Mousterien Spitze ... ein guter Kandidat

Begonnen von RockandRole, 28. Februar 2019, 14:53:43

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RockandRole

Hallo Leute  :winke:

komme gerade von einer im letzten Jahr endtdeckten Fundstelle welche durch die Zeiten hindurch besiedelt war. Was bisher an Steinzeit aufgetaucht ist, ist Bankeramik, irgendeine Querschneider führende Kultur, und dann noch wenig feine patinierte Klingen.
Eigentlich wollte ich einem Signal nachgehen, dann lag dann dieses Artefakt 1 Meter neben dem Loch.

Normalerweise hebe ich solche Hornsteine gar nicht auf, weil es eigentlich nur ganz selten etwas Interessantes dabei heraus gekommen ist, heute hatte ich irgenwie Glück.

Das Artefakt ist völlig patiniert und die Grate sind sehr verrundet. Das dürfte schon für ein sehr hohes Alter sprechen. Es sieht alles nach einem direktem harten Schlag aus. Die Schlagfläche ist herausgestellt mit 2 von dorsal kommenden großen Schlägen, Facetten wenn man das so sagen will. Der Platz ist am Mainufer, ca 200 Meter vom heutigen Verlauf entfernt. Der Höhenunterschied zum Wasser beträgt vielleicht 5 Meter, vielleicht auch mehr.
Was haltet ihr denn von dem Stück? Wünsche ich mir den Neandertaler nur zu sehr, oder habt ihr da auch so eine Vorahnung. Mittelpaläolithische Fundstücke kann man bei uns in der Gegend an einer Hand abzählen. Das wäre eine kleine Sensation. Einen Levallois-Abschlag kann man nicht ausschließen, man kann aber nur von rechts Wallnerlinien erkennen.

Liebe Grüße Daniel 
gefährliches Drittelwissen

RockandRole

Sorry die Maße ganz vergessen  :friede:

Länge 4 cm, Breite 3,2 cm, Dicke 6-7 mm
gefährliches Drittelwissen

Steinkopf

Hi Daniel,

meinen Glückwunsch zu diesem besonderen Fund!

Viel Glück weiterhin

Jan


Steinsucher

Hallo Daniel,

da kann ich leider nicht folgen.

Man würde dem Neandertaler nicht gerecht werden. Eine Mousterien-Spitze zeigt eigentlich seine hervorragenden Fähigkeiten in Punkto Technik. Leider keine Ähnlichkeit. Levallois-Abschlag auch sicher nicht. Dies sieht eher so aus wie das Produkt alter Flussterassen. Lange durch Flüsse transportierte und damit auch immer wieder gemarterte Teile. Sicher alt.
Wenn er da war, hat er sicher was hinterlassen, aber es liegt nicht immer da, wo wir suchen.

Fritz.

RockandRole

Guten Morgen,

so der Sohnemann hat seine erste Milch des Tages intus  :-D

Hierzu müsste man jetzt noch die äußerst feine Technik beschreiben, mit der ein Neandertaler eine Mousterien-Spitze hergestellt hat. Das wäre man nach so einem harten Urteil ohne Berücksichtigung dessen was da ist eigentlich schuldig. So rein fachlich.. auch für die, welche vielleicht nicht so viel Ahnung von Steinzeit haben.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

palaeo1

Herzlichen Glückwunsch !
Ohne jeden Zweifel liegst Du da richtig. Ich sehe da eindeutig eine  in Levallois-Technik hergestellte Spitze.
LG palaeo1

RockandRole

Hallo Palaeo1,

danke für deinen Zuspruch. In dem Zustand ist es für mich schwer zu sagen, ob da jetzt ein Levallois-Konzept verwendet wurde oder eine andere Abschlagtechnik. Ich muss mal die Negative genauer anschauen mit einem Glas Rotwein  :-)

Heute war ich natürlich wieder in der Gegend. Ca 50 Meter entfernt auf gleicher Höhe bezogen auf die Mainlinie dieses Teil hier. Auch wieder das Material, hier aber mutmaßlich etwas jünger in der Zeitstellung wegen der leichten Patina. Denke mal das soll ein Kratzer sein, für einen Kern sind mir die Negative irgendie zu kurz und der Kern ist ja kein typischer Mikro Kern. Als Schlagfläche wurde die Geröllrinde hergenommen. Einfach mal so, um das Material ein wenig besser zu verstehen. Auf dem letzten Bild ist die Gerölloberfläche noch zu sehen. Das sieht man mal die drei Stadien. Ewig im Fluss unterwegs gewesen letztes Bild, mutmaßlich MP die Spitze, etwas frischer der mutmaßliche Kratzer.

Ich habe auch mal völlig unbearbeitete Stücke mit Artefaktähnlichkeit mitgenommen, von denen es dort auch ab und zu welche gibt, dafür fehlt mir heute aber die Zeit zum Einstellen.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Steinsucher

#7
Zitat von: RockandRole in 01. März 2019, 01:16:53

Hierzu müsste man jetzt noch die äußerst feine Technik beschreiben, mit der ein Neandertaler eine Mousterien-Spitze hergestellt hat. Das wäre man nach so einem harten Urteil ohne Berücksichtigung dessen was da ist eigentlich schuldig. So rein fachlich.. auch für die, welche vielleicht nicht so viel Ahnung von Steinzeit haben.

Liebe Grüße Daniel

Ich weiss jetzt nicht was du unter "äusserst feiner" Technik verstehst und ich denke mal das ich hier kein "hartes Urteil" abgegeben habe. Irgendwie habe ich so ein komisches Gefühl....

