Mesolithische Mikrospitze

Begonnen von Furchenhäschen, 17. Januar 2023, 13:24:53

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Furchenhäschen

Hallo,

am vergangenen Samstag fand sich bei der intensiven Begehung einer frühmesolithischen Jagdstation in Oberbayern unter anderem
auch diese feine Mikrospitze mit konkaver Basisretusche.

Material wohl ein Jurahornstein
Länge 19mm
Breite a. d. Basis 10mm

Beste Grüße

StoneMan

Servus,

:glotz: sehr schön  :super:

Wohl für die Vogeljagd gedacht.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

Servus,
evtl. man kann es vermuten.

Die Mikrospitze wiegt 0,438 Gramm  :-)
Ich finde das unglaublich.

Grüße
Peter

Neos

Moin, Peter,

die ist wirklich chic! Herzlichen Glückwünsch dazu!  :Danke2:

Viele Grüße

Frank

Danske

Servus Peter,

eine grazile Spitze, fein gearbeitet. :super:

Da du uns nur die Dorsalseite zeigst, gehe ich mal davon aus, dass sowohl die Retusche an der Basis als auch an der einen Lateralen nur dorsal sind, oder?

Liebe Grüße
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Furchenhäschen

Servus miteinander,

danke für die Kommentare und in der Tat Holger,
ich vergaß :kopfkratz: die Ventralseite zu fotografieren
aber sie ist einfach nur plan.

Grüße
Peter :winke:

Schuhnagel 2

Ein toller Fund! Ist das eine Freilandstation oder ein Abri?
War die Spitze eventuell seitlich eingesetzt bei dieser Grösse?
Viele Grüsse
Ulrich

Furchenhäschen

#7
Hallo,

aufgelesen wurde die Dreieckspitze auf einer Sanddüne, welche von mesolithischen Jägern stetig aufgesucht wurde.

Diese Form der Dreieckspitzen wird im süddeutschen Raum aufgrund der Form der Basis eine chronologische Bedeutung zugeordnet. Hier sind die sehr frühen Dreieckspitzen des Beuronien A ausschließlich mit konvexer oder gerader Basis ausgeführt worden. Am Ende des späten Boreal und frühesten Atlantikum sind die Dreieckspitzen nur noch mit konkav retuschierten Basen nachzuweisen.
Heinen meint weiter, dass sich dieser Trend für andere Regionen Mittel-u. Westeuropas nicht bestätigen lässt.
Übrigens meint Heinen, es gibt zur Funktion und Schäftung der Dreieckspitzen bisher keinerlei nachweisbare Hinweise!
Es wird allgemein angenommen, dass es sich um Pfeilspitzen handelt.
Heinen sagt, dass mit den verschiedenen Basisformen unterschiedliche Schäftungsweisen verbunden sind aber das kann nur vermutet werden!
(Das ist wohl rein wissenschaftlich betrachtet!)
Ausführlich schreibt Heinen dazu aber im Floss ab Seite 605

Beste Grüße Peter


Furchenhäschen

ergänzend sei angeführt,
dass in Bayern, in der Literatur z.B. Sarching `83 und `89/90 Untersuchungen zum Spätpaläolithikum und Frühmesolithikum in Südost-Deutschland, Autor Martin Heinen häufig zitierten Grabung Sarching Mikrospitzen mit konkaver Basisretusche
nachgewiesen wurden im:

Frühestmesolithikum                             cal BC 9000/9600
Frühmesolithikum Beuronien B               cal BC 7500/8500
Hauptverbreitungsphase im Beuronien C cal BC 6500/7500

:winke:

Schuhnagel 2

Herzlichen Dank für die Infos!
Gruss
Ulrich

Furchenhäschen


Schuhnagel 2

Danke für den Link! Interessant für mich sind auch die zahlenmässigen Anteile der unterschiedlichen Artefakte (wobei es natürlich schade ist, wenn nur die "Museumsstücke" abgebildet werden).
Ich kann mir ausrechnen, dass die Chance, einen eindeutigen Beleg zu haben, recht klein ist, wenn das Konvolut an einer neuen Stelle erst einmal aus drei oder vier Objekten besteht.
Viele Grüsse
Ulrich

