Kratzer oder Messerchen?

Begonnen von sven, 18. März 2011, 10:26:33

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sven

Hallo,

für was würdet ihr dieses Silex-Artefakt halten? Ist die Retusche auf der einen Seite als Kratzer angelegt oder dient sie als Fingerschutz für eine schneidende Funktion an der anderen Seite? Oder kann man es als Kombinationswerkzeug ansehen?

Viele Grüße

Sven

thovalo

#1
Das ist ein "handelsüblicher"  :zwinker:
kurzer Kratzer!

Die Arbeitskante liegt diametral dem Schlagpunkt gegenüber.

Überlegungen zu einer "Fingerschutzretusche" sind mir (im Rheinland) fremd
.....  wo kommt die her? Klingt nach älterer Literatur oder regionaler Besonderheit.

Retuschen dienten entweder der Ausformung eines Artefakts oder der Stumpfung zur Fassung in einer Schäftung.
In diesem Fall erzeugte man damit einen geraden stabilen Kantenverlauf als eigentlicher Arbeitskante.

So würde ich das sehen und verstehen.


lG   :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Wutach

Überlegungen zu einer Fingerschutzretusche sind auch für mich fragwürdig. Das Stück ist aber ein ausnehmend schöner Kratzer. Da darf man sich wohl auch ganz ungeschützt drüber freuen.

FG Marc.

sven

Vielen Dank für eure Antworten, das mit den Fingerschutzretuschen ist eine laienhafte Überlegung von mir, irgendwo mal aufgeschnappt und auf dieses Artefakt übertragen. Streichen wir das also aus unserem Spachgebrauch.

:winke: Sven

Steinkopf

Schöne ausgeprägte Stumpfungsretuschen tragen z. B. die Klingenmesser der Erteböllekultur
und auch die aus einer dicken Klinge bestehenden 'Klingensichel' (Flaekkesegl) der Bronzezeit.
Schöne Abbildungen dazu bei Peter Vang Petersen 'FLINT fra danmarks oldtid' Nr. 28 bis 30.

Aber auch bei anderen Abschlags- und Klingengeräten deutet die unterschiedliche Ausführung
der Retuschen darauf hin, dass es Zonen mit Stumpfungsretuschen gibt.
Wenn mir gerad welche unterkommen stelle ich Bilder ein.

Immer schön offen für Fragestellungen bleiben - sonst gibt's nicht mehr viel zu entdecken!

Schöne Grüsse

Wutach

Hallo Jan,

dein Hinweis zur Offenheit in allen Ehren. Allerdings sind Stumpfungsretuschen keineswegs automatisch "Fingerschutzretuschen". Vor allem dann nicht, wenn die Retusche zur Verflachung des vermeintlichen Griffbereichs führt. Ausserdem werden neolithische Werkzeuge doch wohl zu einem Großteil als Kompositgeräte gesehen werden müssen. In diesem Zusammenhang liegt für mich eine Interpretation als Formgebungsretusche durchaus näher. Natürlich ist das nicht der Weisheit letzter Ratschluss.

FG Marc.