Um das für mich abzuschliessen hänge ich hier eine Seite aus dem Buch "Altsteinzeit von A bis Z" dran. Ist eine empfehlenswerte Literatur. Ausserdem noch ein Link auf eine von mir eingestellte Spitze (vor vielen Jahren), die von Fachleuten als Mousterien-Spitze begutachtet wurde. Sie ist nicht in Levallois-Technik gefertigt.

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,27077.0.html

Auf die Levallois-Technik gehe ich nicht mehr ein, da ist in diesem Forum schon genug geschrieben worden.


Kelten111

Dere Daniel  :winke:

Ich gebe da palaeo1 Recht  :super:

Glückwunsch !

Mfg  :winke:

Danske

Hallo zusammen,

also, wenn ich eines hier im Forum gelernt habe, dann dies: Die paläolithischen Artefakte sind für den Laien nur schwer zu lesen, je älter sie sind, umso schwieriger wird es. Daher bin ich bei Meinungsäußerungen sehr vorsichtig geworden.

Dennoch möchte ich mich dem Votum der Mehrheit hier anschließen, heißt, auch ich halte es für eine Moustèrien-Spitze. Beidkantige Retuschen sind m.E. nach vorhanden. Ich möchte sogar die Anwendung der Levallois-Technik nicht ganz ausschließen. Dafür würde die zentripetale Flächenpräparation, die, meine ich, auf dem letzten Foto mit den Wallnerlinien zu erkennen ist, dagegen die Form des Schlagflächenrestes, der bei Levallois-Spitzen meist sinusförmig aufgewölbt und retuschiert ist, sprechen.

Aber, alles nur meine unbeachtliche laienhafte Meinung.

@Fritz: Das Buch von Lutz Fiedler u.a. werde ich mir auf jeden Fall auch mal besorgen, habe nur gute Rezensionen darüber gehört. Das Problem ist, dass in der Fachliteratur meist nur die aussagekräftigen "Sahnestücke" abgebildet sind. Und Hornstein ist auch ein schwierigeres Material als Flint.

@Daniel: Das Stück ist jedenfalls ein Fall für den Prof. Bitte bring es bei der nächsten Sitzung der AG mit.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

RockandRole

Hallo Leute,

entschuldigt die späte Meldung, wir waren eher im ´Außendienst´ unterwegs  :-)

Fritz, das ist erstmal ein wunderbares Fundstück, was du da machen durftest. Glückwunsch dazu. Genau so hätte ich mir deinen Beitrag vorgestellt, da du ja Wissen aus erster Hand hast.
An deinem Stück ist relativ viel Arbeit geleistet worden, sieht man sich die vielen formgebenden Negative an. Auch die Gebrauchsspuren sind sehr ausgeprägt. Das kommt ja immer darauf an wie die Grundform beschaffen war und wie man dieses Multitool eingesetzt hat. Damit konnte man ja ziemlich viele Arbeiten wie Bohren, Schneiden, Pfriemeln etc. ausführen.
Die Zeichnungen passen wunderbar zu deinem Stück. Etwa die Hälfte der Zeichnungen zu solchen Artefakten sind aber von eher weniger ´durchgestylten´ Artefakten.

Die meisten vermuten bei dem Stück ein Levallois-Konzept. Ich ja eher nicht so, da sind wir ja konform. Trotzdem, bei einer Mousterien-Spitze bleibt es bei einem Abschlag, welcher retuschiert wurde. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Vorsicht bei Meinungsäußerungen kann ich verstehen und ist auch angebracht. Trotzdem darf und soll man über solche Stücke diskutieren, denn die Kriterien für Steinzeit Artefakte sind ja alle gleich und jeder kann sie verstehen und auf alle Zeitstellungen anwenden. Irrtum ist nie ausgeschlossen, ich würde mir hier aber in den A..ch beißen.

Das Stück wird jedenfalls jedem Paläolithiker der mir über den Weg läuft vorgelegt  :zwinker: Vom Amt kam auch, könnte Levallois, ist aber schwierig. Ist halt kein Radiolarit wie sonst so üblich.
Bei der nächsten Sitzung der AG wird das Stück mit im Gepäck sein.

Dere Fredi, Dank dir für deine Einschätzung. Ich habe das andere Stück noch nicht gefunden, suche es heute mal intensiver.

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

RockandRole

 :winke:

Auch für dieses Artefakt wurde gesagt, es könnte gut zu einem Acheuleen Inventar passen  :-)

Greets Daniel
gefährliches Drittelwissen

stratocaster

Zitat von: RockandRole in 14. Dezember 2019, 18:51:50

Auch für dieses Artefakt wurde gesagt, es könnte gut zu einem Acheuleen Inventar passen  :-)


Als "Stein - Laie" musste ich diesen Fachbegriff erst mal erguugeln  :dumdidum:
Sachen gibts.
Glückwunsch zu Deinen tollen Funden  :super:
Das Sucherforum dankt all denen,
die zum Thema nichts beitragen konnten
und dennoch geschwiegen haben !

RockandRole

Hallo Strato  :winke:

mir geht es ähnlich, ich hab dann erst mal Acheuleen in Bayern ergorgelt. Da muss man sich erst einmal durchkämpfen. Gibt leider wenige Artefakte welche gut fotografiert sind.

danke und liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Danske

Servus Daniel,

auch von mir nochmal Glückwunsch zu dem Fund :super:. Wer hätte das hohe Alter vermutet?

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Moin,

bei diesem Stück freue ich mich auch sehr für Dich.  :Danke2:

Schöner Abschluss für diesen Thread  :super:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

RockandRole

Meine Antwort beim Kern sollte eigentlich hier rein  :irre:

Jürgen, vielleicht braucht es dann doch ein wenig mehr ein Gerät eine Mousterien-Spitze zu nennen. Aber so ist es ja auch eine tolle Ansprache  :-)

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen