Nach dem Regen: Artefaktbelege aus Felsgestein, Silex und Keramik

Begonnen von thovalo, 28. Mai 2010, 16:51:51

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thovalo

Ein Regentag zwischen zwei Begehungen auf den selben Plätzen hat ausgereicht um erneut interessante Fundbelege frei zu legen:

Das Trümmerstück eines neolithischen Mahlsteins (max. Breite 12cm) aus karbonischen Felsgesteinkongolmerat (Herkunft vermutlich aus dem Ruhrgebiet) mit Partie der intensiv genutzten Arbeitsfläche.

Interessant ist die Beobachtung, dass selbst die im Gestein eingelagerten Quarzgerölle plan überschliffen sind. Das wird für die Zusammensetzung des gewonnen Mahlguts und insbesondere für die Zähne der Konsumenten Konsequenzen gehabt haben:

Keine Karies der Zähne, aber ordentlicher Abrieb durch "Steinmehl"!


Das Fragment einer Beilklinge aus braun gefärbten Silex
("Lousberg"... oder braun patiniert? / die Bilder "beilfragment 2 und 3" zeigen das Merkmal eines direkt hart geführten Schlages, in diesem Fall möglicherweise sogar eher von einem Ackergerät auf die Schmalseite der Beilklinge; das Bild "beilfragment 4" lässt noch die Ausrichtung bzw. die Riefen des Anschliffs erkennen; 4.2 x 3.9cm).

Weiter das Proximalragment einer größeren Klinge aus Rijkholtfeuerstein aus der ersten Abbaufolge einer großen Rohgesteinknolle. (Länge: 4.4cm)
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#1
Bemerkenswert sind zudem zwei Blöcke aus Wetzschiefer, je ein Stück von zwei unterschiedlichen Plätzen, die jeweils eine angeschliffene Seite aufweisen.

("Wetzschiefer" gehört zu den im Verlauf des Neolithikums im Rheinland verwendeten Gesteinvarietäten; wie auch Geröllstücke mit angeschliffenen Flächen charakteristisch sind. Beide Fundbelege sind roh gewonnene "Handstücke" und keine bereits vorgearbeitet verhandelten mittelalterlichen bis neuzeitliche Wetzsteine. Als Oberflächenfunde sind die Stücke allerdings keinem Zeithorizont sicher zuzuordnen)


Stück 1 (Bilder 3,5 die geschliffene Seite 3: Aufsicht, 5: Seitenansicht)


Länge 14.5 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#2
Stück 2 (ein Block Wetzschiefer mit einer überschliffenen Schmalseite; Bilder 4,5,6, die überschliffene Fläche)

Länge 12.5 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#3
weiter ein Schlagsteinfragment aus quarzitisch gebundenen Gestein (7 cm x 5.3 cm x 4 cm)

Bild 1: dunkel heben sich die noch verbliebenen Reste der originalen Oberfläche des ursprünglichen Flussgerölls ab
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo

#4
Mit kantig ausgeprägten Quarzbruch und einmal mit aus dem Sand ausgesiebten weitgehend rundichen Quarzkörnern gemagerte Keramik.

Die beiden Randstücke gehören sehr wahrscheinlich zu germanischen Gefäßen der frühen bis mittleren römischen Kaiserzeit.

(Bild 1: Außenseite; Bild 2: Innenseite der Gefäßfragmente; Bild 4 zeigt die markant kantig ausgeprägten Quarzfraktur des Schalenrandfragments)

Das mit rundichen Quarzstücken gemagerte Wandungsfragment kann gleichfalls germanischer Herkunft sein.


LG   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Alkfred

Zitat von: thovalo in 28. Mai 2010, 17:16:25
Mit kantig ausgeprägten Quarzbruch und einmal mit aus dem Sand ausgesiebten weitgehend rundichen Quarzkörnern gemagerte Keramik.

Die beiden Randstücke gehören sehr wahrscheinlich zu germanischen Gefäßen der frühen bis mittleren römischen Kaiserzeit.

(Bild 1: Außenseite; Bild 2: Innenseite der Gefäßfragmente; Bild 4 zeigt die markant kantig ausgeprägten Quarzfraktur des Schalenrandfragments)

Das mit rundichen Quarzstücken gemagerte Wandungsfragment kann gleichfalls germanischer Herkunft sein.


LG   :winke:

Von der Machart her ist Kaiserzeit- vorr. Eisenzeit in Erwägung zu ziehen. Ich würde, aufgrund der vorliegenden Bilder, die Keramik als urgeschichlich einordnen. Nicht mehr, nicht weniger. Das Randstück kann alles sein, nichts für die Kaiserzeit charakteristisches.

Alkfred

Von den Rändern Rückschlüße auf germanische Gefäßformen zu ziehen ist in diesem Fall nicht möglich.

Grüße Alkfred

thovalo

#7
O.k Dein Beitrag war grad zweimal derselbe und ich darüber kurz "perplex"!   :zwinker:



Da hast Du recht was in diesem Fall die Randform angeht! Absolut!

Ich weiss nicht ob für Deine Betrachtung die Region der Funde eine Rolle spielt!? Die Funde stammen alle vom Niederrhein.

Im nahen und weiten Umland fanden sich inwischen zig Tausende eisenzeitliche Keramikbelege (einschließllich Webgewichte und Spinnwirteln) bis zur späten Latenézeit.

Diese Keramik, die überwiegend organisch und mit Schamotte gemagert ist, entpricht der Tonzusammensetzung des Randfragments absolut nicht.

Dagegen ist die "germanische" Keramik in der Region in der Regel derart mit eingeglätteten Quarzbruch gemagert. Ich würde sagen: die Machart entspricht "regionaltypisch" den Produktionsgewohnheiten einheimischer germanischer Töpferprodukten der römischen Kaiserzeit!


Würde mich freuen, wenn Du dir vielleicht mal auch die hier eingestellten Keramikbelege ansehen würdest!

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,42576.0.html

Die stammen vom selben Fundplatz und auch beim LVR kann keiner etwas damit anfangen!


Sieht aus wie ein keramischer "Wanderzirkus"!

LG Thomas   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Alkfred

hallo thovalo,

die Betrachtung der Region spielt natürlich immer eine Rolle. Aber die Ränder sind wie gesagt "Durchläufer" könnte bei mir, in meinem Arbeitsgebiet, alles sein. Hallstatt- bis Kaiserzeit.

Die verlinkten Stücke sind stark verrollt und auch nicht näher ansprechbar. Kann natürlich Kaiserzeit sein. Wenn Dir bekannt ist, daß Du Dich auf einer germ. Siedlung bewegst, ist das nicht unwahrscheinlich.

Ich betreue eine mehrphasige Fundstelle, dort liegt frühe Bronzezeit und Kaiserzeit. Die zerscherbte, grobe Siedlungsware ist nicht immer zu unterscheiden. Auch hier kommt grobe Quarzsplitmagerung vor.

Grüße Alkfred

thovalo

#9
 :-)

Im Bereich dieses Fundpunktes liegt ein enormer neolithischer Fundkomplex......

dann Endneolithikum / frühe Bronzezeit, späte Bronzezeit / "Urnenfelderkultur", sicher auch "eisenzeitliches" und dann eine "germanische" Hofesstelle ab der Zeit des späten 1. Jh. n. Chr. (entprechende römische Manufakturware; horizontale Randformen; eine Spanische Amphore ist wohl bald als Puzzle komplett zusammen!). Das Sammelsurium ist aufgrund der Vermischung insgesamt wohl kaum mehr auseinander zu dividieren!  :besorgt:)


Danke Dir  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.