Klopfsteine und Beilbruchstück

Begonnen von rolfpeter, 09. Februar 2007, 17:06:46

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rolfpeter

Servus Freunde.

Von der gleichen Fundstelle wie die Dechselklinge noch 3 Artefakte aus Rijckholt-Feuerstein:
ein Bruchstück einer geschliffenen Beilklinge aus hellem, zoniertem Rijckholt-Flint
und zwei Klopfsteine aus Kernsteinresten, hiermit sind wohl die Mahlsteine geschärft worden.

Ich hoffe und glaube, der Acker macht mir noch viel Freude.








Hier noch ein Bild , das zeigt, wie intensiv die Klopper in gebrauch waren. Feuerstein, Mohshärte irgendwas zwischen 7 und 7.5 aber die Grate der Klingennegative sind doch ausgesprochen abgegriffen und verrundet. die Teile haben schon was mitgemacht!




Beste Grüße
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Silex

Eindeutig...so wie bei mir die Dinger... bloß Deine sind  aus einem etwas anderen Material.... und sind riesig. Da kann man sich gut vorstellen dass Beile und Dechsel  in Grobform gepickt wurden und Mahlsteine zugerichtet.
Aber was haben die Endpaläolithiker mit den taubeneigroßen Restkernen gemacht die genau diese Klopfspuren aufweisen.??? Das frag ich mich immer noch.
Und Dir RP noch viele Entdeckungen

Edi
Die Hoffnung trübt das Urteil, aber sie stärkt die Ausdauer.

Der Wikinger

#2
Zitat von: Silex in 09. Februar 2007, 21:28:12

Aber was haben die Endpaläolithiker mit den taubeneigroßen Restkernen gemacht die genau diese Klopfspuren aufweisen.??? Das frag ich mich immer noch.


Grobzurichtung der Kanten von kleinen, dünnen geräten aus Knochen ?!
Wo man die Seite des kleinen, flachen (!) Knochen kurz über die Kante eines darunterliegenden Ambossblocks aus Stein legt. Nicht der Knochen, sondern der unterliegende Stein erzeugt die Quetschungen des Flintkerns, wenn dieser nach dem Abspittern eines winzigen Stück Knochens, Millisekunden danach auch noch die Kante / Seite des Steines trifft. Dieser "Kleinprozess" wiederholt sich vielleicht 100 Mal, ehe der Knochen zugerichtet worden ist. Habe mal damit experimentiert.
Reine Theorie, aber könnte so sein.  :belehr:

Vielleicht auch Herstellung von tiefgehenden Kerben in Flintklingen / -abschlägen, die überbrochen werden mussten. Wie es bei der Mikrolithentechnik bekannt ist.
Wenn da keine Retuschierung, sondern ein bewusstes Überbrechen eines Flintstücks das Ziel war, war diese Methode effektiv. Ich benutze selbst ab und zu so einen kleinen Kern (oder die kante einer retuschierten Scheibe) aus Flint, um schnell ein Bruch zu erzeugen.  (- dies alles obwohl man ja sagt, man darf NIE Flint gegen Flint schlagen, stimmt auch als Hauptregel, nur in dieser speziellen Situation nicht.)
Wenn die Klinge von beiden Seiten genug geschwächt worden ist, kann sie mit einem leichten Knick zerbrochen werden.

:winke:




rolfpeter

Danke Jungs!

Bei uns hier ist alles was mehr fürs Grobe!
Das Beilfragment hat übrigens auch Pickspuren.


