Zwei Scheibenbeile aus Holstein

Begonnen von Danske, 24. Oktober 2017, 20:36:58

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Danske

Moin zusammen,

für was Dienstreisen manchmal gut sind. Bei meiner letzten nach Kiel habe ich einen Kollegen aus Neustadt (Holstein) kennengelernt. Als ich ins Gespräch über die Vorgeschichte des Landes kamen und ich ihm sagte, dass ich am Wochenende zu einer Feldbegehung starten wollte, erzählte er mir, dass er vor Jahren beim Spaziergang unweit des Plöner Sees zwei Steine gefunden hätte, die wie Hacken oder Beile ausehen würden. Wenn er sie zuhause noch finden würde, wolle er sie mir schicken.

Am letzten Samstag kam tatsächlich ein Päckchen mit zwei Scheibenbeilen bei mir an. :-D

Hier das erste Beil: Länge 80 mm, Breite an der Schneide: 54 mm, größte Dicke: 17 mm

Die Ventralseite hat deutlich gelitten. Es sieht so aus, als wäre wäre die Oberfläche bis auf 10 mm vor der Schneider abgeplatzt. Dafür ist die Dorsalseite bis auf einen Grat glatt wie ein Kinderpopo.
Auf Bild 3_7 ist der Ansatz des seitlichen Schneidenschlags zu sehen, die deutlichen Wallnerlinien kommen aber auf dem Bild nicht rüber. Ich brauche eine gescheite Kamera.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Danske

...und hier das zweite Beil.

Grundform ist meiner Meinung nach kein Abschlag, sondern ein flaches Trümmerstück. Zurichtung der Lateralen erfolgte von der Ventralseite aus.

Länge: 69 mm, Breite an der Schneide: 48 mm, größte Dicke: 13 mm

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Neos

#2
Moin, Holger,

ich mag mich irren, aber ich erkenne weder in dem einen noch in dem anderen Stück ein Artefakt.  :glotz:
Wie schon so oft geäußert: "Würde ich die Teile selbst in der Hand halten...".

Unabhängig von meiner Einschätzung ist die Plöner Gegend bestimmt sehr spannend. In der Holsteinischen Schweiz wurde vor Tausenden von Jahren viel gesiedelt.

Beste Grüße

Neos

Wiesenläufer

Moin Holger,
ich sehe durchaus eine bewusste Bearbeitung bei dem ersten Teil. Vor allem an den Lateralseiten ist es in Form gebracht.
Ob es letztendlich ein Scheibenbeil ist, kann ich nicht beurteilen da ich zu wenige in der Hand halten durfte.
Man ist ja auch im Forum um zu lernen.
LG
Wiesenläufer
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Danske

Moin Neos, moin Wiesenläufer,

danke für eure Statements.

War mit den beiden Stücken die Woche in Mainz beim Amt, um Funde vom letzten Wochenende aus Rheinhessen dort abzugeben. Leider war der zuständige Archäologe nicht da.

Habe mal Bilder vom Nacken des zweiten Stücks (Beil_4) gemacht, weil ich meine, dort Retuschen zu sehen.

Ich werde versuchen, Kontakt mit Harald Lübke aufzunehmen und ihm die Bilder zu senden. Mal schauen, was er sagt.

LG Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Wiesenläufer

Hallo Holger,  :winke:
Der Nacken sieht gut aus. Mit Retusche relativ gleichmäßig in Form gebracht um in einen Schaft eingepasst zu werden.
Auf Bild 1 sieht man es ganz gut wie ich finde.
G. v. Wiesenläufer
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Neos

Moin, Holger,

Zitat von: Danske in 29. Oktober 2017, 19:55:36
Ich werde versuchen, Kontakt mit Harald Lübke aufzunehmen und ihm die Bilder zu senden. Mal schauen, was er sagt.

cool - Harald Lübke! Mit ihm war ich vor vielen Jahren auch schon einmal unterwegs. Ein feiner Kerl und absoluter Profi. Ich bin ebenfalls sehr gespannt, was er zu den Stücken sagt.

Weiterhin gut Fund & beste Grüße

Neos

Danske

Moin zusammen,

habe Bilder der beiden Stücke an Harald Lübke gesandt. Hier seine Antwort, über die ich mich sehr gefreut habe. Auch wenn ich mich die Beile nicht selbst gefunden habe, lag ich doch mit meiner Ansprache wohl richtig. Mal schauen, was Sönke Hartz sagt. Habe die beiden Teile bereits zum Versand in den Norden vorbereitet.