Furchenhäschen

#12
Zitat von: Schuhnagel 2 in 21. Januar 2023, 19:50:15
Danke für den Link! Interessant für mich sind auch die zahlenmässigen Anteile der unterschiedlichen Artefakte (wobei es natürlich schade ist, wenn nur die "Museumsstücke" abgebildet werden).
Ich kann mir ausrechnen, dass die Chance, einen eindeutigen Beleg zu haben, recht klein ist, wenn das Konvolut an einer neuen Stelle erst einmal aus drei oder vier Objekten besteht.
Viele Grüsse
Ulrich

Hallo Ulrich,

das haben mesolithische Jagdstationen so an sich,
es gibt Plätze die stärker frequentiert waren andere wieder deutlich weniger
was sich natürlich auch im aufgelesenen Material niederschlägt.
Erst Begehungen über einen längeren Zeitraum (mehrere Jahre oder Jahrzehnte) :-) ergeben oft ein aufschlussreiches Gesamtbild.
Ich begehe regelmäßig, seit über 40 Jahren 29 mesolithische Fundstellen, die sich allesamt in einem Areal
von 3km auf 2km als 6 Km² befinden.
Manche Plätze geben pro Begehung mal zwischen 3 und 6 Artefakte (Kerne und Abschläge, Splitter eingeschlossen) her andere wieder deutlich mehr.
Die aufgelesene Menge ist aber nicht entscheidend, wichtig ist vielmehr den Nachweis zu erbringen und daraus eine Einschätzung über die zeitl. Einstufung leisten zu können. Das ergibt doch in einer Gesamtbetrachtung der näheren Umgebung unter Einbeziehung weiterer Jagdstationen ein wichtiges und entscheidendes Gesamtbild des Mesolithikums deines Begehungsgebietes.

Drei der von mir begangenen Stationen waren aus unerfindlichen Gründen besonders stark besucht, dort gestaltet sich ein einziger Suchgang bei sehr guten äußeren Bedingungen folgendermaßen.
Ich persönlich schätze diese Plätze für das frühe Mesolithikum als absolut einzigartig ein. Das ist sicher nicht die Regel.
Für den Betrachter ist die Fundauflese recht aufschlussreich, denn der echte Werkzeuganteil ist im Verhältnis schon sehr gering,
der Großteil ist eigentlich "steinzeitlicher Abfall".

Auszug aus einer vorab Fundmeldung einer Begehung
Anzahl   Material   Typ   Datierung   Vorlage

1      Endretuschierte Mikrospitze (Taute 1971, 43f.)   
1      Mikrospitze mit dorsaler u. konvexer Basisretusche
                (Taute 1971, 44f)   
2      Mikrospitzen m. dorsaler u. konkaver Basisretusche
                (Taute1971, 44f.)   
2      Gekerbte Mikrospitzen/Asymmetr. Dreiecksspitze
                (Gehlen et.al. 2014,4)Mesol.   
1      deutl. ungleichschenkeliges Dreieck (Taute 1971, 49)      
2      Kratzer
6      Untypische Mikrolithen (Taute 1971, 59)   
15      Abschläge      
154      Splitter, Abschl.
52      Klingen u. Fragmente/schaberartiges Großgerät   
41      Kerne/Restkerne    
277          Gesamt


Grüße
Peter

Schuhnagel 2

Wichtig scheint mir, alles mitzunehmen, was verdächtig ist, um eine Gesamtbild zu bekommen.
Bei mir ist die Fundmenge pro Suchgang noch dürftiger. Das hängt damit zusammen, dass ich auf die Arbeit von Mäusen (Freiland) und in Abris auf den Dachs angewiesen bin.
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Um auf deine Spitze zurückzukommen: Das geringe Gewicht genügt natürlich nicht, um bei einem Pfeil das Gewicht von Federn und Wicklung auszugleichen und den Balancepunkt vor die Schaftmitte zu bringen, wie es für einen brauchbaren Pfeilflug notwendig ist, richtig? Die Flugeigenschaften müssten bereits im Holzschaft enthalten sein.