Gruß
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert

Offa

Hi,
Ich habe gerade ein Artikel über Mahlsteine gelesen,und darin wird geschrieben,das man sich die sog. Bicksteine zum aufrauhen der Mahlsteine meist aus dem natürlich anstehenden Gestein besorgte.Außerdem sollten sie :"handlich und ausreichend fest im Gefüge sein.Arbeitskanten oder -ecken besitzen,jedoch nicht zu leicht splittern"
Bei uns im Norden benutzte man wohl eher Bicksteine aus Gneis,obwohl es hier ja Flint in Massen gibt.Ich frage mich,ob Flint wohl das Material der Wahl für Bicksteine in deiner Region war?
War mal sonn Gedanke.
Bin mal gespannt was Dir dieser Platz noch so alles bringt.
Gut Fund
:winke: Offa

wühlmaus

Hi

RPs Klopfer hat in der Gegend in der Tat einige sehr nahe Verwandte. Hier mal einer von mir: http://www.sucherforum.de/index.php/topic,9603.0.html   :winke:
Fast stereotyp in der Machart!
Die sekundäre Benutzung von Beilbruchstücken als Klopfsteine ist auch oft vorgekommen.

Kniffelig finde ich die Frage nach den Geröllen aus Nicht-Flint... In meiner Fundgegend ist die Oberfläche voll von Flussgeschieben (Rhein). Größere Gerölle sind da also oft zu beobachten, werden aber beim Suchen deshalb auch automatisch weniger beachtet ...

ciao
Gerd

Offa

Moin Gerd,
In der Tat gleichen sich eure Stücke. Beilbruchstücke und Kernsteine die als Klopfer gedient haben,gibt es bei uns auch,und sogar gerauhte Flintkugeln.Wobei diese wohl anderen Zwecken dienten,als zum Mahlsteine schärfen ? Ich denke da eher an Mergelgut zerkleinern,oder vielleicht zum Nüsse knacken,Baumrinde zerstoßen u.ä
In dem Artikel(Archäologische Nachrichten aus S-H,Mitteilung der Archäologischen Gesellschaft S-H,Heft 7) steht,das in der Eifelregion eher Schlagsteine und Kugeln aus Hartbasalt zum überarbeiten von Mahlsteinen und Steinhämmern benutzt wurden.
Was mich an RP Ex-Kernen stutzig macht,das sie so stark abgegriffen sind,das nicht mal mehr die Wallnerlinien zu erkennen sind,was wohl auf eine sehr lange Nutzungsdauer hindeutet.Mir scheint es sehr fraglich,das diese Flintkugeln wirklich zum Mahlstein schärfen benutzt wurden.
Aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren. :belehr:

:winke:Offa

Khamsin

Salaam!

Alt- und mittelneolithische Klopfer sind Belege für ein ausgesprochen rationales, rohmaterialökonomisches Verhalten zu dieser Zeit. Heute würde man das Neudeutsch als "recyclen" bezeichnen. Zu diesem Thema gibt´s übrigens einen wunderbaren Artikel von H. Paulsen.
Warum man Klingenkerne, von denen jederzeit noch etliche Klingen hätten gewonnen werden können,  dafür genommen hat? Nun, die Minimallänge von LBK-Klingen, mit denen man noch etwas anfangen konnte, lag im Schnitt bei 7,5 cm.  Alles drunter war nicht mehr interessant. Aber warum in die Bachauen und harte Quarzitgerölle suchen, wenn mit den Restkernen in jeder Beziehung exzellente potentielle Klopfer vorhanden waren? Gesagt, getan. So lassen sich in jeder grossen, z.B. rheinischen Privatsammlung ganze Entwicklungsreihen aufzeigen von nur leicht am Kernfuss zerrütteten über beidendig deutlich zerrüttete bis hin zu kugelrunden Exemplaren. Diese sog. Klopfkugeln stellen also keine Spezialgeräteform dar, sondern lediglich das Ende einer Abnutzungsreihe.

