ungewöhnliches Scheibenbeil

Begonnen von palaeo1, 27. Mai 2020, 20:49:48

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palaeo1

Kern- und Scheibenbeile sind in Norddeutschland sehr variabel, abhängig von der Rohmateriallage. Werden sie im Küstenbereich vornehmlich aus Abschlägen produziert, stehen dagegen im Binnenland fast ausschließlich Frostscherben zur Verfügung. Gestern konnten ich auf einem mesolithischen Fundplatz nördlich von Hannover ein Stück auffinden, das von der Zurichtung fast einem Idealtyp zugeschrieben werden kann, aber dennoch abweicht. Es ist ein (nach Meurers-Balke 1983) gleichseitig gleichgerichtetes Exemplar, d.h. beide Lateralen wurden von einer Seite aus zugeschlagen, in unserem Fall von der Ventralseite und hier einer Frostfläche. Entgegen den typischen Scheibenbeilen weist dieses Exemplar aber sowohl dorsal als auch ventral einen Schneidenschlag auf. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Das Stück ist übrigens in's Endmesolithikum nordischer Terminologie zu stellen
LG Klaus

Steinkopf

Hi paläo1,

ein schönes symmetrisch zugerichtetes Scheibenbeil - sieht nach sorgfältiger Arbeit aus!

LG

Jan

palaeo1

Jan,
in der Tat, und solch ein Stück in dieser Region ist schon extrem selten !
LG Klaus

Steinkopf

abgesehen von der dorsalen rauen Kalkkonretion ist der Flint sehr fein.

Wenn ich es recht einschätze, waren die Schneidenschläge zum Nachschärfen.
Eine heikle Angelegenheit beim Scheibenbeil, die nicht immer gelingt.

Bei den von mir aufgelesenen Stücken waren viele nach den mißglückten
'Aufschärfen' unbrauchbar.

Jan

palaeo1

Zitat von: Steinkopf in 27. Mai 2020, 21:33:19
Wenn ich es recht einschätze, waren die Schneidenschläge zum Nachschärfen.

Die Schneidenschläge wurden primär angelegt, aber auch zum Nachschärfen, dabei sind zahlreiche Versuche misslungen ud führten zur Aufgabe des Werkzeugs.
LG klaus

Danske

Hallo Klaus,

in der Tat ein ungewöhnliches, aber sehr schönes Scheibenbeil.  :super:

Die Zurichtung der Lateralen von der Unterseite - Ventralseite aus macht es formal zu einem Scheibenbeil vom Typ Oldesloe (nach H. Schwabedissen).

Dazu passt aber nicht die primäre Zurichtung der Schneide auf Dorsal- und Ventralseite, denn die Oldesloe-Beile habe keine besonders bearbeite Schneide.

Das Beil ist auch recht dick. Kann es sein, dass die Beile mit  mittiger Schneide parallel geschäftet waren?

LG
Holger 
Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

palaeo1

Oha, die Maße habe ich ganz vergessen anzugeben:
L.: 65 mm, B.: 42 mm, D.: 17 mm
Über die Schäftung möchte ich nicht spekulieren.
LG Klaus

Steinkopf

#7
Der 'gekonnte' Schneidenschlag zum Nachschärfen
kam wohl nicht allein von der Seite, sondern auch ein wenig von der Rückseite
um eine scharfe Schneide zu erzeugen.

Auf die Schnelle hab ich nur dieses Beispiel eines schon weit aufgebrauchtes
aber noch neu aufgeschärftes Scheibenbeiles. Die frische Schneide wurde von
links unten geschlagen (wo leider die Macke drüber ist) - ich hoffe es ist zu erkennen.

LG
Jan

Birk

Moin  Klaus. Ein wirklich  schönes  Stück  welches   du  dort finden durftest.  Da  haben   die Jungs  wohl  echt ein paar Tausend  Jahre  gesessen.
Gruß
     Thomas

palaeo1

Zitat von: palaeo1 in 27. Mai 2020, 20:49:48Das Stück ist übrigens in's Endmesolithikum nordischer Terminologie zu stellen.

Das muss natürlich Spätmesolithikum heißen. Man schreibt manchmal ein Blödsinn und übersieht es dann auch noch,  :kopfkratz: sorry !