Furchenhäschen

#14
Zitat von: Schuhnagel 2 in 22. Januar 2023, 09:10:10
Wichtig scheint mir, alles mitzunehmen, was verdächtig ist, um eine Gesamtbild zu bekommen.
Bei mir ist die Fundmenge pro Suchgang noch dürftiger. Das hängt damit zusammen, dass ich auf die Arbeit von Mäusen (Freiland) und in Abris auf den Dachs angewiesen bin.
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Um auf deine Spitze zurückzukommen: Das geringe Gewicht genügt natürlich nicht, um bei einem Pfeil das Gewicht von Federn und Wicklung auszugleichen und den Balancepunkt vor die Schaftmitte zu bringen, wie es für einen brauchbaren Pfeilflug notwendig ist, richtig? Die Flugeigenschaften müssten bereits im Holzschaft enthalten sein.

Hallo Ulrich,

gerade bei Materialaufsammlungen von mesolithischen Stationen ist die komplette Auflesung für eine aussagekräftige Auswertung wichtig.
Statistisch betrachtet entspricht z.B. die von mir beispielhaft gezeigte Fundmeldung der Begehung einer mesolith. Fundstelle ziemlich exakt dem Bild einer Auswertung einer ergrabenen Jagdstation des Mesolithikums.
Ich halte in diesem Fall komplette Aufsammlungen für sehr wichtig, dies ist auch so mit dem BlfD abgesprochen.

Wie Martin Heinen schreibt: gibt es zur Funktion und Schäftung der Dreieckspitzen bisher keinerlei nachweisbare Hinweise!

Jagdstationen im Alpinen Raum wurden in der Regel wohl etwas seltener bzw. wahrscheinlich unregelmäßiger von den Jägern aufgesucht als im "Tiefland". Weiter erschwert natürlich die Nichtbearbeitung des Bodens die Augensuche, man ist auf natürliche Erdbewegungen angewiesen.


Grüße
Peter

RockandRole

Hallo Peter,

schönes Stück. Auch mal toll, dass man die so exakt im Frühmesolithikum unterbringen kann. Die etwas ,rumpeligen' Grate der Grundform sprechen ja auch dafür. Kommt der seidige Glanz denn von einer Temperung? Würde ja auch die Datierung unterstreichen.

Ich habe kürzlich erst erfahren, dass man sogar ab und an, bei uns im Spätpaläolithikum/Endpaläolithikum getempert hat. Das macht die Unterscheidung auf einem gemischten Platz dann leider noch schwerer, wie sie eh schon ist. Hab mir dazu mal die Arbeit über Sarching geholt, vielleicht hilft das weiter. Das nur nebenbei.

Liebe Grüße Daniel

PS: gerne mehr davon  :winke:

gefährliches Drittelwissen

Furchenhäschen

Hallo Daniel,

wie es aussieht ist die Mikrospitze nicht getempert, da täuscht das Foto.
Sarching meinst Du sicher das Buch, siehe Foto im Anhang.
Die Gedenkschrift Band II für Taute ist diesbezüglich auch sehr gut.
Was die Literatur bezüglich Mesolithikum anbelangt bin ich mittlerweile recht gut aufgestellt. :-)

Grüße
Peter :winke:

RockandRole

Genau, das meinte ich. Hab es gebraucht geschossen, ist noch sehr gut in Schuss. Ist vor ein paar Tagen erst angekommen.
Hatte mir nur einen etwas größeren spätpaläolithischen Platz vorgestellt   :dumdidum:

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen

Furchenhäschen

Zitat von: RockandRole in 22. Januar 2023, 14:47:34
Genau, das meinte ich. Hab es gebraucht geschossen, ist noch sehr gut in Schuss. Ist vor ein paar Tagen erst angekommen.
Hatte mir nur einen etwas größeren spätpaläolithischen Platz vorgestellt   :dumdidum:

Liebe Grüße Daniel

das Buch wäre auch noch eine Empfehlung, der Band II ist besonders empfehlenswert aber oftmals vergriffen.

StoneMan

Moin,

gerade sehe ich, dass ihr über Publikationen schwadroniert.

Schaut einmal hier rein, da gibt es einige PDFs > Klick <, vielleicht ist etwas für euch dabei.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Furchenhäschen

Servus,
und vielen Dank Jürgen!


Grüße
Peter

RockandRole

Servus ihr beiden,

richtig cool, genau das PDF, welches Peter vorgestellt hat. Das ist tatsächlich was Feines in Bezug auf Spätpaläolithikum. Dankeschön  :-)

Liebe Grüße Daniel
gefährliches Drittelwissen