Ein Abschlag mit Gebrauchsmerkmalen aus Silex vom Rijckholttyp (NL)

Begonnen von thovalo, 29. März 2016, 15:14:56

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thovalo


    :-)


Der Abschlag besteht aus Lanayefeuerstein vom Rijckholttyp. Die gewonnene Grundform ist im proportionalen Vergleich zu ihrer Länge und Breite deutlich gewölbt, was auf einen von einer abgebauten Beilklingen gewonnenen Abschlag hindeuten kann.

Auf derselben Höhenkante im Gelände liegt in etwa 80 Metern Entfernung auch der fundreichste Platz sekundär abgebauter Beilklingen auf dem Gesamtfundgelände, sodass eine entsprechende Entstehung des Abschlags denkbar ist.

An diesem Abschlag ist die in einem gleichmäßig geformten Winkel zulaufende und durch feine Gebrauchsretusche überprägte erhaltene spitz ausgeprägte Lateralpartie auffallend. Die Gegenseite ist rezent abgebrochen.

Mit diesem Abschlag ist wohl ziehend/schneidend/fein abschabend gearbeitet worden. Es kann sich um die Bearbeitung von Holz, Knochen, Leder oder Häuten gehandelt haben. Eher waren das feinere Arbeiten denn die Lateralverläufe sind teils fein gezähnt gebrauchsretuschiert und immer noch scharfkantig.


Auf dem Platz fanden sich u.a. die sekundär als Schlagstein verwendete mit einem erhaltenen Teil des Bohrlochs überlieferte Schneidenpartie eines Keils aus Aktinolith-Hornblendeschiefer,  Belege von Pfeilspitzen mit Flügelenden und Schäftungsdorn, mittelgroßformatige Abschlaggeräte aus Lanayefeuerstein vom Rijckholttyp, eine große vollständig erhaltene Spitzklinge aus Rijckholtfeuerstein, Silexbeilklingenfragmente, eine während der Bohrung gebrochene Armschutzplatte, ein spätneolithisches kleines zu einer Schneide hin angeschliffenes  Schieferstück und Fragmente spät- bis endneolithischer, extrem hart oxydierend gebrannter, Flachbodenkeramik. In der Gesamtübersicht handelt es sich um ein überwiegend spät- bis endneolithisches Fundinventar, wozu auch ein derart mit Gebrauchsmerkmalen versehener Silexabschlag passt. In dieser Zeit steht eine formende laterale oder flächige Retuschierung nicht mehr im Vordergrund. Die kam im Rheinland meist nur noch bei "dolch- oder messerartig" in Kompositschäftungen verwendeten großen Silexklingen, Pfeilspitzen und Feuerschlagsteinen zur Anwendung.


die vollständig erhaltene Länge: 4.6 cm


FO: rechter Niederrhein (NRW)


lG Thomas   :winke:


Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

thovalo


Auf dem Fundgelände finden sich immer wieder vollkommen verbrannte Silexartefakte. Hier ein in der Oberfläche weitgehend zerbröselter Abschlagkratzer mit einer Restlänge von 5.4 cm und ein kleinerer Abschlag, beide aus eingetauschten Maasfeuerstein.
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.

Danske

Hallo Thomas,

sehr schön präsentiert und beschrieben. Da kann man noch was lernen. :Danke2:

Du hast einen durch die Gesamtfunde klar in die Endzeit des Neolithikums datierten Fundplatz, Glückwunsch.

Danke für's Zeigen. Stellst du auch noch die anderen Funde oder einen Teil davon ein?

LG
Holger

Et nunc reges intelligite, erudimini, qui judicatis terram.

thovalo



Aktuell wird in Köln und Bonn versucht über das Fundgelände das Spätneolithikum im Rheinland näher zu fassen und zu beschreiben.
Mittendrin liegen auch Fundpunkte der Michelsberger Kultur, sowie einmal Bischheim und Rössen.

lG Thomas  :winke:
Darin besteht der Fortschritt der Welt, daß jede ältere Generation von der Jugend behauptet, sie tauge nichts mehr.