konkaver Kratzer und Klingenbruchstück

Begonnen von bernolef, 18. Oktober 2007, 11:43:11

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bernolef

Zwei Teile, zu denen ich Fragen habe.

Erst ein schöner, gebänderter, honigfarbener Stein. Auf dem ersten Foto sind Bearbeitungsspuren links oben zu sehen, es gibt auch welche rechts unten, die nicht im Bild sind. Das eigentliche Arbeitsgebiet scheint aber die leichte Einbuchtung rechts oben zu sein, die ich besonders fotografiert habe. Wozu diente sowas? (Und wozu dann die Bearbeitung an den anderen Stellen? Fingerschutz?)

bernolef

Dann das Bruchstück einer Miniklinge, 1 cm lang und 1 mm dick, fast durchsichtig, wie Mattglas. Meine auf dem Foto angeschnittene Büroklammer vermittelt einen Eindruck von der Kleinheit. Können das auf der Dorsalseite dann noch Retuschen sein - ich brauche schon eine Lupe, um sie nur zu sehen! Oder sind sowas Abplatzungen vom Schlag oder vom Gebrauch? Aber Gebrauch wozu?

Offa

Moinsen Bernolef!
Das erste ist ein Abschlag mit konkaver Schaberretusche.Unser Archäologe hier vor Ort nennt sie auch gern Pfeilschaftglätter,obwohl der Verwendungszweck solcher Geräte sich sicher nicht auf das Glätten von Pfeilschäften beschränkt haben dürfte.Ich finde solche Stücke auch auf meinen neolithischen Fundplätzen.Siehe http://www.sucherforum.de/index.php/topic,24055.msg136614.html#msg136614
Das zweite ist ein einfacher Klingenabschlag, aus meiner Sicht sind das auf der Dorsalseite nur Abplatzungen,die durch Schläge verursacht wurden,bevor die Klinge vom Kern getrennt wurde.
:winke:Offa

bernolef

#3
Vielen Dank, Offa. Das leuchtet mir alles ein. Ich denke nur, daß man auch mit solchen einfachen Stücken vielleicht mehr anfangen könnte, als sie nur in die richtige Schublade / Geräteklasse abzulegen. Ich will einfach wissen, wozu sie da waren.

Ich sehe zum Beispiel, daß auch die von Dir gezeigten konkaven Schaber nicht nur in der Bucht bearbeitet sind, sondern auch an benachbarten oder gegenüberliegenden Kanten. Einen "Pfeilschaftglätter" würde man ja anfassen wie eine Münze: Daumen auf eine der Flächen. Mein Stück und einige von Deinen sind aber offenbar so zugerichtet, daß sie am Rand gehalten werden können. Das macht nur Sinn, wenn das Werkzeug bei der Arbeit wie ein Hobel flächig auf dem Werkstück aufliegen soll. So, wie Du jetzt die Maus hältst. Ließe sich nicht über solche Hinweise etwas über den tatsächlichen Gebrauch und das bearbeitete Material erraten?

Der Wikinger

Hallo bernolef  :-)

Hier müssen mehrere Aspekte einbezogen werden.

1. Es gibt Kombi-Geräte, wo sowohl konkave als konvexe Schaberflächen auf dem gleichen Stück sind. Da weissen auch die konvexen Flächen Gebrauchsabsplitterungen auf.

2. Es gibt ein zeitliches Aspekt. Im Neolithikum hatte man, zumindest in der nordischen Steinzeit, eine Tendenz mehr zu retuschieren als früher. Die Gründe sind wohl am meisten das Ästetische zuzuschreiben. Vielleicht hatten sie es auch satt, sich auf scharfen Kanten zu schneiden, wie in den tausenden von Jahren zuvor !!  :zwinker: :narr:

3. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass die ganz kleinen konkaven kratzer oft nicht / oder nur wenig retuschiert sind, da sie ja, wie du erwähnst, zwischen Daumen und Zeigefinger-(seite) gehalten werden können, ohne sich zu schneiden.
Wenn jedoch die Abschläge grösser sind, kommen die scharfen Kanten mit anderen Teilen der Hand in Berührung, und daher gibt eine Finger- /Handschutzretuschierung viel mehr Sinn.
Diese Retuschierungen weissen oft keinerlei Gebrauchsmerkmale auf.
Wenn aber der Benutzer auch einen konvexen Schaber grade braucht, ja da funktionierte die Fingerschutzretusche ja ausgezeichnet als Schaber, und da sind wir dann wieder bei 1) zurück, und er hat ein Doppelfunktions-Gerät geschaffen.

:winke:

Offa

Agersoe hat es ja schon super erklärt  :super:
Heute habe ich  einen Kombi-Bohrer aufgelesen,den man dank seiner Fingerschutzretusche auch prima als Schaber verwenden konnte.

bernolef

Wunderbar! Der eine schreibt den erklärenden Text, der andere macht gleich den dazu passenden Fund und zeigt das Bild. Das nenne ich anschaulichen Unterricht. Dank Euch beiden.