Klingenkratzerstandardlänge

Begonnen von thovalo, 24. Januar 2016, 15:17:39

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thovalo


Klingenkratzer aus Klingengrundformen ohne Lateralretusche um die 7 cm Länge aus westlichen Feuerstein scheinen zumindest ab der Zeit des Jungneolithikums eine Standardgröße gewesen zu sein. Sie scheinen zumindest im an Rohsilexvorkommen extrem armen Niederrhein ein Standardformat zu repräsentieren. (LBK ist auf dem Gelände nicht repräsentiert. Die Siedlungsfolge setzt im fortgeschrittenen mittleren Neolithikum ein und setzt sich über die früheste Bronzezeit ungebrochen fort.)

Das mag wohl mit darin liegen, dass die Produktion deutlich größerer Klingen einmal großformatiges und qualitativ hochwertiges Ausgangsmaterial benötigt, dass in Bezug auf den Niederrhein erst wieder in den östlichen Niederlanden zu finden gewesen ist und dass zur Herstellung größerer Klingen auch mehr an spezifisch technologisch-praktischer Erfahrung notwendig gewesen war.


Der Reihe nach von Oben nach Unten:  

7.8 cm
7.6 cm
7.3 cm
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Steinereihe

Hallo Thomas,

Danke, da zeigst du schöne Klingenkratzer. Auch in den Östlichen Niederlanden findet man Klingen in alle Größenklassen von etwa 2 bis 20 cm.
Man konnte deswegen prinzipiell auch einfach Klingenkratzer in alle diese Größen produzieren...

Damit ist die Frage noch immer warum 7 bis 8 cm funktionell zu preferieren war. "Liegt gut in der Hand?"

Handgröße hatte aber auch damals eine Mittelwert und eine gewisse Variation. Wäre es denn nicht logischer das Klingenkratzer einfach diese Verteilung der Handgrößen folgen würde? Damit würde ich erwarten das es vielleicht viele von 7 bis 8 cm geben würde, aber auch einige von 6 bis 7 und einige von 8 bis 9 cm....

Kuck mal im Baumarkt, da findet man alle Geräte in verschiedene Größen. Ich kann mich nicht vorstellen das nur 'standardisierte Leute' mit 'standardisierte Hände' mit 'standardisierte Werkzeugen' gearbeitet haben. Aber wenn du 20 oder 30 gefunden hast von 7,0 bis 7,9 cm ohne das eine dabei war die größer oder kleiner war, dann schicke bitte mal 'ne PM, komme ich mit Torte nach Wunsch vorbei.

LG, S.

Steinsucher

Zitat von: Steinereihe in 25. Januar 2016, 19:22:14
1. Auch in den Östlichen Niederlanden ...

2. Damit ist die Frage noch immer warum 7 bis 8 cm funktionell zu preferieren war. "Liegt gut in der Hand?"

Hallo Forum, hallo Thomas, hallo S.

Interessantes Teil. Die Maße habe ich hier auch in Teveren so gefunden, in nächster Umgebung zu der Rijckolt Dechselklinge und ihrer Zeit.
Ist ja auch nicht so weit entfernt von den östlichen Niederlanden, oder vielleicht kein Unterschied?

Und warum gerade diese Maße? Bestimmt nicht wegen der Lage in der Hand. Wir kennen ja in den allermeisten Fällen die Funktion gar nicht. Aber die war sicher ein Faktor und dann gab es ja auch noch Traditionen - eben Erfahrungen die überliefert wurden, inklusive das einarbeiten in Griffe oder Schafte. Daran können wir heute Kulturen unterscheiden.

Als ich meine ersten "Funde" einem der besten "Kenner" zeigte, hat er mich auch gleich in einer Hinsicht geprägt (und das mit Überzeugung) - JA es gibt "Handschmeichler". Aber wenn etwas gut in der Hand liegt ist es gut für die Hand, erklärt aber keine Funktion als Werkzeug.

:friede:

Nur so meine Meinung, Fritz.






thovalo


Das man die Länge eines Klingenkratzers überhaupt ermitteln kann ist von der vollständige Erhaltung des Werkstücks abhängig.
Auf dem Fundgelände haben sich überdurchschnittlich viele vollständige Gerätschaften erhalten.


Wenn man sich die Publikation von Lutz Fiedler von 1979 zu den Funden aus dem Rheinland, zu der es immer noch keine Alternative gibt, ansieht relativiert er zwar die Längenvarianten je Kulturepoche, doch wird z.B. für die Bandkeramik die Klingengrundform in diesem Format
als Lieferant von Teilstücken für die Herstellung vieler weiterer Artefakttypen (Sicheleinsätze, Pfeilspitze, Bohrer usw.) deutlich.


Sicher gingen die kleineren Stücke aufgrund des dünnen Durchschnitts ebenso schnell zu Bruch wie die überlangen und im Durchschnitt kräftigeren insgesamt aber auch in Fragmenten deutlich seltener anzutreffenden Exemplare.


lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.