Kratzer mit Spitz(bohr)ende

Begonnen von Silex, 07. August 2008, 22:57:18

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Silex

Kann das ein Kratzbohrkombi gewesen sein? Sieht nach Arnhofener Material aus- Fladen- oder Knollenhornstein.
Kratzer ist quasi sicher aber das Spitzende?
Die Zeitstellung dürfte wieder im Endpaläolithikum begründet sein.
Die Zeichnung ist etwas abweichend da ich  im Gegensatz zum Künstler keine Knete untergelegt habe.
Immer wieder faszinierend....über 10000 Jahre alt und  keinerlei  Patinierung -
dabei vermutlich älter als die Seen im Voralpenland.
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

rolfpeter

Servus Edi,
ein wirklich schönes Gerät hast Du da gefunden.
Ja, Kratzer ist klar und Bohrspitze könnte auch hinkommen. Die Bucht auf der linken Seite, ist die hineinretuschiert oder handelt es sich um künstlerische Freiheit des Zeichners? Das könnte ja auch noch zum Bohrer zählen.
HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Khamsin

#2
Moin!

Ich will ja nicht unken, aber meiner Meinung nach ist das kein Bohrerende.
Wenn man sich die Zeichnung anschaut, dann sieht man auf der vermeintlichen Bohrerspitze doch wenige schmale Negative, davon ein ziemlich langes, das in Richtung des Kratzerendes verläuft. Und kombiniert man das nun mit RPs Bucht, der Kerbe, und bedenkt man die Zeitstellung, dann könnte es sich bei dem Stück m.E. um ein typi8sches Kombinationsgerät dieser Zeit handeln, einen Kratzer/Stichel.

Dafür spricht m.E. die am gegenüberliegenden Ende der Kratzerkappe angelegte, schräge und vor allem steile, breite Retuschierung, die als Endretusche zu verstehen wäre. Sie verläuft nicht unerwartet in Richtung der Längskante mit der tiefer liegenden Kerbe, nicht in die andere Richtung. Solche Kerben kennt man von paläolithischen Sticheln, die dann manchmal wie ein Papageienschnabel in der Seitenansicht erscheinen (sog. bec). So einen Eindruck macht ja auch dieses Stück, Edi. Die Kerben dienten dazu, die Stichellamelle zu stoppen, d.h. an einer festgelegten Stelle auslaufen zu lassen. Aus welchen Gründen auch immer wurde ein Stichelschlag auf das Ende der Endretusche nicht richtig ausgeführt, wodurch die auf die Dorsalfläche tordierten Stichelbahnen erklärt werden könnten. Derartig verunglückte Stichelbahnen kennt man zuhauf, häufig deutlich auf die Ventralfläche ziehend.
Je länger ich mir das Stück anschaue, desto sicherer werde ich in meiner Ansprache.

Herzliche Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

rolfpeter

Gerne folge ich Deiner Argumentation, Khamsin. In meiner Fundlandschaft stichelt es äußerst selten, wenn überhaupt, dann mesolithisch. Man lernt halt immer mehr hinzu!
HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Danke für die Hilfe , Leute!!!
Es wäre  hier das erste kombinierte Kratzbohrgerät gewesen.
Stichel mit gegenüberliegenden (vorwiegend steilem) Kratzerende (wie in diesem Falle auch) sind schon öfter dagewesen und würden auch eher der Ergonomie entsprechen.
In diesem Falle hatten die Archäologen wohl wegen der untypischen Stichelspitze Probleme mit der Zuordnung.
Allerdings könnte das Detailfoto mit den seitlichen Ausbrüchen auf Verdrillungsspuren schließen lassen...aber die entstanden ja auch beim "Sticheln"
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.