Teil V_ein Mittelpaläolithikum aus dem Schwäbischen

Begonnen von Harkonen, 27. Juni 2011, 11:53:42

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Harkonen

Hallo,
in Fortsetzung hier Teil V der Fundvorstellung der mittelpaläolithischen Freilandstation nahe Donauwörth werden heute einige weitere Werkzeuge aus dem umfangreichen Lesefundinventar gezeigt.
Es dürfte sich ebenfalls um ein spätes Mousterien, teilweise wohl auch um den Typ Quina handeln.
Die meisten Werkzeuge des Mousterien sind aus den für diese Kultur typischen Abschlägen gefertigt.
Darunter befinden sich einige Klingen, wohl aus einem eher gering anzutreffenden Jungpaläolithischen Fundspektrum.

Des weiteren bitte ich die Art und Weise der Retuschierung zu beachten, denn sie unterscheidet sich bei genauer Betrachtung schon sehr von einer mesolithischen bez. neolithischen Retuschierung. Die Retuschierung war um es einfach zu umschreiben im Prinzip noch größer und etwas flächiger angelegt.

Das Material entspricht den ortsnah vorkommenden Gesteinen die wohl teils oberflächig aufzulesen waren.
Das verwendete Material ist sandfarbener, heller und dunkler Bohnerzhornstein.

Grüße
Peter


cylu11


Da schlägt einfach vor Freude das Herz höher ... tolle Stücke! Einfach nur toll.

Und auch wenn sie etwas grob und dick sind, da sag keiner, die Neanderthaler hätten nicht auch sowas wie Klingen hinbekommen! Ich bin schon gespannt, wenn (falls) Kerne dazu kommen.


Robert

Hallo Peter, ich hab einen faustgroßen Kern von der Freilandstation,
wenns gewünscht ist mach ich noch ein Foto davon!

Grüße Robert :winke:
wer alles weiß, bekommt keine Überraschung mehr

StoneMan

Zitat von: Robert in 27. Juni 2011, 20:02:18
Hallo Peter, ich hab einen faustgroßen Kern von der Freilandstation,
wenns gewünscht ist mach ich noch ein Foto davon!

Grüße Robert :winke:
Moin Robert,

es ist immer gewünscht  :glotz: dafür ist das Forum ja  :winke:

Am besten immer in einen eigenen Thread  :belehr: wenn Du Bezug zu einem anderen Fund
willst, kannst Du den ja verlinken.

Feine Fundbelege Peter  :super:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

teabone

Hallo Peter,  :winke:

ganz starke Objekte zeigst Du da wieder!

Gruß
Augustin
Such- und Fundgebiet: Weinviertel, Nö.

Harkonen

@all,
vielen Dank für die Blumen,  :winke:

nichts anderes erfreut mich mich mehr als das ihr auch diese enormen Hinterlassenschaften des Neandertalers zu schätzen wisst.
Ich hätte zugegebenermassen die Fotos besser noch sortieren sollen, denn die erste und letzte Dreierserie der Fotos sind mittelpaläolithische Artefakte, die dazwischen, also die Klingen und der Bohrer sind wohl als Jungpaläolithisch anzusprechen.
Sorry tut mir Leid.
Ich hoffe , dass ich jetzt nicht langsam den (sortierten)  :-) Überblick verliere, denn einen Großteil der Fotos für die geplanten Folgestrecken muss wiederholt werden, wegen teilweiser Unschärfe, weshalb ist mir ein Rätsel.
Aber es geht weiter!

@ Robert, selbstverständlich solltest Du den Kern mit einfügen, passt doch!

Grüße
Peter  :winke:

cylu11


Lieber Peter,

ich gebe zu, der Borer sieht nach JP aus, aber meiner Ansicht nach auch nicht absolut zwingend; aber stimmt, es ist wahrscheinlicher. Und gut, auch die Klingen könnten oder sollten wohl JP sein. Das Thema einer Beimischung aus späterer Zeit ist für einen solchen Fundplatz, der sicher zu allen Zeiten seine topographische Attraktion hatte, ja eindeutig immer zu beachten.

Dennoch: falls Du den klassischen Bordes zur Hand hast "Typologie du paleolithique ancien et moyen", dann sieh Dir mal die Tafeln 4 bis 7 an, auf welchen verschiedene MTA-Klingen gezeigt werden - es gibt sie. Ich habe auch schon selbst welche gesehen aus eindeutig MP-datierten Fundstellen. Tafel 4 Abb 4 zeigt eine Klinge, die Deiner großen nicht unähnlich ist: lang, dick, zwei Grate, spitz zulaufend. Tafel 6 Abb 5 ist ein Beispiel für ein dünnes Exemplar, Tafel 7 Abb 3 und 8 sind untypische Beispiele (ich müsste es mal einscannen, um es zu zeigen). Diese Klingen wurden mit Levallois-Technik hergestellt und sind 3 mal so lang wie breit.

Bordes schreibt dazu: "Sie können sehr regelmäßig sein und sind manchmal ununterscheidbar von den Klingen des Jungpaläolithikums, wenngleich oft flacher und größer." (S. 32 unter "Lames Levallois").

Womit ich jetzt überhaupt nicht sagen will, dass das auf Deine Stücke zutrifft!! Du kennst das Fundspektrum!

Zwei Gedanken noch: erstens, deshalb ist interessant, ob es JP-Kerne gibt; zweitens, dass gerade im von Dir angesprochenen spätesten Mousterien die Transitionsphänomene zum JP recht erstaunlich sein können, was unter den Archäologen immer wieder neu kontrovers diskutiert wird. Dies alles nur zur Bereicherung der Diskussion ...

Danke für die Bilder und Gedanken dazu!

Harkonen

#8
Hallo lieber cylu11,

danke Dir für deine Bemühungen das vorliegende Fundmaterial zu erläutern.
Selbstverständlich mache ich mir meine Gedanken und strapaziere auch für die Feststellung der typologie von Artefakten den Hahn.
Der von Dir benannte Bohrer könnte unter gewissen Umständen möglicherweise, aber doch eher sehr sehr selten in dieser Form MP sein wenngleich ich in meiner langjährigen Sammlerpraxis noch keinen solchen (Bild56/57/58) finden durfte, genauso die von mir gezeigten Klingen. Manchmal helfen auch die ganzen Fachbücher und deren Abbildungen nicht weiter. Da bleibt nur eines: das Fundspektrum in der Gesamtheit zu betrachten,denn da fällt es bisweilen nach einer kurzen Andacht recht leicht die richtige Auswahl zu treffen.
Ein Artefakt isoliert betrachtet bietet unter gewissen Umständen einige Zuordnungsmöglichkeiten. Im Kontext betrachtet stechen jedoch die von mir genannten Artefakte, Klinge, Bohrer heraus. Schon beim Ansehen merkt man "da ist etwas anders"! Was ist anders fragt man sich?  :kopfkratz:
Die sonst beim Cro der Funde herausragende Qualität der Retuschierung, der Zuarbeitung, das verwendete Material, all dies spielt bei diesen Geräten (Bohrer, Klingen) nicht mit hinein. Wenngleich und da greife ich gerne das Wort von meinen Altvorderen auf "die wenigen gefundenen Klingen wohl dem Jungpaläolithikum zuzuordnen sind".

Grüße
Peter :winke:

Wutach

Hallo Cylu,

deine Anregungen sind nach meiner Meinung sehr sinnvoll. Zum Bohrer 56-59: Bohrer kommen tatsächlich viel häufiger in mittelpaläolithischen (und übrigens auch altpaläolithischen) Zusammenhängen vor, als dies allgemein wahr genommen wird, vermutlich weil sie dort nicht als Leitformen heraus gearbeitet werden konnten oder wurden. Hier mal als Beispiel zwei mittelpaläolithische Bohrer aus meinem Fundus, die morphologisch dem Stück von Peter nahe kommen.

FG Marc.

Wutach

Hallo Peter,

tut mir leid, mein Beitrag hat sich hier mit deinem überschnitten. Du kannst das bei deinen Stücken sicher an besten beurteilen, was wo hin gehört. Ich fand es nur interessant, wie hier die Dinge hinterfragt wurden.

LG Marc.

Harkonen

Zitat von: Wutach in 28. Juni 2011, 01:10:29
Hallo Peter,

tut mir leid, mein Beitrag hat sich hier mit deinem überschnitten. Du kannst das bei deinen Stücken sicher an besten beurteilen, was wo hin gehört. Ich fand es nur interessant, wie hier die Dinge hinterfragt wurden.

LG Marc.

Hallo Marc,
das vorliegende Missverständniss wollte ich eben ausräumen.
Zur allgemeinen Klarstellung:
das im Link gezeigte Artefakt stellt für mich keinen MP-Bohrer dar, der dürfte sehr wohl Jungpaläolithisch sein. Auch in der Diskussion war ich gedanklich stets bei diesem Stück!

http://www.sucherforum.de/index.php/topic,50332.msg310277.html#msg310277

Grüße
Peter

Harkonen

#12
Zitat von: Wutach in 28. Juni 2011, 01:06:09
Hallo Cylu,

deine Anregungen sind nach meiner Meinung sehr sinnvoll. Zum Bohrer 56-59: Bohrer kommen tatsächlich viel häufiger in mittelpaläolithischen (und übrigens auch altpaläolithischen) Zusammenhängen vor, als dies allgemein wahr genommen wird, vermutlich weil sie dort nicht als Leitformen heraus gearbeitet werden konnten oder wurden. Hier mal als Beispiel zwei mittelpaläolithische Bohrer aus meinem Fundus, die morphologisch dem Stück von Peter nahe kommen.

FG Marc.
[/quote]

Hallo Marc, hallo cylu11

selbstverständlich sind die Anregungen absolut sinnvoll und sie öffnen zudem doch neue Überlegungen und Sichtweisen, man könnte sich ja auch in einer Sache gedanklich total verrannt haben, übersieht wesentliches und befindet sich letztendlich in einer Sackgasse.
Deshalb bitte ruhig weiter so!  :winke:
vielen Dank fürs zeigen deiner herausragenden MP-Bohrer.  :super:
Ich meine aber schon im direkten Vergleich einen Unterschied in der Bearbeitung feststellen zu können.

Grüße
Peter  :winke:

cylu11


Ich bin auch der Ansicht, dass man Funde am besten beurteilen kann, wenn man einen Überblick über die Lokation, die örtlichen Verhältnisse und vor allem ein großes Fundspektrum hat. Einzelne Stücke lassen sich zwar diskutieren, soll man auch, und oft auch recht gut einordnen, aber in vielen Fällen bietet gerade der Kontext bzw. das Fundspektrum die entscheidenden Hinweise. Völlig einverstanden!

Ansonsten verändern sich meine Gedanken zu den bisher gezeigten Stücken im Kontext der Region auch schon wieder, dazu in einem anderen Thread dieser Serie bald mal.

Ich finde die Diskussion super, und vor allem die Bilder der Stücke!