Lousberg oder Vetschau?

Begonnen von steinsucher, 26. August 2008, 22:34:35

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

steinsucher

Hallo Forum,

ich habe mal wieder ein Materialproblem. Das unten abgebildete Fragment kam gestern aus einer Stelle (Geilenkirchen-Gillrath/Rheinland) heraus, die einen mesolithischen Eindruck macht. Sie beinhaltet Maasfeuerstein und auch Einiges aus Vetschau. Der erste Eindruck ist ja oft ein bleibender Eindruck. Hier war es: "Lousberg Plattenfeuerstein". Das Fragment zeigt eine Bänderung, die aus den Fotos nicht so eindeutig hervorgeht. Es hat die gleiche Feuchtbodenpatina wie die anderen Teile und auch Ähnlichkeit mit anderen Stücken, die als "Vetschau" bezeichnet worden sind. Nun gibt es im Umfeld der Stelle so ziemlich alle Zeitstellungen von Altsteinzeit bis Mittelalter. Aber in dem betreffenden Bereich war es immer nur die feuchtpatinierte Ware. Deshalb meine Frage: Mesolithikum und Lousberg - geht das? Oder kommt auch der, räumlich ja recht nahe, Vetschauer Feuerstein plattig vor?

Danke für jede Aufklärung und ich hoffe, auch interessant für das Forum.

Gruß aus Heinsberg,

Fritz.,


Khamsin

Moin!

Fritz, das passt doch bestens! Lousberg-Flint ist auf mesolithischen Plätzen "im Weichbilde" des Vorkommens alles andere, als eine Ausnahme. Diese ja sehr charakteristische Feuersteinart lässt sich seit dem spätesten Mittelpaläolithikum (Remagen Schwalbenberg am Mittelrhein; ca. 40000 BC) fassen, dann im Spätpaläolithikum und Mesolithikum und im gesamten Neolithikum, dort in unterschiedlichen Anteilen.

Auch in der LBK, obgleich das Manchem nicht unbedingt "in den Kram passt"! Bereits an dem ältest-LBK-Platz "Bruchenbrücken" im Hessischen tritt er zweifelsfrei in seiner hellgraugrünen Variante auf, dagegen in den "klassischen" Plätzen der Aldenhovener Platte äusserst selten, was verständlich wird vor dem Hintergrund einer reinen Klingenindustrie, die naturgemäss voluminösere Flintknollen für die Kernherstellung bevorzugte.

Dies muss man am natürlichen Angebot diverser Flintarten aus Sicht der rheinischen LBKler relativieren. Wenn die nicht hervorragende Verbindungen in die niederländisch-belgischen Feuersteinreviere gehabt hätten (hauptsächlich Rijckholt-Flint), sondern nur auf den Lousberg angewiesen gewesen wären, dann hätte hier eine Situation vorgelegen, wie für die mittelneolithischen Steinschläger im Gebiet des heutigen Regensburg, die gezwungenermaßen Arnhofener Platten- und Fladenflint zur Klingenherstellung benutzten.

Im rheinischen Mittelneolithikum tritt Lousberg-Flint nur sporadisch auf und spielt eine untergeordnete Rolle. Dasselbe gilt für das rheinische Jungneolithikum. Im dortigen Spätneolithikum ist Lousberg-Flint DAS bevorzugte heimische Rohmaterial, wird bergmännisch gewonnen und verständlicherweise ausschliesslich zu Beilklingenrohlingen verarbeitet. Im dortigen Endneolithikum taucht er nur noch fallweise auf.

Herzliche Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

rolfpeter

Servus,

Zitat von: Khamsin in 27. August 2008, 17:21:18
Lousberg-Flint ist auf mesolithischen Plätzen "im Weichbilde" des Vorkommens alles andere, als eine Ausnahme.

Genau so isses. Aber wirklich nur im Weichbilde. In RA19 hat sich Surendra K. Arora ausgiebig mit der Mesolithischen Rohstoffversorgung in Westdeutschland auseinandergesetzt. Er hat die Rohstoffarten für die einzelnen Fundstellen ausgezählt und als Kuchendiagramme dargestellt.
Mir kommt es so vor, als hätten die Burschen immer das Material genommen, was an einfachsten zu kriegen war. Also nahe bei Aachen eher Kreideflint, überwiegend Vetschau und dort wo Maasschotter zu Tage treten, eher Schotterflint usw.

HG
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

steinsucher

Herzlichen Dank für die ausführliche Antwort, Khamsin.
Mit dem Lousberg geht es scheinbar langsam ganz gut. Vielleicht sollte ich mal die Gegend um Vetschau und Orsbach aufsuchen und mal ein paar "Originalteile" in Augenschein nehmen.

RP, danke für die PM. Werde mir das ganze heute etwas Später in Ruhe "reinziehen".

Gruß aus Heinsberg,

:schaf:
Fritz.