotos möglich ist. Beide gezeigten Plattformen zeigen meines Erachtens eine durch Retusche überprägte Bruchfläche, insofern keine reine Bruchfläche. Das ist in der Regel bei solchen dicken Grundformen so. Signifikantestes Merkmal eines Stichels ist, dass die Abschläge immer Teile der Ventralfläche der Grundform wegnehmen. Zudem sind die primären Stichellamellen fast immer im Querschnitt dreieckig, wobei hier natürlich auch die Grundform zum tragen kommt und es auch andere Ausprägungen geben kann. Die sekundären Stichellamellen fallen dagen meist viereckig im Querschnitt an. Lediglich feine Nachpräparierungen können häufig nicht von anderen Abschlägen/Absplissen unterschieden werden, erst im Zuge von Zusammenpassungen. Gut, dass ich so etwas eher sehe als andere, ungeübtere, liegt daran, dass ich in meinen 45 Jahren Umgang mit Flintartefakten schon einige hunderttausende Stücke in der Hand hatte und so die Merkmale in Kombination sicherer erkennen kann.

LG palaeo1

thovalo



Ich kann schon gut folgen, das mach die Bilder aber nicht besser!  :friede:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

palaeo1

Nein, Detailfotos würden da Klarheit schaffen können, für eine erste Ansprache reichen sie aber allemal..

StoneMan

Zitat von: palaeo1 in 13. Mai 2017, 12:16:36
...ungeübtere...
...wie ich  :besorgt: daher sage ich zu Sticheln in der Regel gar nichts. Versuche hier
nur immer wieder diese meine Lücke zu schließen.

Da ich sie praktisch nie in der Hand habe, wird das nix mit der Lücke schließen  :heul:

Und wegen meiner Unkenntnis sage ich dann lieber nichts zu solchen Belegen.
Müsste ich etwas aufgrund der Fotos sagen, dann eher: Trümmerstück  :nixweiss:,

Was aber auf keinen Fall bedeuten soll, dass ich zuvor getroffenen Aussagen anderer anzweifle.

Die von palaeo1 gezeigten Beispiele und auch die Links, sind für mich erhellend  :Danke2:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

palaeo1

#20
Hier mal zur Verdeutlichung!

Die beiden Negative auf der Plattform stellen eine Präparation dar .

palaeo1

#21
Zitat von: thovalo
Wenn charakteristische Stichlmerkmale erkennbar werden dann auf Bild 27389 und bei der genutzten Plattform ist keine Retusche ausgeführt worden.

Alles was ein Stchel ausmacht ist auch deutlich auf der Abb. 2384 zu sehen. An beiden Kanten sind die Stichelbahnen zu sehen, die Teile der Ventralflächen reduziert haben. Zudem ist eine deutlich konkave Plattform modifiziert worden, an der auch kleine Retuschen zu sehen sind. Bei der Abbildung wird auch deutlich, dass sogar ein Mehrfachstichel vorliegt und nicht nur ein Zwillingsstichel.

Solche konkaven Stichelplattformen stellen eine Signifikanz einiger Sticheltypen dar. Hier noch mal ein Beispiel.

Gruß
palaeo1

Merle2

Hallo,

ich habe nochmal versucht 2 Bilder (2407, 2408) der besagten Flächen zu machen, leider mit weiterhin wenig Erfolg. Ich hoffe dies hilft etwas, palaeos Einschätzung undErläuterungen kann ih am Fundstück selbst, absolut nachvollziehen...
Viele Grüße
Marc