Verrundungen von Längsgraten zwischen Klingennegativen sind nicht selten. Dazu gesellen sich mediale Glanzpartien. Aus - soweit ich mich erinnern kann - belgischen LBK-Siedlungen liegen Gebrauchsspurenanalysen an Klopern vor, die solche Spuren als Schäftungsspuren eindeutig identifizieren konnten. Macht natürlich Sinn, man denke analog nur an die geschäfteten Hämmer der Pflasterstein-Schläger. Niemand pickt die abgenutzte Oberfläche eines LBK-Unterliegers unter Verwendung eines in freier Hand geführten Klopfers. Bzw. das macht man nur einmal! Dann wirft man sein Handgelenk erstmal weg.

@Offa:  "...in der Eifelregion eher Schlagsteine und Kugeln aus Hartbasalt...". Abgesehen davon, dass ich mich jedesmal, wenn ich diese Arbeit in Händen halte, frage, ob es demzufolge auch "Weichbasalt" gibt, ist "Eifelregion" (im zitierten Artikel steht "Eifel") dazu angetan, die Information auf die gesamte Eifel zu übertragen. Tatsächlich handelt es sich aber lediglich um die sog. Vulkaneifel am Mittelrhein, und es geht um die vorrömisch-metallzeitlichen Abbaue von Basaltlava.

Im gesamten Neolithikum der Rheinischen Lössbörden - und hier finden wir uns wieder im Arbeitsgebiet von RP und anderen Sammlern - bestehen die Klopfer im Alt- und Mittelneolithikum in aller Regel aus Flint, wobei es auch solche aus harten, zähen Flussgeröllen fallweise gibt. Im Jungneolithikum sieht es insofern etwas anders aus, da dort Grossklingen dominieren. Die wurden jedoch in den sog. ateliers von Rijckholt-St. Geertruid hergestellt und exportiert, während die Restkerne vor Ort verblieben. So wundert es nicht, dass auf Fundplätzen dieser Zeitstellung die klassischen Klopfer aus Flint seltener vertreten sind. Und wenn sie sich trotzdem finden, ist zu fragen, ob sie nicht einer früheren LBK- oder mittelneol. Besiedlung angehören. 

Beste Grüsse KIS
"For an impossible situation - choose a crazy remedy!"

Offa

Gu.Mo Gemeinde,
das die guten Stücke geschäftet waren hätte ich nicht gedacht,ich bin eher davon ausgegangen,das die verrundeten Abschlagnegative ausschließlich durch Handabrieb entstanden sind.Wobei ich mich jetzt schon wieder frage,"wie schäftet man solch ein Ei ?"

Der Artikel aus dem ich zitiert habe,behandelt zwar die vörrömische Eisenzeit,aber mir schien es durchaus plausibel,zu denken,das in der Region schon in der Steinzeit der natürlich anstehende Basalt oder auch Flussgeröll  eher Verwendung fand.,als den vielleicht teuer eingehandelten oder importierten  Rijckholt-Silex.

J. Hoika (Offa Band 61) spricht die gerauhten Flintkugeln aus Dänemark und Nordostholstein als Schlagsteine an,mit denen "vielleicht"
Felsgesteingeräte gepickt und gerauht wurden.

:winke: Offa

rolfpeter

Servus Freunde,

Schäftung von Klopfern, sehr interessanter Aspekt! Bei Geräten mit Verrundungen an den Negativen könnte ich mir das durchaus vorstellen. Der auf dem Foto rechte Stein hat außer an den Stirnflächen auch kaum Pickspuren. Der linke ist allerdings ist für eine Schäftung weniger geeignet.
Allerdings glaube ich, daß der Großteil der Klopfer doch ungeschäftet verwendet wurde.
Und wie wurde geschäftet? In meiner bescheidenen Kloppersammlung ist kein einziger, der eine Kerbrille o.ä. vorweist. Aber die fast alle haben intensive Pickspuren an 2 gegenüberliegenden Enden, was ja gegen eine "geschlossene" Schäftung spricht. Das Werkzeug ab und an auszuschäften und umzudrehen, dafür spricht eigentlich nichts.

Danke noch für die rege Diskussion
Gruß
RP
Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert