dünnnackiges Flint-Beil

Begonnen von Wiesenläufer, 14. Februar 2019, 16:04:08

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Wiesenläufer

Moin,

neuer Tag, neues Glück.  :-D  Und wieder gab es ein kleines Flintbeil, welches wahrscheinlich auch sekundär bearbeitet wurde. 7,5 cm groß, die Schneide 4 cm breit. Alle Seiten geschliffen und der Schliff geht bis an das Nackenende, auch an den Schmalseiten. Irgendwie habe ich einen Lauf.  :irre:

Gruß
Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

steinwanderer

#1
Moin Gabi,
Du hast wirklich  einen schönen Lauf. Glückwunsch
Eine sekundäre Bearbeitung sehe ich nicht. Da ist die Scheibenegge drübergelaufen.
Da das Beil komplett ist gehe ich davon aus das Du auf einem Bestattungsplatz unterwegs bist.

Gruß Klaus
Lewer duad üs Slav

Wiesenläufer

Moin Klaus,

ich habe es mir unter der Lupe nochmals genau betrachtet, Du wirst recht haben. Das war nicht größer. Ich hatte mich zu dieser Annahme verleiten lassen, wegen der einen Ecke am Nacken. (Bild 1 links am Nacken) Sah so aus, als wenn es nochmals bearbeitet wurde. An dieser Stelle ist es ein Einzelfund. In der Umgebung gibt es einige Reste von Feuerstellen.

Gruß
Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Danske

Moin Gabi,

Glückwunsch zu dem schönen Fund. :super: Diese kleinen Beilchen sind immer wieder schön anzusehen.

Ich bin mir nur nicht sicher, ob es ein dünnnackiges Beil ist. Nach der Lehre gilt es eigentlich als dicknackig, ich weiß nur nicht, ob diese für dünnblattige Beile auch gültig ist.

Da können aber sicher die anderen "Nordlichter" im Forum was zu sagen.

Auf jeden Fall ein tolles Stück :winke:

Gruß
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Wiesenläufer

Moin,

da bin ich mir jetzt auch nicht sicher.  :kopfkratz:
Es hat eine ganz leichte Wölbung in den ersten 2,5cm von der Schneide und auch nur einseitig. Nachgeschliffen ?

Ich habe eine Abbildung in einem unserer Jahrbücher gefunden, wo die Nackenform eines dünnnackigen Beils ebenso wie meine aussieht. Allerdings ist meins nicht zum Nacken hin, dünner werdend.

Gruß
Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Steinkopf

#5
Moin Gabi,

meinen Glückwunsch zu diesem feinen Fundstück!

Ich sehe es wie Holger Danske auch. Das von Dir gezeigte Referenzstück (dünnackig) läuft
                                                      zum Nacken hin klar und deutlich dünn zu.
Muss es auch, weil es zur Schäftung durch den Holm hindurch gesteckt wurde.
Abbildungen bei PVP, FLINT S. 104.

Dein Fundstück hingegen ist über seine gesamte Länge (außer der Schneidenpartie) etwa gleich stark -
und damit dicknackig. Deine Worte: "Allerdings ist meins nicht zum Nacken hin, dünner werdend."

Dieser Typ wurde typischerweise in ein Schäftungsstück, welches den Nacken umfasst, eingesetzt - eingezapft.
Dafür ist ein stumpfes Beilende vorteilhaft weil der Schlag so gut vom Holm aufgefangen wird.
Ein abgebildete Fundstück hab ich grad bildmäßig nicht zur Hand. Aber bei

http://denstoredanske.dk/Danmarks_Oldtid/Stenalder/Bygd_ved_bygd_i_skoven_4.000-2.800_f.Kr/%C3%98ksen

ist ein 'tyknakked' - Fragment abgebildet (dicknackig).
Das Problem jeder Beilschäftung ist ja, dass die Wucht des Schlages vom Schaft aufgefangen werden muss,
ohne diesen zu zerstören.
Ein dicknackiges Beil ist im Nacken stumpf und führt nicht so leicht zur Spaltung des Schaftes.

Dünnackig oder dicknackig sind also keine 'Stilfrage' sondern eine 'Stielfrage' (im Sinne der Schäftung).


LG

Jan

Wiesenläufer

Moin,

wunderbar erklärt.  :super: Begreife sogar ich.  :zwinker: Ich lerne zwar ewig dazu aber mit jedem Fundstück kommen wieder neue Fragen und Zweifel, ob ich richtig liege.  :dumdidum:

Ihr seid einfach Spitze hier im Forum !!!  :ildf:

Gruß
Gabi


Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

StoneMan

Zitat von: Wiesenläufer in 15. Februar 2019, 15:52:33
...

Ihr seid einfach Spitze hier im Forum...

Moin,

genau! Und Du bist Spitze mit Deinen Fundbelegen  :super:

Dann bleibt mir nur noch zu gratulieren  :Danke2:

Eine Frage habe ich - ist auf der Schneidenseite, Bild 3/DSCN9208 bzw Bild DSCN9209, ein Hohlschliff  :glotz: oder täuscht das Foto?

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Wiesenläufer

Moin Jürgen,

für mich sieht es aus, als ob es nachgeschliffen wurde. Kann natürlich auch ein leichter Hohlschliff sein.

Gruß
Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

Danske

Super erklärt, Jan. Danke :super:

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Steinkopf

Gerne!

Da gibt es noch einen relativ neuen Fund von den Arbeiten am Fehmarn Belt Tunnel:

http://www.aabne-samlinger.dk/femernforbindelsen/femernforbindelsen/arkaeologi/fund-fra-udgravningerne/trae/skaeftet-flintoekse/

ein dünnackiges Beil mit Schäftung welches senkrecht in die Erde gesteckt worden war.

LG

Jan

StoneMan

Zitat von: Wiesenläufer in 15. Februar 2019, 18:17:29
Moin Jürgen,

für mich sieht es aus, als ob es nachgeschliffen wurde. Kann natürlich auch ein leichter Hohlschliff sein.

Gruß
Gabi

Moin Gabi,

auf welcher Seite liegt denn diese "Schleifstelle"? Das kann ich nicht sicher aus Deinen Einzelbildern erkennen / abrollen  :smoke:

Schau Dir doch bitte bei PVP die Seite 115, Abb. 175 an.

Ich will da allerdings nichts hineininterpretieren.


@ # An dieser Stelle auch noch einen Dank an Jan für Deinen ausführlichen Beitrag  :super:

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry

Danske

Hallo zusammen,

bei meinem Beitrag vorhin hat das System einen Teil meines Textes nicht übernommen, merkwürdig :kopfkratz:

Die Erläuterung von Jan ist überzeugend, aber auf was ich eigentlich hinaus wollte, ist folgende grundsätzliche Regel:

Laut PVP S. 105 werden dünnnackig Beile genannt, bei denen die Nackenbreite mehr als 4 cm und die Nackendicke weniger als 40 % der Nackenbreite beträgt. Gemessen 2 cm vom Nackenende. Bei dickblattigen Beilen ist das auf jeden Fall nachvollziehbar, aber trifft es auch auf dünnblattige Beile zu? Wenn ich mir die Nr. 182 auf den Seiten 116/ 117 (Tyknakket) anschaue, ja. Aber dann wären alle Beile mit einer Nackenbreite unter 4 cm immer dicknackig.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

Steinkopf

Moin Holger,

Die dünnblattigen Beile passen nicht in dieses Schema.
PVP FLINT S. 116 oben: von mir grob übersetzt:

'Eine sichere und detaillierte Typeneinteilung der dünnblattigen Beile gibt es nicht.
Die Variationen sind zahlreich. Dennoch sind technische Parallelen mit den schweren
Beilen erkennbar, die eine gewisse Gruppierung zulassen.' Zitat ende.

Im folgenden werden die Attribute dick und dünn für die halt flachen Beile verwandt.

Geschäftete Exemplare sind von dünnblattigen Beilen nicht bekannt.