LG Holger

Sehr geehrter Herr Groß,

vielen Dank für die Nachricht. Soweit anhand der Fotos zu beurteilen kann ich ihre Ansprache nur bestätigen. Formal handelt es sich um Scheibenbeile. Technologisch wäre ein Unterschied zu machen, wenn es sich bei dem Ausgangsprodukt um eine Frostscherbe handelt – dann wäre es ein scheibenbeilartiges Kernbeil. Aber das ist schon sehr spitzfindig. Die Rostspuren auf den Stücken sind typische Pflugspuren. Sie zeigen, dass diese Stücke offenbar auf einem Acker aufgelesen wurden.
Auch wenn sie deshalb sicher nicht aus einem geschlossenen Kontext stammen, wäre es dennoch wünschenswert (und lt. DschG eigentlich auch erforderlich), dass die Stücke dem Landesamt bzw. dem Archäologischen Landesmuseum gemeldet werden.
Ich habe mir deshalb erlaubt, ihre Nachricht auch an meinen Kollegen Sönke Hartz vom ALM weiterzuleiten.

Mit besten Grüßen

Harald Lübke

Dr. Harald Lübke, Senior Research Fellow
Schleswig-Holstein State Museums Foundation Schloss Gottorf
Centre for Baltic and Scandinavian Archaeology
Schloßinsel
D-24837 Schleswig
Germany
Phone: 0049 (0)4621 813 306
Fax: 0049 (0)4621 813 535
Mobile: 0049 (0)177 7949064
Email: harald.luebke@schloss-gottorf.de
          harald.luebke@imail.de
Homepage: http://www.schloss-gottorf.de
           http://www.zbsa.eu


Von: Holger Groß [mailto:holhubgro@aol.com]
Gesendet: Dienstag, 7. November 2017 19:28
An: Harald Luebke <harald.luebke@schloss-gottorf.de>
Betreff: Bestimmung von Artefakten


Sehr geehrter Herr Dr. Lübke,

entschuldigen Sie bitte, wenn ich mich so direkt an Sie wende. Aus zahlreichen Veröffentlichungen in der Fachliteratur sind Sie mir als Fachmann für ertebølle- und trichterbecherzeitliche Artefakte bekannt.

Anlässlich einer Dienstreise nach Kiel hat mir ein dortiger Arbeitskollege zwei Stücke gegeben, die er nach seinen Angaben bereits vor etlichen Jahren beim Spaziergang unweit des Plöner Sees gefunden hat. Er hat sie aufgelesen, weil sie "wie Hacken oder Beile" ausgesehen hätten. Er selbst habe kein Interesse an den Stücken. Eine Fundmeldung beim zuständigen Landesamt hat nie stattgefunden.

Ich würde beide Stücke als Scheibenbeile ansprechen und erbitte höflichst Ihre fachliche Meinung.

Die Ventralseite des Beil 1 (als Beil 3_1 bis 3_7 bezeichnet) sieht aus, als wäre die Oberfläche ca. 1 cm hinter der Schneide bis zum Nacken abgeplatzt. Die Dorsalseite ist bis auf einen Grat vollkommen glatt. Insoweit weicht das Stück m.E. von anderen Beilen ab.

Grundform des Beils 2 (als Beil 4_1 bis 4_9 bezeichnet) scheint ein flaches Trümmerstück zu sein. Ich meine, einen seitlichen Schneidenschlag zu erkennen, ebenso formgebende Retuschen am Nacken.

Ich hoffe, auf den beigefügten Bildern sind Einzelheiten einigermaßen zu erkennen, die ggf. eine Bestimmung ermöglichen.

Über eine Rückmeldung Ihrerseits würde ich mich sehr freuen, vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Holger Groß
Tel: 06727-8791
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

steinwanderer

Moin moin,
hab mich die ganze Zeit rausgehalten, da seht ihr mal wie unförmig so ein Scheibenbeil daher kommen kann.
Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

Wiesenläufer

Moin Holger,
schön, dass Deine Vermutung bestätigt wurde und dann auch noch von so einer Persönlichkeit.  :super:
Gruß
Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)