LG

Jan


Wiesenläufer

Zitat von: StoneMan in 15. Februar 2019, 20:46:37
Moin Gabi,

auf welcher Seite liegt denn diese "Schleifstelle"? Das kann ich nicht sicher aus Deinen Einzelbildern erkennen / abrollen  :smoke:

Schau Dir doch bitte bei PVP die Seite 115, Abb. 175 an.

Ich will da allerdings nichts hineininterpretieren.


@ # An dieser Stelle auch noch einen Dank an Jan für Deinen ausführlichen Beitrag  :super:

Gruß

Jürgen

Moin Jürgen,

:schaem: Du hast aber auch Adleraugen !
" Das kann ich nicht sicher aus Deinen Einzelbildern erkennen / abrollen"  Ich Habe die Reihenfolge der Schmalansicht vertauscht.  :schaem: :schaem: 2=4, 4=2  :friede:

Der "Hohlschliff" wäre dann ja an der falschen Seite. !? und zwar unterhalb der leichten Wölbung.


Gruß
Gabi
Wer viel geht, findet viel.
(Nicht auf meinem Mist gewachsen)

thovalo

Zitat von: Wiesenläufer in 15. Februar 2019, 06:56:24
Moin,

da bin ich mir jetzt auch nicht sicher.  :kopfkratz:
Es hat eine ganz leichte Wölbung in den ersten 2,5cm von der Schneide und auch nur einseitig. Nachgeschliffen ?

Ich habe eine Abbildung in einem unserer Jahrbücher gefunden, wo die Nackenform eines dünnnackigen Beils ebenso wie meine aussieht. Allerdings ist meins nicht zum Nacken hin, dünner werdend.

Gruß
Gabi



Die Morphologie genutzer und ein- oder mehrfach wieder überschliffener Beilklingen ist tatsächlich hoch variabel. Je noch Zustand sind die Seiten asymmetrisch ausgebildet. Das sind ja nicht zuletzt schlichte Alltagsgerätschaften die im Nutzungsprozess der Dymnamik ständiger Umwandlungen durhc Abnutzung und Wiederherstellung unterliegen. In sofern liegt die Varianz in der Ausprägung der Schneidenpartie im Spektrum in Gebrauch genommener Beilklingen.

Die leider bestehende Beschädigung des Schneidenverlaufs zeigt, dass der Befund bereits schon in den Bearbeitungshorizont geraten und dadurch wohl verloren gegangen ist.

In meiner Region erlebe ich immer wieder, dass es bei intensiv wiederholten jührlichen Begehungen gelingen kann in genau diesem Porzess "rechtzeitg" die einzlenen Bestandteile auflesen zu können bevor sie dann zerstückelt werden. Leider kann ich beruflich nicht mehr die dafür notwendige Zeit aufwenden.


lG Thomas
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Zitat von: Wiesenläufer in 15. Februar 2019, 06:56:24
Moin,

da bin ich mir jetzt auch nicht sicher.  :kopfkratz:
Es hat eine ganz leichte Wölbung in den ersten 2,5cm von der Schneide und auch nur einseitig. Nachgeschliffen ?


Gruß
Gabi


Moin zusammen,

diese Art der dünnblattigen Beile hat meist einen asymmetrischen Längsschnitt, der insbesondere im Bereich der Schneide besonders auffällt. Diese wirkt dann leicht aufgewippt.

LG
Holger
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

StoneMan

Zitat von: Wiesenläufer in 16. Februar 2019, 05:33:12
...
Der "Hohlschliff" wäre dann ja an der falschen Seite. !? und zwar unterhalb der leichten Wölbung.
...

Moin Gabi, moin @ll,

das würde ich nicht unbedingt sagen, dass es die falsche Seite ist.

Aber meine These des Hohlschliffes ist ja erst einmal von Deinen Fachleuten zu verifizieren.
Warten wir es ab.

Gruß

Jürgen
Was könnte wichtiger sein als das Wissen? fragt der Verstand.
Das Gefühl und mit dem Herzen zu sehen, antwortet die Seele.
Antoine de Saint-Exupéry